Auszug
Die Forderung nach religiöser Freiheit gehört zu den ältesten Freiheitsrechten überhaupt. Seit Beginn der Reformation Anfang des 16. Jahrhunderts führte die Glaubensspaltung in Europa immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen, die ihren Höhepunkt schließlich im 30-jährigen Krieg (1618–1648) fanden. Bis dahin war die religiöse Freiheit in Deutschland für den Einzelnen in keiner Weise gewährleistet. Beispielhaft für den Umgang mit der Religion war der Augsburger Religionsfriede von 1555, der u.a. bestimmte, dass die Untertanen dem Bekenntnis des Landesherren folgen müssen. 1648 enthielt der Westfälische Frieden einen ersten Ansatz religiöser Freiheit: Die Landesherren sollten das Bekenntnis ihrer Untertanen grundsätzlich dulden. Friedrich II „der Große“ verankerte schließlich Mitte des 18. Jahrhunderts die Religionsfreiheit in Preußen; das 1794 nach seinem Tod in Kraft getretene preußische Allgemeine Landrecht (ALR) sicherte den Bürgern die „vollkommene Glaubens- und Gewissensfreiheit“ zu. Auch die Paulskirchenverfassung enthielt mit den §§ 144 ff. umfängliche Gewährleistungen religiöser Freiheit ebenso wie eine Garantie der Gewissensfreiheit. Ohne historisches Vorbild ist hingegen die Weltanschauungsfreiheit, die im Grundgesetz das erste Mal zu finden ist.
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Literatur
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Literatur zur Drittwirkungsproblematik
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Leitentscheidungen zur Religionsfreiheit
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Leitentscheidungen zur Gewissensfreiheit
BVerfGE 28, 243 ff. (Dienstpflichtverweigerung); 69, 1 ff. (Kriegsdienstverweigerung II)
BVerwGE 105, 73 ff. (Teilnahme an Tierversuchen)
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Leitentscheidungen zur Drittwirkung
BVerfGE 7, 198 ff. (Lüth); 25, 256 ff. (Blinkfüer); 81, 242 ff. (Handelsvertreter); 89, 214 ff. (Bürgschaftsverträge).
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(2007). Religions-, Weltanschauungs- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG). In: Grundrechte. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-73808-4_7
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