Zusammenfassung
Die moderne Diskussion über theoretische Basis und Effektivität der Stabilisierungspolitik hat einen Aspekt nahezu völlig ausgeklammert, der für die Begründung stabilisierungspolitischer Aktivitäten geradezu konstitutiv ist, nämlich die Rolle der Unsicherheit. In bezug auf diesen Aspekt war man früher weiter, zumindest in dem Sinn, daß man die Bedeutung der Unsicherheit mitdachte, auch wenn man nicht immer in der Lage war, sie adäquat zu behandeln. Bei Keynes ist die Rolle der Unsicherheit und der langfristigen Erwartungen umstritten; denn man wird davon ausgehen können, daß er die langfristigen Erwartungen zumeist als konstant annimmt (konstante Konsum- und Investitionsneigung — sei es auch bloß als didaktisches Hilfsmittel), daß exogene Einflüsse jedoch das Niveau der Erwartungen und damit der Konsum- und Investitionsneigung sehr erheblich ändern können (Kregel 1976, 212). Dieses Konzept wurde von der Neoklassischen Synthese und damit auch von der traditionellen Theorie der Wirtschaftspolitik implizit übernommen: Das System kann offenbar relativ leicht nahe dem Vollbeschäftigungsniveau gehalten werden, wenn Abweichungen rasch korrigiert werden, sodaß keine kumulativen Prozesse entstehen; solche Prozesse wollte man offenbar deswegen mit allen Mitteln verhindern, weil man als Folge von erheblichen Fehlentwicklungen Erwartungsänderungen und damit schwer korrigierbare kumulative Prozesse befürchtete; die damals überwiegend verwendeten Konzepte der adaptiven und der extrapolativen Erwartungen beinhalten solche Entwicklungsmöglichkeiten.
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Tichy, G. (1999). Die vernachlässigte Rolle der Unsicherheit. In: Konjunkturpolitik. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-58485-5_16
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