Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden wir einen neuen mathematischen Begriff kennenlernen, der eine gewisse Verwandtschaft zu Differentialgleichungen aufweist, die sogenannte Differenzengleichung. Dieser Begriff, der auf den ersten Blick wie eine fast nutzlose mathematische Spielerei wirkt, wird sich als ein effizientes Werkzeug zum Erlernen der zentralen Elemente der nichtlinearen Dynamik erweisen. Anhand eines einfachen Gedankenexperiments läßt sich die Idee hinter Differenzengleichungen illustrieren: Im Rahmen einer jährlichen Obsternte wird die Menge der geernteten Früchte bestimmt. Man erhält also eine Zeitreihe mit jährlichen Meßpunkten. In diesem Fall stellt der zeitliche Abstand tatsächlich keine Sampling-Rate dar (vgl. Kapitel 1.1), sondern ist nur Ausdruck der Tatsache, daß dieses System keine häufigere Messung erlaubt.
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Literatur
Auf eine in Lehrbüchern zu diesem Thema gebräuchliche Konvention soll noch hingewiesen werden: Im allgemeinen bezeichnet Nt eher echte Meßgrößen, während man für dimensionslose oder normierte Größen xt als dynamische Variable verwendet. Wir werden diesem Gebrauch hier weitestgehend folgen.
Einzig bei chaotischen Differenzengleichungen treten aufgrund der endlichen numerischen Genauigkeit signifikant unterschiedliche Zeitentwicklungen bei scheinbar gleichen Anfangsbedingungen auf. Dieses Phänomen werden wir später diskutieren.
Der pathologische Fall R = 1 führt darauf, daß jeder Punkt ein Fixpunkt der linearen Differenzengleichung ist. Dieser Fall ist jedoch biologisch irrelevant, da eine kleine Abweichung von R = 1 die unendlich vielen Fixpunkte sofort eliminiert.
An dieser Stelle ist eine Bemerkung zum Sprachgebrauch angebracht. Das dem Zyklus eng verwandte Phänomen bei nichtlinearen Differentialgleichungen bezeichnet man im allgemeinen als Grenzzyklus, während sich bei Differenzengleichungen der Begriff Zyklus etabliert hat.
Neben diesem Weg über eine Abfolge von Periodenverdopplungsbifurkationen gibt es noch weitere sogenannte “Routen ins Chaos”, siehe zum Beispiel (Kapitaniak u. Bishop 1999, Ott 1993).
Wie bereits erwähnt ist die Bestimmung des Lyapunov-Exponenten nicht an das Phänomen der Differenzengleichung gebunden. In Kapitel 4 werden wir ein Verfahren kennenlernen, um Lyapunov-Exponenten aus der Zeitreihe selbst, ohne Rückgriff auf die Funktion f, zu bestimmen.
Um die Argumentation zum oszillatorischen Verhalten transparenter zu machen wird in den folgenden drei Gleichungen zwar x (t + △t) durch xt+ 1 ersetzt, auf der rechten Seite der Differenzengleichung jedoch △t beibehalten.
Es ist zum Beispiel ein grundsätzliches Phänomen, daß die Anschauung und auch ein Teil der mathematischen Intuition bei der Betrachtung von nichtlinearen dynamischen Systemen versagt, vgl. dazu (Dörner 1993).
Natürlich würde ein entsprechender Term mit x7 oder x9 denselben Effekt haben. Die grundsätzliche Betrachtung ändert sich dadurch nicht.
So ist in Abb. 2.26(c) zum Beispiel klar zu erkennen, daß die Stabilisierung durch zwei zusätzliche Sattel-Knoten-Bifurkationen erreicht wird.
Dem System aus Gleichung (2.21) ist natürlich ein Fixpunkt an der Stelle (x, y) = (0, 0) eingeschrieben. Daher stellt Gleichung (2.21) nicht das allgemeinste System dar. Jedoch läßt sich jedes lineare System mit einem Fixpunkt (XF,YF) durch eine einfache Variablentransformation x →x–XF und y →y–yF sofort in die Form (2.21) überführen. Der Fixpunkt (XF,YF) wird so auf (0,0) geschoben und das im folgenden beschriebene Klassifikationsschema bleibt anwendbar.
Die Rechenregeln zur Matrixmultiplikation werden in Kapitel 6.1 noch einmal etwas ausführlicher besprochen. Bei Bedarf sei an dieser Stelle ein kurzer Blick auf Abb. 6.12 empfohlen.
Es ist klar, daß Gleichung (2.23) einen Spezialfall von Gleichung (2.21) darstellt, nämlich für b =c = 0 und d =-1.
Die geometrische Anschauung, die hinter dieser Trennung von Abstand und Richtung steht, werden wir im weiteren Verlauf dieses Kapitels und später in Kapitel 4.2 mit der Einführung von Polarkoordinaten vertiefen können. Die Richtung ist dann durch den Winkel z.B. zur x-Achse gegeben.
Eine ausführliche mathematische Begründung findet man unter dem Stichwort “mehrdimensionale Taylorentwicklung” in Lehrbüchern der Analysis (z.B. Forster 1995).
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Hütt, MT. (2001). Grundbegriffe der nichtlinearen Dynamik. In: Datenanalyse in der Biologie. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-56631-8_2
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