Zusammenfassung
Die Abhängigkeit des Spannungs-Dehnungs-Verhaltens und der Mikrostruktur von der vom Werkstoff “durchlebten” mechanischen Vorgeschichte ist sicherlich eines der wichtigsten aber gleichzeitig auch eines der schwierigsten Gebiete aus dem Bereich der mechanischen Eigenschaften von Metallen und Legierungen. Die Bedeutung folgt unmittelbar aus der Abhängigkeit der Schädigungszunahme (z.B. pro Lastspiel bei zyklischer Verformung) vom vorangegangenen Beanspruchungsverlauf. Allein auf der Basis der jeweils aktuell wirksamen Belastungssituation, ohne Berücksichtigung der Vorgeschichte, ist eine sichere Lebensdauerabschätzung nicht möglich. Eine lineare Schadensakkumulationsrechnung, die ja nur unter speziellen Voraussetzungen (siehe Abschnitt 2.1.4) Reihenfolgeeinflüsse berücksichtigt, stellt nur eine erste Näherung dar. Daß diese Methode der Lebensdauerprognose aber immer noch die am häufigsten benutzte ist, liegt nicht nur an ihrer bestechenden Einfachheit sondern nicht zuletzt an der Komplexität des Gebietes Vorgeschichteabhängigkeit.
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Literatur
Dies ist allein schon auf die Tatsache zurückzuführen, daß Werkstoffe in der Regel nicht in geglühter sondern in mechanisch oder thermo-mechanisch vorbehandelter Form zum technischen Einsatz gelangen.
Diese Versuchsführung wird dazu benutzt, um unabhängig von der später vorgegebenen plastischen Scherdehnungsamplitude die Anfangsverfestigung in reproduzierbarer Weise durchzuführen. Während der langsamen Zunahme von T a (32000 Zyklen bis zum Endwert) finden die von Neumann zum ersten Mal beobachteten Dehnungsmaxima (strain bursts) statt [223]: γ ap weist deutliche Maxima in etwa gleichen Abständen, die einer Zunahme der Spannungsamplitude von ca. 11,5% entsprechen, mit einer Breite von ungefähr 50 Zyklen auf. Zwischen diesen Maxima sinkt γ ap stark ab. Eine quantitative Beschreibung dieses Phänomens wird in [250] gegeben. Als Ursache für die strain bursts wird die Bildung von Dipolen und Multipolen während der Verfestigung durch gegenseitiges Einfangen der Versetzungen betrachtet. Bei einer allmählichen Erhöhung der Spannungsamplitude werden Dipole in Einzelversetzungen aufgelöst, wenn die Passierspannung überschritten wird. Die dadurch entstehenden freien Versetzungen stauen sich an Dipolen mit geringerem Versetzungsabstand auf und unterstützen die äußere Spannung, so daß auch diese Dipole zerfallen. Damit entstehen lawinenartig freie Versetzungen, was zu einem Abgleitmaximum führt. Durch erneutes gegenseitiges Einfangen bei der Bildung von Dipolen und Multipolen mit nun geringerem Versetzungsabstand wird γ a,p erneut reduziert,... Im Verfestigungsstadium bei Versuchen mit konstantem γ ap finden ebenfalls (Mikro-)Dehnungsmaxima statt. Diese sind aber lokal begrenzt und erfolgen nicht synchron, so daß sie sich makroskopisch nicht äußern.
Im Sinne der Vielkörpermodelle ist eine Entfestigung als Verschiebung/Stauchung der Streckgrenzenverteilungsfunktion zu kleineren Werten von σ if zu betrachten.
Ob die Ergebnisse allerdings übertragbar sind, ist zweifelhaft, da die Beobachtungen auf das Auftreten einer dynamischen Lüdersbandausbreitung hinweisen, was die Allgemeingültigkeit stark in Frage stellen würde.
Austenitische Stähle sind deshalb sehr gut geeignet, den Zusammenhang von Vorgeschichteabhängigkeit und Gleitcharakter zu demonstrieren, weil das Versetzungsgleitverhalten über die Versuchstemperatur systematisch variiert werden kann (siehe Kapitel 13).
Als praktische Konsequenz ergibt sich, daß die Bestimmung der zyklischen Spannungs-Dehnungskurve durch Versuche mit stufenweiser Veränderung der Beanspruchungsamplitude nur dann eine vernünftige Näherung liefern kann, wenn die Amplitude (jeweils nach Sättigung) erhöht wird.
Im Vorgriff auf Kapitel 10 sei bereits an dieser Stelle angemerkt, daß die fS(σif)-Verläufe für unterschiedliche Belastungsamplituden in einfacher Weise ineinander überführt werden können.
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Christ, HJ. (1991). Abhängigkeit von einer mechanischen Vorgeschichte. In: Wechselverformung von Metallen. WFT Werkstoff-Forschung und -Technik, vol 9. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-52345-8_7
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