Zusammenfassung
Die mit der ökonomischen Globalisierung einhergehende Liberalisierung von Märkten und Transaktionen wird theoretisch mit den Prinzipien des Freihandels legitimiert (s. hierzu das Kapitel Handel und Umwelt). Liberaler Welthandel wird dabei als Voraussetzung für positive Wachstumseffekte angeführt. Es wurde bereits angesprochen, daß — theoretisch gesehen — dieser Zusammenhang keineswegs universell gültig sein muß. Mit Blick auf den weltweiten Handel mit Waren und Dienstleistungen darf ein solcher Zusammenhang sogar als gewagt bezeichnet werden. Drache (1996: 38) etwa kommt in einer Strukturanalyse des Welthandels zu dem Ergebnis, daß heute nur etwa 25 Prozent des Welthandels im eigentlichen Sinne als frei bezeichnet werden kann. Empirische Untersuchungen der OECD (1993) haben gezeigt, daß etwa 25 Prozent des Welthandels Intra-Unternehmens-Handel, also Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen jeweils verbundenen Unternehmen bzw. Betrieben darstellt. Weitere 25 Prozent stellen präferentiellen Handel dar, der im Rahmen von Handelsblöcken auf der Grundlage spezifischer politischer Vereinbarungen und Regelungen verläuft. Und 25 Prozent des Welthandels erfolgt danach in Gestalt von barter-Operationen, also von geldlosen Operationen, denen spezifische Aushandlungen von Wertrelationen unterliegen. Solche Zahlenangaben mögen wenig präzise sein. Sie deuten aber drauf hin, daß die Welthandels- und damit auch die Weltarbeitsstrukturen keineswegs dominant von den Regeln und der Logik des internationalen Freihandels gesteuert werden. Eine wesentliche Rolle spielen offensichtlich auch einzelwirtschaftliche (Intra-Unternehmens-Handel) und wirtschaftspolitische (präferentieller Handel) Kalküle. Diese Einsicht hat weitreichende wirtschaftspolitische Konsequenzen. Wenn es um Antworten auf adäquate Anpassungen nationaler Räume an die Bedingungen der globalen Ökonomie geht, kann nicht länger auf die Rezepte der traditionellen Außenwirtschaftstheorien zurückgegriffen werden. Empfehlungen, die aus komparativen Kostenvorteilstheorien (Ricardo-Theorem) oder Erstausstattung-stheorien (Heckscher-Ohlin-Theorem) abgeleitet werden, laufen angesichts solcher empirischer Befunde ins Leere bzw. ins wettbewerbsfähigkeitspolitische Abseits. Unter dem Gesichtspunkt einer Nachhaltigkeitspolitik ist dieser empiri-sehe Befund von enormer Bedeutung. Zum einen wird offensichtlich, daß es prinzipiell politische Spielräume zur Gestaltung der internationalen Waren- und Dienstleistungsströme gibt. Zum anderen liegt auf der Hand, daß ein Projekt von Nachhaltigkeitspolitik nicht etwa das Regime von Freihandel einschränken, sondern sich mit der Umgestaltung von Handelsregeln beschäftigen muß.
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Petschow, U., Hübner, K., Dröge, S., Meyerhoff, J. (1998). Die Ebenen der Handlungsmöglichkeiten. In: Nachhaltigkeit und Globalisierung. Konzept Nachhaltigkeit. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-58757-3_13
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