Zusammenfassung
(Grundlagen.) Die soziale Frage ist, ihrem Kerne nach, eine Rechtsfrage, die das Verhältnis zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht betrifft. In dem Mittelpunkt steht die Frage des Privateigentums, seines Inhaltes, seiner Ausdehnung oder Beschränkung. Religion — als ihr historischer Typus wird hier die der römischkatholischen Kirche betrachtet — ist keineswegs für unbedingtes und schrankenloses Privateigentum. Ihre Lehren knüpfen zunächst an die Tatsachen des Bodeneigentums an, wo die Rechte der Gemeinde, der Sippe, der Kirche denen des Einzelnen vorausgehen und sie bedingen. Sie behaupten die Rechtspflicht des Almosens und oft den moralischen Vorzug der Armut. Ebenso verlangen sie nicht unbedingte persönliche Freiheit, sondern, ohne gerade völlige Knechtschaft gutzuheißen, lassen sie den Einzelmenschen durch seinen angeborenen oder erworbenen Stand bedingt sein und »heiligen« diesen Stand als Stück der überlieferten und von Gott gesetzten Ordnung, als deren Wesen immer Gemeinschaft, in ihren Ausprägungen als patriarchalisch-herrschaftliche oder brüderlich genossenschaftliche Gliederung, erkannt wird. So ist Religion untrennbar verbunden mit der «Patrimonial-Feudal-Innungszeit» (nach Schafftes Ausdruck) und ist beflissen, diese zu verteidigen und zu erhalten.
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Tönnies, F. (1922). Die Öffentliche Meinung und die soziale Frage. In: Kritik der Öffentlichen Meinung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-51811-9_9
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