Zusammenfassung
Die neurasthenische Reaktion ist gekennzeichnet durch den Symptomenkomplex der reizbaren Schwäche, eine Verbindung psychischer Leistungsherabsetzung mit Symptomen von Überempfindlichkeit und Erregbarkeit. Beard hat 1880 diesen Symptomenkomplex als eine Krankheit unter dem Namen der Neurasthenie beschrieben und dieselbe auf die nervenaufreibenden Einflüsse der neuzeitlichen Zivilisation, die damals in der Entwicklung der Vereinigten Staaten von Amerika sich besonders eindringlich offenbarten, zurückgeführt. Man hat dann die Neurasthenie, mit der ebenfalls als eine Krankheit aufgefaßten Hysterie evtl. noch der Psychasthenic zur Gruppe der Psychoneurosen zusammengefaßt. Die weitere Entwicklung führte dazu, daß sich diese Krankheitsbegriffe mehr und mehr überdehnten, und erst allmählich wurde man sich klar, daß sie eigentlich pathogenetisch Verschiedenes umfaßten, während sie Zusammengehöriges auseinanderrissen und somit zunehmend an praktischer Brauchbarkeit einbüßten. So hat sich der von Hoche, dann besonders von Bumke vertretene Standpunkt mehr und mehr durchgesetzt, daß auf dem Gebiet der sog. funktionellen Neurosen die Abtrennung in sich geschlossener Krankheiten dem natürlichen Geschehen mit seinen fließenden Übergängen nicht Rechnung trägt. Die Krankheit Hysterie löste sich auf in eine Form psychopathisch-degenerativer Veranlagung und in die psychogen-hysterische Reaktion, welche Begleiterscheinung ganz verschiedener angeborener und erworbener Dispositionen sein konnte. In ähnlicher Weise erfordern es die tatsächlichen Verhältnisse, anstatt der Neurasthenie eine nervöse Veranlagung mit ihren Auswirkungen von der neurasthenischen Reaktion des vorher Gesunden zu unterscheiden.
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Stertz, G. (1928). Die neurasthenische Reaktion. In: Birnbaum, K., Braun, E., Kahn, E., Schultz, J.H., Stertz, G. (eds) Spezieller Teil. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-51083-0_2
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