Auszug
Über den Ausdruck favor libertatis in den Texten der klassischen römischen Juristen habe ich in den letzten Jahren einige Aufsätze veröffentlicht1. Die meisten Juristentexte betreffen das römische Freilassungsrecht. Darüber habe ich in Trier im Rahmen des Graduiertenkollegs über Sklaverei einen Vortrag gehalten, den unsere verehrte Kollegin Frau Elisabeth Herrmann-Otto kurz danach in einem schönen Sammelband herausgegeben hat2. Vor kurzem publizierte die Bareser Romanistin Pia Starace eine Monographie über den favor libertatis und den statuliber3, die ich erst nach dem Trierer Symposium durch die Freundlichkeit der Verfasserin zur Kenntnis nehmen konnte. In meinen erwähnten Abhandlungen habe ich feststellen können, das die klassischen Juristen von Javolen bis Ulpian in 31 uns überlieferten Fragmenten4 die Worte favor libertatis auf zweierlei Weise benutzt haben. Entweder legten die Juristen dar, daß eine für Sklaven günstige Regelung auf Grund des Prinzips der Begünstigung der Freiheit von den Juristen akzeptiert worden war, oder sie wendeten den favor libertatis an als Argument einer für Sklaven günstigen Entscheidung. Der favor libertatis war in solchen Fällen der Grund, der zur Annahme einer solchen Entscheidung geführt hat, oder er war das Argument, auf das der Jurist eine neue von ihm vorgeschlagene, für Sklaven günstige Lösung gegründet hat.
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References
H. Ankum, L’espressione „favor libertatis“ nelle opere dei giuristi classici Romani, Revista de Direitos Difusos 23 (2004), 3237–3255, und L’expression favor libertatis dans les travaux des juristes classiques romains, in: Liber Amicorum Juan Miquel, Estudios romanisticos con motivo de su emeritazgo, Barcelona 2006, 45–78.
H. Ankum, Der Ausdruck favor libertatis und das klassische römische Freilassungsrecht, in: E. Herrmann-Otto (Hrsg.), Unfreie Arbeits-und Lebensverhältnisse von der Antike bis in die Gegenwart, Hildesheim u. a. 2005, 82–100.
P. Starace, Lo „statuliber“ e lL’adempimento fittizio della condizione. Uno studio sul „favor libertatis“ fra tarda Repubblica ed età antonina, Bari 2006.
Zwei Digestentexte, nämlich D. 29, 2, 71 pr. und D. 40, 12, 30, habe ich als interpoliert beiseite gelassen.
T. Honoré, Emperors and Lawyers, 2. Aufl., Oxford 1994, 73 und 128.
Honoré, Emperors (Anm. 5), 73 und 128–130.
Zu diesem Text P. Voci, Diritto ereditario romano II, 2. Aufl., Milano 1963, 434.
Mit Recht spricht Starace, statuliber (Anm. 3), 51, in diesem Zusammenhang von einem “criterio ormai largamente condiviso e applicatoL”.
Hierzu Honoré, Emperors (Anm. 5), 143 und 163–181.
So Honoré, Emperors (Anm. 5), 163.
Zu diesem Text W. W. Buckland, The Roman Law of Slavery, Cambridge 1908, 641, und J. J. Brinkhof, Een Studie over het ‘Peculium’ in het klassieke Romeinse recht, Dissertation Nimwegen, Meppel 1978, 143; M. Käser, Das Römische Privatrecht II, 2. Aufl., München 1975, 132, und Starace, statuliber (Anm. 3), 53.
Zu diesem Reskript M. Amelotti, La prescrizione delle azioni in diritto Romano, Milano 1958, 122–124, 126 f. und 244; ders., Per l’interpretazione della legislazione privatistica di Diocleziano, Milano 1960, 1, 121 und 123; D. Nörr, Die Entstehung der longi temporis praescriptio. Studien zum Einfluß der Zeit im Recht und zur Rechtspolitik in der Kaiserzeit, Köln u. a. 1969, 81, 83, 88 und 105; M. Käser, Das Römische Privatrecht I, 2. Aufl., München 1971, 293 und 424, sowie Starace, statuliber (Anm. 3), 53 f.
Honoré, Emperors (Anm. 5), 178, erwähnt unser Reskript unter den Konstitutionen, welche “look like his [er meint: Hermogenians] work”.
Vgl. Nörr, praescriptio (Anm. 13), 104 f.
Nörr, praescriptio (Anm. 13), 105.
Ein Beispiel einer solchen causa findet man in der Konstitution Konstantins CTh. 4, 8, 7, nach der die Kinder einer Sklavin und eines freien Vaters, in dessen Hause sie lebten, die Freiheit nur erwerben, wenn der Vater sie vom dominus der Mutter gegen eine Geldsumme gelöst hat; vgl. Kaser, Privatrecht II (Anm. 12), 133 Anm. 28.
Vgl. T. Honoré, Tribonian, London 1978, VIII und 47 f.
