Zusammenfassung
Wenig scheinen Evolution und Politik, scheinen Evolutionsforschung und Politikwissenschaft miteinander zu tun zu haben. Was soll die Evolutionstheorie schon groß helfen, wenn es darum geht, Wahlergebnisse zu analysieren, Politikprogramme zu evaluieren oder politische Institutionen zu reparieren? Tatsächlich sehen das die meisten Politikwissenschaftler so. Sie halten evolutionstheoretische Betrachtungsweisen, zumal wenn sie den Naturwissenschaften nahestehen und nicht soziologische Umformungen auf den Spuren von Parsons, Eisenstadt oder Luhmann darstellen (vgl. Riegel 1995), für eine Verirrung, bestenfalls für einen Luxus politikwissenschaftlicher Arbeit (s. auch Goodin u. Klingemann 1996; Patzelt 2007a). Für ihre Position gibt es sogar gute Gründe – gegen ihre Position freilich auch. Welche sind das? Sie werden deutlich, wenn man sich die uns umgebende gesellschaftliche Wirklichkeit als einen Schichtenbau vorstellt: Seine höheren Schichten ruhen auf niedrigeren Schichten auf, alle Ebenen setzen einander, in starken vertikalen Wechselwirkungen, ihre Bestandsbedingungen und Prägefaktoren (Riedl 1985, S. 66–80; Patzelt 2007b); und durch Evolution sind sie alle miteinander verbunden.
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Patzelt, W. (2008). Evolution und Politik – Evolutionsforschung und Politikwissenschaft. In: Klose, J., Oehler, J. (eds) Gott oder Darwin?. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-77936-0_21
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