Auszug
Aus den vorangehenden Kapiteln lässt sich nur die Schlussfolgerung ziehen, den Begriff der Homogenität aus dem begrifflichen und theoretischen Instrumentarium der Verfassungslehre und Europarechtswissenschaft zu entfernen. Weder, das haben die vorangehenden Untersuchungen seiner einzelnen Bedeutungsgehalte sowie die Analysen der Homogenitätskriterien „Geschichte“ und „Sprache“ gezeigt, kann der Begriff als normatives Leitbild politischer Organisation und schon gar nicht als Beschreibungsformel für reale Verhältnisse Plausibilität beanspruchen. Für die Herausforderungen, vor denen Verfassungs-, Europarechts- und Völkerrechtslehre angesichts der Globalisierung gesellschaftlicher Teilsysteme, des dadurch bewirkten Bedeutungsverlustes der Nationalstaaten und der darauf reagierenden Konstitutionalisierung transnationaler politischer Systeme, insbesondere der Europäischen Union, stehen, erweist sich der Begriff der Homogenität als untauglich.
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Literatur
Preuβ, Die Weimarer Republik (Fn. 141), 177, 183. TV. S. Ghaleigh, Looking into the Brightly Lit Room (Fn. 42), 43 f., spricht hinsichtlich “the debates over democracy, demos and homogeneity” von “a violent pointedness in an era of European right-wing extremism”.
Denninger, Der Einzelne und das allgemeine Gesetz (Fn. 227), 425, 429.
Zu diesem Problem der „Kompatibilität von solidaritätsgeprägter Ordnung und rechtlicher Ordnung“ E. Denninger, Verfassungsrecht und Solidarität, KritV 1995, 7, 15. Siehe hierzu auch Habermas, Inklusion — Einbeziehen oder Einschließen? (Fn. 89), 154, 169.
Kirchhof, Der demokratische Rechtsstaat (Fn. 48), § 221, Rn. 17: „Die freiheitliche Demokratie baut auf die Unterscheidung zwischen den zur demokratischen Mitwirkung berechtigten Bürger und allen von der Staatsgewalt betroffenen Grundrechtsträgern. Der Bürger legitimiert die Staatsgewalt in dauernder Zugehörigkeit, der Betroffene mäßigt sie in gegenwärtiger Beschwer. Der Bürger nimmt in der Wahl Einfluss auf Handlungsprogramme und Handlungsberechtigte zukünftiger Staatspolitik und richtet dabei politische Herrschaft auf die Rechte und Anliegen der des Einzelnen aus; der Betroffene wehrt sich gegen eine Verletzung seiner Rechte durch den Staat und stärkt in der Summe der Einzelerfahrungen die gegenwärtige Freiheitlichkeit des Staates. Diese doppelte Freiheitssicherung durch Staatsvolk und Betroffene öffnet den demokratischen Rechtsstaat auch für die Freiheit des NichtStaatsangehörigen, schließt damit seine politische Ausgrenzung oder Entrechtung von vornherein aus.“
Siehe hierzu, insbesondere auch zur Einführung der Kategorie „Staatsbetroffene“, Gusy/ Ziegler, Der Volksbegriff des Grundgesetzes (Fn. 26), 222, 230 und 245; Wallrabenstein, Das Verfassungsrecht der Staatsangehörigkeit (Fn. 16), 139 ff.
Fisahn, Demokratie in Europa (Fn. 469), 131, 143.
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(2008). Abschied vom Begriff der Homogenität. In: Der Begriff der Homogenität in der Verfassungslehre und Europarechtswissenschaft. Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht, vol 198. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-79138-6_6
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