Zusammenfassung
Wer Drogen konsumiert oder sonst mit ihnen Umgang hat, ohne zu konsumieren und gleichzeitig Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, läuft in der Bundesrepublik seit etwa 1994 zunehmend Gefahr, die Fahrerlaubnis entzogen zu bekommen, wenn die zuständige Führerscheinbehörde Kenntnis von diesem Umstand erlangt. Auch wenn die Fahrerlaubnis nicht in allen Fällen sofort entzogen wird, geht doch im Regelfall ein sogenanntes Fahreignungsüberprüfungsverfahren dem möglichen Entziehungsverfahren voraus. Im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens auf Grundlage des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und der Fahrerlaubnisverordnung überprüft die Behörde anlassbezogen — also bei Vorliegen bestimmter, die mögliche Herabsetzung der Fahreignung betreffender Verdachtsmomente, hier: Umgang mit Betäubungsmitteln — die physische und psychische Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen durch behördlich angeordnete Maßnahmen wie Drogenscreenings auf Grundlage einer Urin- oder Haarprobe, dem fachärztlichen Gutachten oder der medizinisch-psychologischen Untersuchung. Dienen die Drogenscreenings dazu, einen aktuellen (Blutprobe) oder über einen längeren Zeitraum anhaltenden (Urinprobe und Haargutachten) Betäubungsmittelkonsum beim betreffenden Fahrerlaubnisinhaber nachzuweisen, soll durch das fachärztliche Gutachten und insbesondere durch die medizinischpsychologische Untersuchung, die körperliche und seelisch-geistige Überprüfung der Kraftfahreignung des Probanden sichergestellt werden. Die fachärztliche Untersuchung wird von einem Facharzt für Nervenheilkunde durchgeführt und beschränkt sich im Regelfall auf ein kurzes ärztliches Gespräch, in dessen Verlauf Fragen erörtert werden, die klären sollen, ob ein etwaiger Betäubungsmittelkonsum die rein körperlichen Fähigkeiten, die zum Führen eines Kraftfahrzeuges erforderlich sind, beeinflusst und herabgesetzt haben könnte. Die medizinischpsychologische Untersuchung wird in der Regel von einem Arzt/Ärztin oder einem/einer Psychologen/Psychologin durchgeführt. In ca. 90 % der Fälle werden derartige Untersuchungen vom Technischen Überwachungsverein e. V. (TÜV) Deutschland durchgeführt, dessen einzelne Niederlassungen spezielle Unterabteilungen haben, die ausschließlich derartige medizinisch-psychologische Untersuchungen — im Volksmund auch „Idiotentest“ genannt — durchführen.
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Notes
So grundlegend: Bundesverfassungsgericht in NJW 1993, 2365 = DVB1 (Deutsches Verwaltungsblatt) 1993, 995 (997); BayVGH, Urteil vom 29.6.1999, NJW 2000, 304; zur Problematik vor Inkrafttreten der FeV: BVerwG (Bundesverwaltungsgericht), Beschluss vom 23.8.1996, NJW 1997, 269; hinsichtlich dieses Tatbestandsmerkmals differenzierend und für § 46 FeV i.V.m. § 24 II FeV den Verkehrsbezug fordernd: OVG Bremen, Beschluss vom 8.3.2000, NJW 2000, 2438.
So für weitere: Bayerischer VGH, Urteil vom 12.05.1997, (Az. 11 B 96/2359), DAR (Deutsches Autorecht) 1997, 364; zuletzt in: Bayerischer VGH, Beschluss vom 26.03.1998, (Az. 11 Cs 98.413), NZV 1998, 342-343.
Vgl. Bay VGH, Urteil vom 29.06.1999–11 B 98.1093, NZV 1999, 528.
Nach dieser Auffassung dienen die angeordneten Überprüfungsmaßnahmen lediglich der Vorbereitung einer behördlichen Entscheidung und sind daher kein selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt, da der Regelungscharakter iSv. § 35 VwVfG fehlt, so BVerwGE 34, 250 = NJW 1970, 1989.
Stdg. Rspr., so BVerwGE 11, 274, NJW 1961, 283; OVG (Oberverwaltungsgericht) Bautzen, NZV 1998, 389; VGH Mannheim, Beschluss vom 29.8.1996, VB1BW (Verwaltungsblatt Baden-Württemberg) 1997, 148; OVG Bremen, Beschluss vom 2.4.1998, NJW 2000, 2441.
Zum Umfang der rechtlichen Überprüfung nach § 80 Abs. 5 VwGO: BVerfG 51, 286; BVerwG NJW 1990, 61.
Dass der Besitz von Cannabis in Eigenbedarfsmengen den Konsum indiziert, entspricht als „allgemeine Lebenserfahrung“ stdg. Rspr., so etwa: BVerwG, Beschluss vom 23.8.1996, NJW 1997, 269; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 6.7.1998, VB1BW 1999, 31.
BVerwG, Beschluss vom 30.12.1999, Az. 3 B 150.99 = NZW 2000, 345 und VerwG Freiburg, Beschluss vom 9.3.2000, Az. 4 K 419/00.
Vgl. Kapitel 9 A Absatz 1 der Begutachtungsrichtlinien des gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin des Bundesministeriums für Verkehr und des Bundesministeriums für Gesundheit.
Bayerischer VGH, Urteil vom 12.5.1997, NZV 1997, 413.
Bayerischer VGH, a.a.O.
Bayerischer VGH, Urteil vom 12.05.1997, NZV 1997, 413.
BVerfGE 89, 69 = NJW 1993, 2365.
Gutachten des Instituts für Psychologie der Universität München, Medizinisch-Psychologisch-Technische Obergutachterstelle; Psychologische Begutachtung, apl. Prof. Dr. W. Kannheiser, München vom 26.03.1999.
Vgl. VGH München in seinem Urteil vom 12.05.1997, Aktenzeichen 11 B 96.2359, DAR 1997, 364.
Vgl. VGH München in seinem Urteil vom 29.06.1999, Aktenzeichen 11 B 98.1093, NZW 1999, 526.
Vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 6.9.1988, NZV 1994, 495.
Veröffentlicht in NJW, 269; vgl. Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 23.08.1996 (s.o.).
Vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 08.03.2000 — 1 B 61/00, NZV 2000, 477 ff.
Vgl. VerwG Berlin, Beschluss vom 21.03.2000, Az. 27 A 33/00, NJW 2000, 2440 ff.
Vgl. VerwG Berlin a. a. O.
Beschluss des VerwG Freiburg vom 09.03.2000, Az. 4 K 419/00.
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 22.11.2000, Az. 9 W 6/00.
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Glathe, S. (2002). Rechtliche Praxis beim Führerscheinentzug. In: Grotenhermen, F., Karus, M. (eds) Cannabis, Straßenverkehr und Arbeitswelt. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-56070-5_1
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