Skip to main content

Altersparanoid und Altersdepression. Empirische Untersuchungen auf der Grundlage einer Psychopathologie von Leib und Raum

  • Chapter
  • 85 Accesses

Part of the book series: Monographien aus dem Gesamtgebiete der Psychiatrie ((PSYCHIATRIE,volume 102))

Zusammenfassung

Im vierten Teil der Arbeit werden die bisherigen phänomenologischen Untersuchungen durch eine empirische Studie an zwei in verschiedener Hinsicht gegensätzlichen Patientengruppen erweitert. Untersucht wurden jeweils38 Patienten mit einer paranoiden Psychose bzw. mit einer melancholischen Depression, die sich nach dem 55. Lebensjahr zum ersten Mal manifestierte. Die Untersuchung erfolgte vor allem mittels eines ausführlichen semistrukturierten Interviews zur aktuellen Symptomatik, Krankheitsgeschichte und Biographie, sowie mit dem SKID-II-Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen; daneben wurden klinische und apparative somatische Befunde erhoben.

This is a preview of subscription content, log in via an institution.

Buying options

Chapter
USD   29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD   69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD   89.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Learn about institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Für Merleau-Ponty ist das Wort „habiter“ nicht zufällig Schlüsselbegriff für das gesamte Weltverhältnis des Menschen: Wir „bewohnen“ die Welt und die Dinge in ihr ebenso wie unseren eigenen Leib.

    Google Scholar 

  2. Diese wurden eingeteilt in „ausreichend“, „eingeschränkt“ oder „isoliert“ nach den in der Tabelle angegebenen Kriterien. Eine nahe Vertrauensperson wurde nach Murphy (1982) bestimmt als Ehepartner(in), Verwandte(r) oder Freund(in), zu dem regelmäßiger Kontakt bestand, und mit dem auch über persönliche Dinge gesprochen werden konnte.

    Google Scholar 

  3. Die Fragen zur passiv-aggressiven Störung beziehen sich weitgehend auf die beruflich-soziale Sphäre des jüngeren Erwachsenenalters; die Kriterien der schizotypischen Persönlichkeit lassen sich kaum von psychotischen Symptomen oder krankheitsbedingten Verhaltenssauffälligkeiten der paranoiden Untersuchungsgruppe abgrenzen. Selbstschädigendes oder antisoziales Verhalten schließlich war bei beiden Patientengruppen nicht zu erwarten und auch nicht zu beoabachten.

    Google Scholar 

  4. Pössl u. v.Zerssen (1990) haben typische Merkmale der Biographien und Lebensstile von Typus-Melancholicus-Patienten zur retrospektiven Auswertung von Krankenakten zusammengetragen (z.B. nahe und langdauernde Beziehung zu den Eltern, Priorität von Ehe und Familie, bescheidene, zurückhaltende Lebensführung usw.).

    Google Scholar 

  5. Nach Tellenbach (1969) handelt es sich typischerweise um einen unlösbaren Konflikt mit dem unter 4.2.2.2 beschriebenen Wertesystem des Typus Melancholicus.

    Google Scholar 

  6. Vgl. zur Genese akustischer Halluzinationen bei sensorischer Deafferenzierung Fuchs u. Lauter 1992, Fuchs 1993a. Auch bei der reinen musikalischen Halluzinose gehen elementare Tinnitusempfindungen oft stufenweise in differenziertere Halluzinationen über.

    Google Scholar 

  7. Nicht umsonst hat Dante die Hölle, von der auch die Patientin spricht, als äußerste Erstarrung geschildert: Im neunten und letzten Kreis des Inferno sind die größten Sünder, die Verräter an ihren Mitmenschen, im ewigen Eis erstarrt, und selbst die Tränen gefrieren ihnen auf den Augen. Angesichts des absolut Bösen, d.h. Luzifers, der in der Mitte der Eisfläche steckt, kom- men alle Schwingungen des menschlichen Seelenlebens zum Stillstand.