Vgl. C. Russo Ruggieri, Studi sulle ‘Quinquaginta decisiones’, Milano 1999, 37 und 44 f.
Honoré, Tribonian (Anm. 19), 20 und 106–108.
Zu dieser Voci, DER II (Anm. 8), 429; G. Impallomeni, Le manumissioni mortis causa. Studi sulle fonti autoritative romane, Milano 1963, 214, 256 und 258; K.-H. Schindler, Justinians Haltung zur Klassik. Versuch einer Darstellung an Hand seiner Kontroversen entscheidenden Konstitutionen, Köln u. a. 1966, 124–126; H. J. Wieling, Testamentsauslegung im römischen Recht, München 1972, 232 f.; Kaser, Privatrecht II (Anm. 12), 85 und 136, und Starace, statuliber (Anm. 3), 51 f.
Schindler, Justinians Haltung (Anm. 22), 126.
Zur humanitas bei Justinian F. B. J. Wubbe, L’humanitas de Justinien, TR 58 (1990), 249–262 [= ders., lus vigilantibus scriptum. Ausgewählte Schriften, P. Pichonnaz (Hrsg.), Freiburg 2003, 441–452]; vgl. über die Wirkung der humanitas in unserem Text 255 bzw. 450.
Zu diesem Text Voci, DER II (Anm. 8), 434; Impallomeni, manumissioni (Anm. 22), 213 f.; Schindler, Justinians Haltung (Anm. 22), 313–316; Kaser, Privatrecht I (Anm. 13), 294; Wieling, Testamentsauslegung (Anm. 22), 231 f.; Kaser, Privatrecht II (Anm. 12), 225 und 487, sowie Starace, statuliber (Anm. 3), 49–51.
Das Bestehen eines solchen Streites in klassischer Zeit wird wieder verneint von Schindler, Justinians Haltung (Anm. 22), 314–316.
Dieses übersieht Schindler, Justinians Haltung (Anm. 22), 314, wenn er schreibt: „Weiter ist es überraschend, daß der eigentliche Fall, der die Konstitution veranlaßt hat und die Erbeinsetzung des Sklaven sine libertate und die Anordnung eines Legats betraf, dessen Objekt der zum Erben eingesetzte Sklave ist, gar nicht mehr erörtert und entschieden wird“.
Zur Bedeutung des Wortes humanius in unserem Text Wubbe (Anm. 24), 253 bzw. 447.
Hierzu Impallomeni, manumissioni (Anm. 22); Kaser, Privatrecht II (Anm. 12), 548, und Starace, statuliber (Anm. 3), 52.
Zur Bedeutung des humanitatis intuitus in § 2b Wubbe (Anm. 24), 258 bzw. 454.
Das hat schon Schilling gesehen. Dieser Autor schreibt in: C. E. Otto/ B. Schilling/ C. F. F. Sintenis (Hrsgg.), Das Corpus Juris Civilis in’s Deutsche übersetzt von einem Vereine Rechtsgelehrter V, Leipzig 1832, 479 Anm. 111: „Nach einem Jahre stehen die directae libertates ipso jure zu, den fideicommissweise freigelassenen Sclaven wird aber dann zwar ebenfalls die Freiheit durch dieses Gesetz ertheilt, aber so, dass der Erbe, welcher sie eigentlich hätte freilassen sollen, nach Entscheidung des Erbschaftsprozesses ihr Patron wird“.
Honoré, Tribonian (Anm. 19), 232–236.
Eine wichtige Ausnahme war immer der Fall (vgl. Gaius 2, 186), daß die Freilassung eines eigenen Sklaven der heredis institutio vorangehen durfte.
Wahrscheinlich ist Tribonian derjenige, der diesen Text geschrieben hat, vgl. Honoré, Tribonian (Anm. 19), 190.
Diese Übersetzung stammt aus O. Behrends/ R. Knütel/B. Kupisch/ H. H. Seiler (Hrsgg.), Corpus Iuris Civilis, Text und Übersetzung I, Institutionen, 2. Aufl., Heidelberg 1997, 117.
Vgl. Ankum, in: Unfreie Arbeits-und Lebensverhältnisse (Anm. 2), 83–87, und ders., in: Liber Amicorum J. Miquel (Anm. 1), 49–55.
Vgl. Ankum, in: Unfreie Arbeits-und Lebensverhältnisse (Anm. 2), 87–97, und ders., in: Liber Amicorum J. Miquel (Anm. 1), 55–74.
A. Wacke, Der Favor Libertatis: Skizze eines Forschungsvorhabens, in: Vorträge gehalten auf dem 28. Deutschen Rechtshistorikertag Nimwegen 23.–27. September 1990, Nijmegen 1992, 21 f.
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Ankum, H. (2006). Der Ausdruck favor libertatis in den Konstitutionen der römischen Kaiser. In: Finkenauer, T. (eds) Sklaverei und Freilassung im römischen Recht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-36955-4_1
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