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Was ist humanitäre Hilfe?

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Handbuch Humanitäre Hilfe

Zusammenfassung

Das Kapitel führt in den Gegenstand des Handbuchs und die damit zusammenhängenden Aspekte und Problemstellungen ein. Humanitäre Hilfe kann, wie gezeigt wird, eng oder weitgefasst definiert werden. Allerdings gerät eine umfassende Definition, die auch Rehabilitation und Wiederaufbau, Schutz und Unterstützung sowie Katastrophenvorsorge einschließt, in Widerspruch zu den humanitären Prinzipien, weil diese nach allgemeinem Verständnis nur für die unmittelbare Nothilfe anwendbar sind. Neben einer Definition von humanitärer Hilfe im engeren und weiteren Sinne wird eine Einordnung in den Kontext von Katastrophenszenarien und humanitären Krisen vorgenommen. Die humanitäre Hilfe wird in ihrer operativen Dimension beschrieben als organisiertes Handeln, das materielle Hilfen und Dienstleistungen bereitstellt, die aber in einem weiteren Verständnis auch Wiederaufbau und Rehabilitation, Koordination, Schutz und Unterstützung, Katastrophenvorsorge und -vorbeugung umfasst. Das humanitäre System mit seinen Akteuren, Zielen und Verfahren wird vorgestellt, ebenso wie der ethisch/normative Rahmen und das Spannungsfeld zwischen Normen und Praxis. Abgeschlossen wird das Kapitel schließlich mit aktuellen und neuen Herausforderungen und Trends in der Entwicklungs-, Außen- und Sicherheitspolitik, die sich auch auf die humanitäre Hilfe auswirken, sowie mit der Frage nach der Sinnhaftigkeit des humanitären Engagements.

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Notes

  1. 1.

    Siehe Kap. 5 für eine ausführliche Beschreibung des internationalen humanitären Systems.

  2. 2.

    Brockhaus Enzyklopädie (2006) 21. Ausgabe, Bd. 12, S. 781.

  3. 3.

    Auswärtiges Amt (2008) Konzept zur Förderung von Vorhaben der humanitären Hilfe, http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/361052/publicationFile/3529/FoerderkonzeptProjekteHH.pdf. Zugegriffen: 7. Dez. 2012.

  4. 4.

    So heißt es auf der Website des AA unter dem Stichwort „Humanitäre Hilfe/Wie helfen wir?“: „Politische Grundlagen der Humanitären Hilfe der Bundesregierung sind der Europäische Konsens zur humanitären Hilfe sowie die,Prinzipien und Gute Praxis Humanitärer Geberschaft‘. Wesentliche Leitgedanken sind dabei die Orientierung am Bedarf der Betroffenen sowie die Einhaltung der humanitären Prinzipien der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit“, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/HumanitaereHilfe/WieHelfenWir_node.html. Zugegriffen: 19. Sept. 2012.

  5. 5.

    Übers. d. Verf.

  6. 6.

    Weil dem Begriff „Entwicklungshilfe“ eine als überholt apostrophierte Denkweise anhaftet (nämlich das Überstülpen von Entwicklungsmodellen auf fremde Kulturen), wird heute stattdessen von Entwicklungszusammenarbeit gesprochen.

  7. 7.

    Übers. d. Verf.

  8. 8.

    Die führenden Denkfabriken zu Fragen der humanitären Hilfe sind seit Jahrzehnten das Overseas Development Institute (ODI) in London mit seiner Humanitarian Policy Group (HPG) sowie das Feinstein International Center an der Tufts University in Boston und Medford, Massachusetts.

  9. 9.

    Übers. d. Verf.

  10. 10.

    So etwa der Sprecher der North Atlantic Treaty Organization (NATO), Jamie Shea, 1999 im Zusammenhang mit dem Kosovo-Krieg (VENRO 2003, S. 3).

  11. 11.

    „A serious disruption of the functioning of a society, causing widespread human, material, or environmental losses which exceed the ability of affected society to cope using only its own resources. Disasters are often classified according to their speed of onset (sudden or slow), or according to their cause (natural or man-made)“ (zit. nach: UN (DHA Glossary, Geneva, December 1992)).

  12. 12.