    Google Scholar 

  8. Zu der meist lebenslangen Berufstätigkeit der paranoiden Patientinnen dürfte zweifellos auch der hohe Anteil an Ledigen und frühzeitig (vor dem 40. Lebensjahr) Geschiedenen oder Verwitweten beigetragen haben, der bei 48% liegt (n=16).

    Google Scholar 

  9. Freiwillige Migrationen und spätere Übersiedelungen aus dem Gebiet der damaligen DDR nach Westdeutschland wurden nicht berücksichtigt.

    Google Scholar 

  10. Dabei scheinen Frauen mit deutlicher Verzögerung von den Folgen der Entwurzelung betroffen zu sein. In Oedegaards (1932) klassischer Studie über eine erhöhte Schizophrenie-Inzidenz bei norwegischen Emigranten in Minnesota lag der Gipfel der Neuerkrankungen bei Männern in den ersten Jahren nach der Einwanderung, bei den Frauen aber wesentlich später, d.h. im höheren Lebensalter. Auch Krupinski (1967) fand bei osteuropäischen Emigranten in Australien eine sechsfach erhöhte Schizophrenie-Häufigkeit gegenüber den Einheimischen, mit einem Gipfel 1–2 Jahre nach Emigration für die Männer und nach 7–15 Jahren für die Frauen. Als mögliche Erklärung nannte Krupinski die Menopause, den Auszug der Kinder und den bis dahin nur latenten kulturellen Assimilationsrückstand der im Gegensatz zu den Männern vorwiegend häuslich gebundenen Frauen. — Schließlich ergab eine Untersuchung der psychiatrischen Erstaufnahmen in Bradford (Hitch u. Rack 1980) noch 25 Jahre nach Kriegsende einen signifikant erhöhten Anteil paranoid erkrankter ehemaliger Flüchtlinge aus Osteuropa. Einen weiteren Anhaltspunkt vermag der Vergleich mit dem Alterswandel psychischer Verfolgungsschäden bei Holocaust-Überlebenden zu geben, auch wenn das Trauma selbst hier natürlich ungleich schwerwiegender war. Im Gegensatz zu anderen psychischen Erkrankungen kam es hier im Alter meist nicht zu einer Milderung, sondern eher zu einer Exazerbation des Beschwerdebildes, die als Folge des allmählichen Zusammenbruchs bisheriger Anpassungs- und Bewältigungsstrategien aufgefasst werden kann. Verdrängte Erinnerungen kehren wieder, wenn die auf die Gegenwart und Zukunft gerichtete Aktivität nachlässt (Schmitt u. Stoffels 1991). Freudenberg (1991) fand bei einer Auswertung von 77 wiederholten Entschädigungsgutachten über 55-jähriger Verfolgter eine Zunahme von Misstrauen und paranoiden Ideen im Alter. Ähnliche Spätwirkungen des Verfolgungstraumas berichteten Dasberg (1987) und Eaton et al. (1982). Eine lebenslang anhaltendes posttraumatisches Belastungssyndrom ist auch bei anderen Lebensereignissen bekannt (Scaturo u. Hayman 1992, Busuttil et al. 1993). Einen Überblick zu posttraumatischen Störungen, die mitunter nach Jahrzehnten bei Überlebenden des 2. Weltkriegs auftreten, gibt de Jong (2000).

    Google Scholar 

  11. „Überwältigende Erlebnisse von Exponiertheit und Bloßstellung werden offenbar dann paranoid verarbeitet, wenn sie nicht seelisch-symbolisch abgebildet werden können, also in ihrer affektiven Qualität erlebbar und mitteilbar sind, sondern auf einer Vorform von eigentlicher Verinnerlichung wahrgenommen wird, dass andere sich ein Bild vom Subjekt gebildet haben, und wenn darüber hinaus zusätzlich eine aggressive Komponente so übermächtig ist, dass sie nur projektiv abgewehrt werden kann“ (Seidler 1995, 283).

