Auszug
Hinter dem Begriff der Humangenetikdebatte verbirgt sich eine umfassende Diskussion über Werte, Normen, Chancen und Bedrohungen, an der sich die unterschiedlichsten Fachrichtungen beteiligen. Was ist zu dieser Problematik nicht alles bereits gesagt und geschrieben worden? Die Zahl der Beiträge hierzu wächst stetig, da die Aktualität der Frage um den Beginn und Wert des menschlichen Lebens ungebrochen ist. In allen Diskussionsbeiträgen wird, obgleich mit unterschiedlicher Gewichtung, auf die Ambivalenz der neuen Forschungsrichtung hingewiesen. Auf der einen Seite stehen die Chancen, Hoffnungen und Möglichkeiten, die man sich insbesondere von der embryonalen Stammzellenforschung (ES-Forschung) verspricht, auf der anderen Seite werden Befürchtungen laut und Warnungen vor den Risiken ausgesprochen. Der Erlass des von Verboten geprägten Embryonenschutzgesetzes (ESchG) im Jahr 1990 und der des Stammzellengesetzes (StZG) im Jahr 2002 konnte lediglich einige „Pflöcke“ in die Debatte schlagen, beendet wurde sie damit nicht.1 Die Forderungen nach Beibehaltung, Verschärfung oder Schwächung, bis hin zur Abschaffung der in Frage stehenden gesetzlichen Regelungen, werden unabhängig davon, welchem Standpunkt der Gesetzgeber sich anschließt, fortbestehen bleiben.
Dr. anne barbara lungstras, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projektes „Überzeugungsstrategien“ am Juristischen Seminar der Universität Heidelberg (2004–2006),ist Rechtsanwältin in einer medizinrechtlichen Kanzlei in Berlin.
Das ESchG (BGBl.1990 I S.2746) stellt u. a. die Erzeugung menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken sowie jegliche Verwendung der Embryonen zu fremdnützigen Zwecken unter Strafe. Das StZG (BGBl I 2002,2277) ermöglicht die Forschung an den Stammzellen, in dem es unter bestimmten Bedingungen den Import der Zellen aus demAusland erlaubt.Am 11.04.2008 stimmte das Parlament über eine Änderung des Stammzellengesetzes ab. Nach einer langen Debatte ergab sich eine Mehrheit für die Verschiebung des Stichtages auf den 1.Mai 2008.Nur solche Stammzellen, die vor diesem Stichtag im Ausland hergestellt wurden, dürfen nach Deutschland eingeführt werden.
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Lungstras, A.B. (2009). Der Embryo in vitro: „Mitmensch“ oder bloßer „Zellhaufen“?. In: Chaniotis, A., Kropp, A., Steinhoff, C. (eds) Überzeugungsstrategien. Heidelberger Jahrbücher, vol 52. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-88647-1_3
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