Zusammenfassung
Die Bezeichnung Anatomie leitet sich von ihrer wichtigsten Methode, der Zergliederung, ab (von ανατεμνειν = zergliedern). Was Rembrandt in seiner „Anatomie“ darstellte, war der entscheidende Schritt vorwärts vom Mittelalter zur Neuzeit. Denn die Zergliederung des menschlichen Körpers war und ist das wichtigste Mittel, um statt Vermutungen oder statt aus dem Altertum überkommener, oft falsch verstandener und entstellter Kenntnisse die Wirklichkeit reden zu lassen. Verdient so die Zergliederungskunst höchste Würdigung, so ist sie doch im Rahmen des Ganzen nur Mittel, und zwar eines von vielen. Ihr haftet als größter Nachteil an, daß sie nur am Toten anwendbar ist; nur antike Forscher erhielten gelegentlich zum Tode verurteilte Verbrecher als lebende Objekte der Zergliederung (was in Alexandria geschah, z. B. bei Untersuchungen über das Zwerchfell). Das Ziel der Anatomie mußte aber von jeher auf das Leben gerichtet sein; sie ist ein Teil der Biologie. Denn der Mensch hat den Wunsch über das Innere seines Körpers etwas zu erfahren, um zu begreifen, wie das äußerlich Sichtbare durch das innerlich Verborgene bedingt sei. Von der Neugierde des Primitiven bis zum geschulten Wissenstrieb des Forschers ist das Ziel der Anatomie immer das gleiche: die Form des lebendigen Körpers zu verstehen. Es ist dies nur möglich durch Auflösung des Ganzen in seine Teile (Analyse) und Wiederaufbau des Ganzen aus seinen Teilen (Synthese). Schiller hat diese Tätigkeit des Forschers mit den ewig gültigen Worten umschrieben: „Was die Natur gebaut, bauet er wählend ihr nach.“
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Elze, C. (1954). Aufgabe der menschlichen Anatomie als Wissenschaft. In: Bewegungsapparat. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-49752-0_1
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