Zusammenfassung
BROUWERs Auffassung der Mathematik ist mit seiner Weltauffassung eng verbunden. Für ihn ist jedes Denken, nicht nur das wissenschaftliche, mit mathematischen Elementen durchsetzt. Wir Menschen greifen aus dem Fluß der Empfindungen Einzeltatsachen heraus; wir erkennen Folgen von Ereignissen, die sich regelmäßig wiederholen. Die Entdeckung solcher „kausalen Folgen“ erlaubt uns, schon bei einem früheren Glied unser Handeln den folgenden Gliedern anzupassen; sie ist dadurch eine scharfe Waffe in dem Kampf um das Dasein. Die Bildung von kausalen Folgen geschieht in aktiver Tätigkeit des Intellekts; sie entspricht der Bildung von Anfangssegmenten der Zahlenreihe in der Mathematik. Wahrend in dem alltäglichen Gebrauch dieser Fahigkeit die mathematischen Begriffe nicht anders als in engster Verbindung mit bestimmten Empfindungskomplexen auftreten, kann die Fahigkeit, mathematische Systeme ohne direkte Beziehung zur Wirklichkeit zu bilden, systematisch geübt werden. In der reinen Mathematik werden derartige abstrakte mathematische Systeme gebildet, deren sich nachher die Wissenschaften, vor allem die Naturwissenschaften, in der Weise bedienen, daß sie ein solches System aussuchen oder unter Verwendung der vorliegenden Systeme selbst aufbauen, in welches sich moglichst viele wirklich auftretende kausale Folgen hineinfiigen lassen. In der Entwicklung der Wissenschaft wird der Teil des zugrunde gelegten mathematischen Systems, der wirklich beobachtbaren Tatsachen entspricht, immer kleiner; in den modernen Theorien dient weitaus der größere Teil zur Vereinheitlichung und zum Erreichen besserer Über sichtlichkeit der Theorie.
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© 1934 Julius Springer in Berlin
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Heyting, A. (1934). Intuitionistische Mathematik und Erfahrung. In: Mathematische Grundlagenforschung Intuitionismus Beweistheorie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-65617-0_15
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