Zusammenfassung
Erich Gutenberg’s Produktionsmodell unterscheidet sich vom klassischen Ansatz inputorientierter Produktionsfunktionen dadurch, daB sowohl Faktoreinsatz wie Ausbringung als Resultate von Entscheidungen tiber die Anlagennutzung angesehen werden. AuBerdem hangt das Ergebnis dieser Entscheidungen vom Zustand der genutzten Anlagen abo Dieser Ansatz kann auf natürliche Weise dynamisiert werden, indem man dem System von Gutenberg ein Gesetz hinzufügt, das die Dynamik des Anlagenzustands abbildet. Der vorliegende Beitrag skizziert drei Anwendungsbeispiele des so erweiterten Produktionsmodells von Gutenberg: eine Anwendung auf mechanische Fertigungsprozesse, eine auf Instandhaltung und Ersatz von Fahrzeugen und eine auf die Betankung von FlugzeugenDas von Erich Gutenberg entwickelte betriebswirtschaftliche Produktionsmodell gibt Auskunft darüber, wie ein Unternehmen seine Produktion im Rahmen der betrieblichen Gegebenheiten optimal an schwankende Nachfragemengen anpassen sollte. Wird die Möglichkeit der zeitlichen Anpassung bei stückkostenminimaler Intensitat durch die Personalkapazitat limitiert, bestimmt sich der optimale Anpassungspfad durch den Umfang der Personalkapazität und die Kosten des Uberstundeneinsatzes. Da in der Regel vor dem Bekanntwerden der Nachfrage über den Umfang der Personalkapazitat entschieden werden muß bestimmt sich der Umfang der optimalen Personalkapazitat durch den trade-off zwischen den versunkenen Kosten bei Uberdimensionierung und den Opportunitatskosten einer zu knapp bemessenen Personalkapazitat. Entscheidende Bedeutung hat dabei der Uberstundenzuschlag. Je hOher dieser ausfallt, desto günstiger ist es, die vorgehaltene Personalkapazitat zu erhOhen. Dieser Effekt wird jedoch fill geringe Zuschlagssatze durch ein Absinken der erwarteten Uberstundennachfrage überlagert, so daB die erwartete Gesamtarbeitsnachfrage des Unternehmens zunachst mit dem Uberstundensatz fallt, dann aber wieder ansteigt. Hieraus ergeben sich Mi:iglichkeiten fill die Gestaltung flexibler Arbeitszeitregelungen, die fUr Arbeitnehmer und Unternehmen vorteilhaft sein ki:innen. Unter Sicherheit erweist sich die Beschüftigung als wichtige KosteneinfluJ3groBe, selbst wenn die produktionswirtschaftlichen SteuergroBen berücksichtigt werden. Bei unsicherer Produktion Hillt sich aber in diesem Fall eine traditionelle Produktionsfunktion nicht mehr ohne weiteres formulieren, so daB die Basis fUr die direkte Zuordnung von In- und Outputmengen fehlt. Zudem erscheint es bei Nachfrageunsicherheit sinnvoll, adaptive Systeme der Produktionsp1anung zu nutzen, in denen die SteuergroBen die Entscheidungsvariab1en (und damit die KosteneinfluJ3groBen) sind, wahrend sich die Herstellmengen aus dem Zusammenspie1 von SteuergroBen und auftretender Nachfrage ergeben. Ftir eine entscheidungsorientierte Kostenrechnung verliert daher die Beschaftigung unter Unsicherheit ihre Rolle a1s dominierende KosteneinfluJ3groBe. Zusammenhange zwischen netzplangestützter optimaler Gestaltung der Produktionsvorgange von GroBprojekten und aktivitatsanalytischen Betrachtungen dieser Leistungserzeugung werden am Beispiel der Studienbrieferstellung dargelegt. Mit Hilfe dynamischer Aktivitatsanalyse werden Netzplane um Effizienzüberprüfungen hinsichtlich des Ressourceneinsatzes erganzt, um sie in ihrer Leistungs- und Dispositionsqualitat vergleichen zu konnen. Der Beitrag führt in die prozeBorientierte Produktionstheorie ein. Hierl’ür wird eine weite Fassung des Gegenstandsbereichs der Produktion zugrunde gelegt: Gegenstand der Produktion sind Prozesse, die sich im Betrieb vollziehen und die einem Effizienzprinzip unterworfen sind. Aus dieser weiten Fassung folgt, daB insbesondere auch Transaktionen, die auBerhalb der eigentlichen Fertigung geschehen, berucksichtigt werden. Zugleich werden subjektive Praferenzen mit einbezogen. Dies ist in der Literatur bereits anlülelich der Erweiterung der Aktivitatsanalyse durch die explizite Aufnahme von Abflillen vorgenommen worden. Zentrale Begriffe der prozeBorientierten Produktionstheorie sind der Zustand, in dem die subjektive Beschreibung einer Faktoreinsatzmenge, eines Outputvektors oder auch eines Lagers zusammengefaBt ist, der ProzeB, der zwischen verscbiedenen Zustanden vermittelt, sowie das Interesse, das effiziente Transaktionen markiert. Der bier zugrunde gelegte Effizienzbegriff verallgemeinert den klassischen Effizienzbegriff der Aktivitatsanalyse.
Trotz des gemeinsamen Objektbereichs erfolgt die Entwicklung von praxisorientierten Systemen zur Produktionsplanung und -steuerung (PPS-Systeme) weitgehend ohne Bezug zu der Gutenberg’schen Produktionstheorie. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, bei welchen Teilbereichen der Produktionsplanung und -steuerung sich ein impliziter EinfluB Gutenbergs dennoch nachweisen laBt. Er arbeitet weiter heraus, daB sich durch die von Gutenberg betonte Integration von strategischen Aspekten des Produktionsmanagements sowie eine starkere Berücksichtigung von Interdependenzen zwischen den verschiedenen Teilbereichen die suboptimale Arbeitsweise der PPS-Systeme erheblich verbessern lieBe. Erich Gutenbergs Darstellungen fiber die Produktion haben eine besonders groBe Verbreitung gefunden und beeinflussen die Betriebswirtschaftslehre bis heute stark. In diesem Zusammenhang sind Fragen interessant, auf welche Lernziele die Lehre dieser Theorie ausgerichtet ist und wie lehrorientierte Anwendungen gestaltet werden. 1m AnschluB an die kurze Vorstellung einer Planspielversion mit einem Produktionssystem mit substitutionalen Werkstoffen wird eine zweite Untemehmenssimulation angesprochen, die Fertigungsaggregate mit Leistungsschaltungen in mehrstufigem Verbund enthült. Diese Planspiele ermoglichen den Teilnehmem eine Steigerung der Handlungskompetenz bei der Steuerung von Produktionssystemen.
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Luhmer, V.A. (1999). Produktion. In: Albach, H., Eymann, E., Luhmer, A., Steven, M. (eds) Die Theorie der Unternehmung in Forschung und Praxis. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-60067-8_5
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