    Google Scholar 

  12. Die Möglichkeit zur Untersuchung des unmittelbaren psychiatrischen Schicksals von deutschen Vertriebenen in der Nachkriegszeit wurde so gut wie nicht genutzt. Eine Ausnahme stellt die Arbeit von Ebermann u. Möllhoff (1957) dar, die eine allgemein erhöhte psychiatrische Morbidität von vertriebenen Donaudeutschen in Nordbaden in den Jahren 1945–1956 fanden.

    Google Scholar 

  13. Das mittlere Geburtsjahr der ersten Gruppe lag bei 1919,5, das der zweiten Gruppe bei 1918,9, so dass die Differenz der Heiratsalter nicht durch einen Kohorteneffekt zu erklären ist.

    Google Scholar 

  14. Hier ist an die Interpretation der Scham als einer für die paranoiden Störungen zentralen Emotion zu erinnern (2.4.2.7). Vgl. auch Morrison (1987): „The paranoid person can be understood as having suffered from humiliation and also developing defenses in response to fears of, and oversensitivity to, humiliation.“

    Google Scholar 

  15. Die Wahninhalte werden weiter unten im einzelnen aufgeführt.

    Google Scholar 

  16. Dies entspricht der „perceptual-release-Theorie“ der Halluzinationsgenese (West 1962), wonach eine Unschärfe oder Leere des Wahrnehmungsfeldes die Freisetzung sonst inhibierter sensorischer Gedächtnisinhalte zur Folge haben kann; vgl. auch Fuchs 1993a, Fuchs u. Lauter 1992.

    Google Scholar 

  17. Inzwischen sind Fälle beschrieben worden, in die Anpassung eines Hörgerätes akustische Halluzinationen bei Schwerhörigen zum Verschwinden brachte (Eastwood et al. 1981, Almeida et al. 1993).

    Google Scholar 

  18. Auf die Ähnlichkeit dieser Bedrohung zu früheren Entwurzelungs- und Gefährdungserfahrungen der Patienten wurde bereits hingewiesen.

    Google Scholar 

  19. Dies gleicht der apophänen Wahnstimmung, in der aber der Scheincharakter des Wahrgenommenen durch eine primäre Intentionalitätsstörung, nicht durch eine paranoide Wahrnehmungsbereitschaft zu erklären ist (s.o. 3.2.1.3)

    Google Scholar 

  20. Dabei legen die Patienten oft eine bemerkenswerte Vitalität und Energie an den Tag, bedenkt man, welche Strapazen Wohnungssuche und Umzug für einen 70- oder 80-jährigen Menschen bedeuten.

    Google Scholar 

  21. Die Übereinstimmungen zwischen Verwitwung und Amputation hat — allerdings eher in kognitionspsychologischer Hinsicht — auch Parkes (1972a) untersucht.

    Google Scholar 

  22. Hingegen spielte nach den Ergebnissen über die Anzahl persönlicher Kontakte (vgl.o. Tab. 4.10) allgemein fehlender sozialer Rückhalt nur eine vergleichsweise geringe Rolle für die Entstehung der Depressionen; jedenfalls waren die paranoiden Patienten signifikant häufiger isoliert (68%) als die depressiven (24%).

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2000 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG Darmstadt

About this chapter

Cite this chapter

Fuchs, T. (2000). Altersparanoid und Altersdepression. Empirische Untersuchungen auf der Grundlage einer Psychopathologie von Leib und Raum. In: Psychopathologie von Leib und Raum. Monographien aus dem Gesamtgebiete der Psychiatrie, vol 102. Steinkopff, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-52489-9_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-52489-9_4

  • Publisher Name: Steinkopff, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-642-52490-5

  • Online ISBN: 978-3-642-52489-9

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics