Zusammenfassung
Nach Klärung der Anforderungen, denen das Vorgehen des Arztes nach neuen Methoden genügen muss, soll kurz für die Auswirkungen der Neulandbehandlung auf die Beurteilung eines möglichen Mitverschuldens des Patienten gem. § 254 BGB sensibilisiert werden, das neben einem Entfallen des Anspruchs und der Reduzierung der Anspruchshöhe einen Wegfall der Beweislastumkehr wegen groben Behandlungsfehlers nach sich ziehen kann. Ebensowenig wie ein solches im Verschulden der Behandlungsbedürftigkeit gesehen werden kann, kann es schon wegen Einwilligung in eine experimentelle Behandlung bejaht werden. Die allgemeine Zurückhaltung der Rechtsprechung muss sich in der Situation der Neulandbeschreitung fortsetzen. Die Sorge für die Sicherheit der medizinischen Behandlung muss gerade hier auf ärztlicher Seite verbleiben, sodass bei Kontraindikation gegen eine Behandlung, also auch bei Unvertretbarkeit der Anwendung einer neuen Methode infolge unzureichend sicherer Aussichten oder nicht mehr vertretbaren Nutzen-Risiko-Gefälles, der Wunsch des Patienten nach ihrer Anwendung kein Mitverschulden auslöst. Der Patient muss die ärztlichen Anweisungen befolgen, wobei ihm der Arzt – bei neuen Methoden besonders sorgfältig – verständlich machen muss, dass und warum diese einzuhalten sind. Beachtet der Patient unvollständige Empfehlungen des Arztes, kann ihm kein Mitverschulden zur Last gelegt werden, wenn er deren Fehlerhaftigkeit nicht kennen musste. Das Vorliegen einer entsprechenden Kenntnis ist schon bei herkömmlicher Behandlung nach strengsten Maßstäben zu beurteilen. Bei Vorgehensweisen außerhalb des Standards wird daher selbst bei medizinischen Kenntnissen ein Mitverschulden in dieser Gestalt abzulehnen sein. Darüber hinaus ist in der Arzneimitteltherapie bei Annahme eines Mitverschuldens wegen vorhandener Hinweise in der Packungsbeilage Vorsicht angebracht, da diese nicht an den Verständnismöglichkeiten des Patienten und Besonderheiten des Einzelfalls orientiert ist. Der Patient hat den Arzt jedoch im Rahmen der Anamnese wenigstens bei entsprechendem Nachfragen auf Besonderheiten hinzuweisen, so z. B. auch darauf, dass er vorangehend mit einem experimentellen Verfahren behandelt wurde.
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Schneider, L. (2010). D. Das Mitverschulden des Patienten. In: Neue Behandlungsmethoden im Arzthaftungsrecht. MedR Schriftenreihe Medizinrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-14374-8_9
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