Zusammenfassung
Was tun Therapeuten, wenn sie tun, was sie tun? Können sie sehen, was sie nicht sehen? Wie können sie bewirken, was sie nicht bewirken können? Daß seriöse Therapie die paradoxe Arbeit an den konstituierenden Paradoxien psychischer und sozialer System meint, ist nicht erst eine neuere Erkenntnis. Aber erst neuere systemisch orientierte Theorieentwicklungen scheinen zu erlauben, therapeutische Intervention in autonome Systeme als Strategien der Entparadoxierung oder Renormalisierung zu begreifen, die genau dann erfolgreich sein können, wenn sie die Autonomie des zu therapierenden Systems respektieren und stärken. Die Geschichte korrigierender Interventionen in der Psychotherapie ähnelt derjenigen in Pädagogik, Medizin, Kriminologie oder Entwicklungspolitik: seit Prokrustes wenig Neues. Auch systemtheoretisches Denken hat zunächst mit der Überbetonung von Umweltanpassung diese Voreingenommenheit für „außengeleitete“ Korrektur gestützt. Erst die allmähliche Einsicht in die Besonderheiten der Funktions- und Operationsweise komplexer, selbstreferentieller Systeme ermöglicht es, die Problematik therapeutischer Intervention in einen geeigneteren Bezugsrahmen zu bringen — in denjenigen der Bedingungen der Möglichkeit einer kontrollierten Änderung autonomer Systeme.
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Willke, H. (1997). Systemtheoretische Grundlagen des therapeutischen Eingriffs in autonome Systeme. In: Brunner, E.J., Reiter, L., Reiter-Theil, S. (eds) Von der Familientherapie zur systemischen Perspektive. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-60755-4_4
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