Zusammenfassung
Handeln und Unterlassen stellen die beiden Pole im Kontinuum möglicher Verhaltensweisen in Reaktion auf eine gegebene Situation dar. Eine Person kann eingreifen und sich handelnd einbringen oder durch Unterlassung davon absehen. Hinter dieser schematischen, qualitativen Unterscheidung verbirgt sich zusätzlich eine quantitative Abstufung: Es kann mehr oder weniger getan werden. Man kann sich zu einem gewissen Grad, in einem bestimmten Umfang einbringen und sich gleichzeitig hinsichtlich anderer Handlungsoptionen entziehen. Die Extrempositionen in diesem Spektrum stellen die Versuche dar, alles zu tun — oder nichts. Man kann umfassend handeln oder komplett unterlassen. Wenn der Handlungsumfang fest steht, richtet sich die Frage auf die Handlungsinhalte, die konkreten Taten in Reaktion auf die jeweilige Situation. Auf der Suche nach dem guten, dem richtigen Tun stellt sich also die Frage nach Art und Umfang des eigenen Handelns. Dies ist die zentrale Frage der praktischen Ethik. Ist zu handeln moralisch geboten? Gibt es eine Verpflichtung zu maximalem Handlungsumfang? Ist es moralisch akzeptabel, nicht tätig zu werden, oder ist das Unterlassen einer Handlung möglicherweise sogar aus ethischen Gründen erforderlich?
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Neitzke, G. (2003). Handeln und Unterlassen: Überlegungen zur Anwendung der Ethik von Emmanuel Lévinas. In: Kick, H.A., Taupitz, J. (eds) Handeln und Unterlassen. Veröffentlichungen des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim, vol 16. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-55497-1_5
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