Auszug
Der mittelbare Besitz hat sich aus der possessio des römischen Vermieters, Verpächters usw. entwickelt. Nach römischer Verkehrsanschauung stand die tatsächliche Sachgewalt nicht dem Mieter, Pächter, Verwahrer usw. zu, sondern dem Vermieter. Der Mieter hatte eine dem heutigen Besitzdiener vergleichbare Stellung. Dagegen betrachtete die germanische Verkehrsanschauung den Mieter usw. als Inhaber der tatsächlichen Gewalt. Mit der Rezeption stieß das römische Recht, das auf der römischen Verkehrsanschauung beruhte, mit der germanischen Verkehrsanschauung zusammen. Beide behielten im gemeinen deutschen Recht ihre Bedeutung. Die germanische Verkehrsanschauung setzte sich durch, indem man dem Mieter usw. die tatsächliche Gewalt zuerkannte. Er wurde possessorisch geschützt durch eine aus dem kanonischen Recht stammende actio ex canone, die „Spolienklage“. Der Vermieter, obwohl nicht mehr als Inhaber der Sachgewalt angesehen, behielt den römisch-rechtlichen Besitzschutz. Zu seinen Gunsten wurde eine Sachgewalt fingiert. Es gab somit einen zweifachen Besitz, den unmittelbaren Besitz kraft Verkehrsanschauung und den fiktiven mittelbaren Besitz kraft Geschichte. Das BGB hat diese Regelung im wesentlichen übernommen.
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Literatur
Vgl. Protokolle der 2. Kommission 3733 f.; 3946 (Mugdan 3, 515, 668).
Das gilt aber nicht für den Geschäftsführer ohne Auftrag, bevor der Geschäftsherr einen Besitzwillen gefaßt hat, vgl. mein Handbuch des Sachenrechts I § 6 II 5. Die gegenteilige Ansicht, die einen Besitzerwerb unabhängig vom Besitzwillen des Geschäftsherrn annimmt, beruft sich zu Unrecht auf RG 98, 131, 134; das Reichsgericht nimmt einen mittelbaren Besitz des Geschäftsherrn erst nach dessen Genehmigung an. Zur Stellvertretung im Besitzwillen vgl. oben § 4 IV 2 d.
Vgl. oben I 1.
Vgl. etwa Staudinger-Bund § 868 Rn. 23; J. vGierke § 6 I 2. Auch wenn kein Herausgabeanspruch besteht, kann mittelbarer Besitz gegeben sein, vgl. Wieling, Handbuch Sachenrecht § 6 II 3 a, b.
Vgl. Motive 3, 99; Protokolle der 2. Kommission 6071 (Mugdan 3, 516 f.); E. Wolf § 2 B II b 4; BGH NJW 1955, 499.
Vgl. oben § 4 IV 2 a, b.
Vgl. dazu mein Handbuch des Sachenrechts I § 6 III 2 a.
Vgl. etwa Palandt-Bassenge § 870 Rn. 1.
Vgl. oben § 4 II 2 b.
Vgl. O. vGierke § 115 IV 2 b.
So zutreffend O. vGierke § 115 IV 2 d.
Vgl. §§ 1007 III, 940 II.
Vgl. Westermann-Gursky § 19 II 1; Wolff-Raiser § 15 II 1 c.
RG 135, 75 ff.; 138, 265 ff.; der BGH folgt dem Reichsgericht, vgl. etwa BGH 28, 27; BGH NJW 1979, 2037.
Zustimmend z.B. E. Wolf § 2 B III c 3; MünchenerK-Joost § 868 Rn. 20; Westermann-Gursky § 19 II 4.
So z.B. auch Wolff-Raiser § 15 II 2; Baur-Stürner § 52 Rn. 24; Medicus, BürgR Rn. 558; Weber, JuS 1999, 5.
Vgl. unten § 9 IV 1 b; § 10 III 4 d.
Vgl. oben § 5 III 1 b.
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(2007). Mittelbarer Besitz. In: Sachenrecht. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-37404-6_6
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