Skip to main content

Die Kuppel als medialer Raum

  • Chapter
  • First Online:

Part of the book series: X.media.press ((XMEDIAP))

Zusammenfassung

Die Kuppel ist ein Medium der Illusion, der Immersion und der Entgrenzung. Sie ist in ihrer idealen Form (Kugel oder Halbkugel) ohne Kanten (Grenzen) hervorragend geeignet ihre eigene Körperlichkeit auszublenden bzw. zurücktreten zu lassen und doch bleibt sie ein definierter dreidimensionaler Raum, in den die Besuchenden körperlich einzutreten vermögen.

Vermutlich ist die erste vom Menschen als ideale Kuppel wahrgenommene Form das Himmelsgewölbe (Firmament, Himmelszelt). Frei auf einer ebenen Fläche oder einer Anhöhe stehend, erscheint die Atmosphäre als eine Kuppel bzw. Halbkugel, genauer als eine abgeflachte Schale. Auf diese kosmologische Urerfahrung reflektiert die Kuppel als Bauform und schließt in gewisser Weise auch als Medium an.

Anhand ausgewählter Beispiele der letzten 2000 Jahre wird versucht zu zeigen, dass die Kuppel ein prädestinierter Ort einerseits für entgrenzende Erfahrungen ist und andererseits sie eigentümlicherweise immer wieder der konzentrierten Reflexion des jeweils dominanten Weltbildes dient. Vom geozentrischen über das heliozentrische Weltbild, dessen Berechenbarkeit durch Newton, wiederum die Relativierung Newtons durch Einstein zur Globalisierung und Informatisierung.

Der Beitrag unternimmt eine medienkulturwissenschaftliche Ausarbeitung von Eigenheiten der Kuppel als Raum medialer Darstellung.

This is a preview of subscription content, log in via an institution.

Buying options

Chapter
USD   29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD   49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Hardcover Book
USD   59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Durable hardcover edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Learn about institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Erst die Römer hatten im Gewölbe- und Kuppelbau eine Meisterschaft erreicht, die in der Antike vorher nicht existierte. Technisch möglich wurde dieser Bau durch die den Römern eigene Betonbauweise und die Verwendung von Werkstoffen, die von unten nach oben immer leichter werden (von Travertin zu Tuff und Ziegeln bzw. Ziegelsplit) (Rasch 1989).

  2. 2.

    Die spätere Umwidmung des Pantheon in eine Marienkirche (im 7. Jh. n. u. Z.: „Sancta Maria ad martyres“ und dann im 19. Jh. in „Santa Maria la rotonda“) ist eine interessante Anekdote in Bezug auf die sphärische Bauform der Kuppelkugel des Pantheon.

  3. 3.

    Siehe hierzu später die Ausführungen zu James Turrell.

  4. 4.

    Eine architektonische Kuppel durfte aufgrund von Streitigkeiten mit einem benachbarten Kloster nicht gebaut werden.

  5. 5.

    Eine Erzählung, die durch Voltaire weite Verbreitung fand und eine gute Erfindung genannt werden kann.

  6. 6.

    Mitte des 17. Jh.s wurden begehbare Globen gebaut, deren Innenräume den Sternenhimmel zeigten und von außen eine Weltkarte. Ähnlich dem Entwurf von Boullée baute Erhard Weigel, ein Mathematikprofessor der Universität Jena, einen begehbaren Globus von 6 m Durchmesser, der um seine Achse drehbar gelagert war und dessen Außenhaut als Visualisierung des Sternenhimmels im Inneren durchbohrt war.

  7. 7.

    Der Einfachheit halber will ich hier mit einem weiten Immersionsbegriff arbeiten und beziehe mich auf Jörg Schweinitz (2006, S. 138). Allgemein lässt sich „[…]Immersion also als illusionistischer Eintritt in eine simulierte Welt definieren, genauer: als die durch ein mediales Dispositiv vermittelte raum-zeitliche Teilhabe an einer Welt, die außerhalb dieses Dispositivs[…] keine physische räumliche Realität besitzt.“ Und Teilhabe schließt hier für mich eine aktive Teilhabe ein.

  8. 8.