    Der Widerspruch, der in dieser begrifflichen Verknüpfung zum Ausdruck kommt, wird hier zugunsten des allgemeinen Sprachgebrauchs hingenommen; tatsächlich gibt es natürlich keine „humanitäre“ Notlage oder Krise; allenfalls die angemessene Reaktion darauf kann mit dem Attribut „humanitär“ versehen werden. Rieff hat zudem davor gewarnt, das Attribut „humanitäre Krise“ leichtfertig auf all jene schrecklichen historischen Ereignisse anzuwenden, wie sie etwa in Auschwitz, beim Genozid in Ruanda oder bei den Gräueltaten des Pol-Pot-Regimes stattgefunden haben: „By calling some terrible historical event a humanitarian crisis, it is almost inevitable that all the fundamental questions of politics, of culture, history, and morality without which the crisis can never be properly understood will be avoided“ (Rieff 2002, S. 87).

  13. 13.

    Eine ausführliche Beschreibung des internationalen Systems und seiner Akteure findet sich in Kap. 5.

  14. 14.

    Übers. d. Verf.

  15. 15.

    ALNAP = Active Learning Network for Accountability and Performance in Humanitarian Action.

  16. 16.

    Näheres siehe Kap. 3.

  17. 17.

    Zum Beispiel durch die Joint Evaluation of Emergency Assistance to Rwanda (JEEAR).

  18. 18.

    Dazu zählen etwa die Blitzaufrufe und konsolidierten Aufrufe (Flash Appeals und Consolidated Appeals) von OCHA, der Cluster Approach oder der Central Emergency Fund.

  19. 19.

    www.globalhumanitarianassistance.org. Zugegriffen: 1. Okt 2012.

  20. 20.

    Zakat = Almosensteuer (einer der fünf Pfeiler des Islam).

  21. 21.

    Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung wird aufgrund ihres besonderen völkerrechtlichen Status nicht zur Gruppe der NRO gezählt. Sie ist aber mitgemeint, wenn in den folgenden Ausführungen von „(humanitären) Hilfsorganisationen“ die Rede ist.

  22. 22.

    In Anlehnung an den Untertitel des vielbeachteten Buches von David Rieff (1992): A bed for the night. Humanitarianism in crisis.

  23. 23.

    Henry Dunant gilt als Begründer der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung und hat als einer der Ersten die Idee einer neutralen und unparteiischen humanitären Hilfe in die Praxis umgesetzt.

  24. 24.

    So war etwa in Deutschland bis 2012 die humanitäre Nothilfe beim AA angesiedelt, während die „entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe“ beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verwaltet wurde. Die humanitären Prinzipien wurden vom AA, nicht aber vom BMZ als handlungsleitend betrachtet.

  25. 25.

    So etwa als „ethischer Konflikt“ (Just 1998) oder „ethisches Dilemma“ (Götze 2004), „le paradoxe humanitaire“ (Eberwein 2006) „the paradox of humanitarian action“ (Terry 2002) oder gar als „humanitarianism in crisis“ (Rieff 2002).

  26. 26.

    Vgl. hierzu auch Kap. 5.

  27. 27.

    Zur Abspaltung von MSF vom IKRK siehe auch Barnett und Weiss (2008); MSF ist allerdings in den letzten Jahren wieder zu einer eher neutralen und prinzipienorientierten Position zurückgekehrt.

  28. 28.

    Colin Powell, „Remarks to the National Foreign Policy Conference for Leaders of Non-Governmental Organizations“, 26. October 2001.

  29. 29.

    Beim sog. „Whole-of-Government-Approach“ (ein von der OECD DAC Fragile States Group geprägter Begriff) geht es um „involving departments responsible for security, and political and economic affairs, as well as those responsible for development aid and humanitarian assistance – in order to achieve successful development in fragile environment“. Gemeint ist hier die Forderung nach Kohärenz des politischen Handelns (Weingärtner et al. 2011, S. 34).

  30. 30.

    Zitat aus der Rede von James Orbinski (MSF) vom 10. Dezember 1999 anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises an seine Organisation. http://www.aerzte-ohne-grenzen.de/kennenlernen/organisation/aufgaben-und-ziele/friedensnobelpreis/nobelpreisrede/index.html. Zugegriffen: 7. Dez. 2012.

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Lieser, J. (2013). Was ist humanitäre Hilfe?. In: Lieser, J., Dijkzeul, D. (eds) Handbuch Humanitäre Hilfe. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-32290-7_2

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