    Trotzdem hat der Bau eine enorme Wirkung auf die Architektur des 20. Jh.s ausgeübt wie zuletzt im Serpentine Pavillon (2006) von Rem Koolhaas und Norman Fosters Hauptverwaltung der Swiss Re Versicherung (2001–2004), beide in London, zu sehen.

  9. 9.

    Leider existieren weder farbige Fotos vom Glashaus, noch Aufnahmen bei Nacht.

  10. 10.

    Eine sehr weitreichende Einordnung des Glashauses findet man in dem Katalog: Thiekötter et al. 1993. Kristallisationen, Splitterungen – Bruno Tauts Glashaus. Berlin/Birkhäuser.

  11. 11.

    Es ist bekannt, dass Taut sich spätestens seit 1919 mit Einsteins Relativitätstheorie beschäftigt hatte (Taut 1989).

  12. 12.

    Die Technologie, die verwendet wurde, hatte ihren Ursprung teilweise in optischen Geräten der Kriegsindustrie, die sich im zweitenWeltkrieg extrem entwickelte, um mit den sich in neuen Dimensionen bewegenden Kriegsgeräten (Flugzeug und U-Boot) Schritt zu halten.

  13. 13.

    Ganzfelder sind farbige Flächen, die das gesamte visuelle Feld des Probanden ausfüllen, sie wurden u. a. von dem Psychologen Wolfgang Metzger in wahrnehmungspsychologischen Experimenten in den 30er-Jahren des 20. Jh.s eingesetzt.

  14. 14.

    Es existiert eine Arbeit, die unmittelbar Bezug auf Boullée nimmt. Eine begehbare Ganzfeldkugel mit dem Titel „Boullée Boola“ aus dem Jahr 1988.

  15. 15.

    Architekturen, Installationen, Environments etc.

  16. 16.

    In diesem Zusammenhang ist es relevant zu erwähnen, dass die ersten nachweislich perspektivisch konstruierten Bilder im antiken griechischen Theater als Bühnendekoration den Bühnenraum – die Skene illusionistisch erweiterten (um das 4 Jh. v. u. Z.). Diese Kunst nannte man damals Skenographia (Geyer 1994, S. 15 ff.).

  17. 17.

    Eine allgemeine Tendenz zur Verräumlichung des Kinos lässt sich nicht nur am Ton und der räumlichen Konstellation des Kinos verfolgen, sondern auch auf unterschiedliche Weise am Bild (Cinemascope und 3D).

  18. 18.

    Interessanterweise begründet sich das Wort Immersion aus dem Lateinischen „immergere“ was soviel bedeutet wie „eintauchen“.

  19. 19.

    Mission Impossible – Ghost Protocol, Regie: Brad Bird, 2011.

  20. 20.

    Die Ausweitungsstrategien des Kinos schließen in den Fünfzigerjahren an eine allgemeine Entgrenzungstendenz der Künste an und ließen sich auch an verschiedenen anderen Erscheinungen entwickeln. Ich meine hier besonders die amerikanischen Künstler der Nachkriegszeit. Exemplarisch zu nennen ist hier Jackson Pollock, dessen Drip-Paintings in vielen Beziehungen eine Ausweitung des Malereibegriffs vom Bildraum zum Raumbild darstellten. Die Bilder wurden immer größer und missachteten schon in ihrer Produktionsweise den Rand der Bildfläche. Auf die am Boden liegende Leinwand wurde Farbe getropft und geschleudert, so dass die malerische Aktion deutlich über die Bildränder hinausging und sowohl in der Machweise als auch im Ergebnis ein Bild entstand, dass seine Grenzen auszudehnen versuchte. Aber auch Künstler wie Barnett Newman, Robert Rauschenberg, Robert Irwin und Mark Rothko arbeiteten auf unterschiedlichen Weisen an dem Programm der Ausweitung des bildlichen Feldes aus der Fläche in den Raum. Darüber hinaus waren es Künstler der Popart, die die Skulptur und die Malerei aus ihren isolierten Umgebungen bewegten und wie z. B. Edward Kienholz und Duane Hanson begehbare hyperrealistische Figuren-Szenarien (Environments) schufen, und Andy Warhol, der mit der Ausstellung der Brillo Boxes 1964 in der Stable Gallery in New York anfing, eine vorgefundene Trivialkultur als Installation in die Galerien zu bewegen.

  21. 21.

    „As of September 30, 2011, there were 583 IMAX theatres (441 commercial multiplex, 23 commercial destination and 119 institutional) operating in 48 countries.“ http://www.imax.com/corporate/. Zuletzt besucht am 20.01.12.

  22. 22.

    Siehe z. B. das FullDome Festival in Jena. http://wp.dequid.net/. Zuletzt besucht am 20.01.12.

  23. 23.

    Wie etwa in Douglas Gordons Doppelprojektion: through a looking glass, 1999. Zwei-Kanal-Videoinstallation mit Sound, 60 min.

Literatur

  • Asendorf C (2005) Entgrenzung und Allgegenwart – Die Moderne und das Problem der Distanz. Fink, München

    Google Scholar 

  • Bieger L (2007) Ästhetik der Immersion. Raum erleben zwischen Welt und Bild. Las Vegas, Washington und die White City. transcript, Bielefeld

    Google Scholar 

  • Bexte P (2003) Entscheidende Bilder: Heidegger im Opsroom, Chile 1972. Vortrag beim Symposion Bild-Macht-Entscheidung des Arbeitskreises Kritik der Bildmedien im Museum für Kommunikation, Berlin 17.10.2003

    Google Scholar 

  • Burda-Stengel F (2001) Andrea Pozzo und die Videokunst – Neue Überlegungen zum barocken Illusionismus. Gebr. Mann Verlag, Berlin

    Google Scholar 

  • Distelmeyer J (2008) Recreation: CinemaScope und Electronic Hollywood. Eine Filmgeschichte unter Einfluss. In: Film im Zeitalter Neuer Medien: Fernsehen und Video. Fink, München, S 251–278

    Google Scholar 

  • Grau O (2003) Virtual Art – From Illusion to Immersion. MIT Press, Cambridge

    Google Scholar 

  • Geyer B (1994) Scheinwelten – Die Geschichte der Perspektive. E.A. Seemann, Leipzig, S 15 ff

    Google Scholar 

  • Krausse J (1993) Sphären der Revolution. ARCH+ 116, S. 22–30

    Google Scholar 

  • Müller P (2001) Die Kuppeln von Rom. Böhlau, Weimar

    Google Scholar 

  • Neitzel B (2008) Medienrezeption und Spiel. In: Distelmeyer J, Hanke C, Mersch D (Hrsg) Game Over! transcript, Bielefeld, S 95–114

    Google Scholar 

  • Oettermann S (1980) Das Panorama: Die Geschichte eines Massenmediums. Syndikat, Frankfurt/M

    Google Scholar 

  • Rasch J (1989) Die Kuppel in der römischen Architektur. Entwicklung, Formgebung, Konstruktion. In: Graefe R (Hrsg) Zur Geschichte des Konstruierens. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, S 17–37

    Google Scholar 

  • Schweinitz J (2006) Totale Immersion. Kino und die Utopien von der virtuellen Realität. Zur Geschichte und Theorie eines Mediengründungsmythos. In: Neitzel B, Nohr R (Hrsg) Das Spiel mit dem Medium. Schüren, Marburg, S 136–153

    Google Scholar 

  • Sloterdijk P (1999) Sphären II – Globen. Suhrkamp, Frankfurt a. M.

    Google Scholar 

  • Taut B (1989) Mein Weltbild. In: Die Erde eine gute Wohnung. Wohnbaupolitik. Les Choses: Berliner Hefte zur Architektur, Bd 3/4. Der Beeken, Berlin, S 73–77

    Google Scholar 

  • VanDerBeek S (1966) http://www.guildgreyshkul.com/VanDerBeek/_PDF/moviedromefinal_PDF_LORES.pdf. Zugegriffen: 21.01.2012

  • Villiger W (1926) Das ZEISS-Planetarium. Vopelius, Jena, S 9. Zitiert nach: Krausse J (2003). Das Wunder von Jena. ARCH + 116, S 40–49

    Google Scholar 

  • Youngblood G (1970) Expanded Cinema. P. Dutton & Co, New York

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Winfried Gerling .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2013 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

About this chapter

Cite this chapter

Gerling, W. (2013). Die Kuppel als medialer Raum. In: Overschmidt, G., Schröder, U. (eds) Fullspace-Projektion. X.media.press. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-24656-2_5

Download citation

Publish with us

Policies and ethics