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Die interaktive Reproduktion von Rassismus

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Book cover Rassismus wider Willen
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Zusammenfassung

Als Verhältnis sozialer Ungleichheit könnte man Rassismus fast in jedem sozialen Zusammenhang untersuchen. Zwei Überlegungen verweisen auf den Interessenschwerpunkt „Mikrosoziale Interaktion“. Zum einen bleibt Rassismus stark von symbolischer Reproduktion abhängig.

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Notes

  1. 1.

    Damit folge ich einem Argument aus der Konfliktforschung: Bei Drittpartei-Interventionen in ethno-politischen Konflikten wählt man als Zielgruppe bevorzugt Intellektuelle, BeraterInnen und Stabsangehörige, die nicht ständig unter dem Druck der öffentlichen Meinung stehen, die aber dennoch einflussreich sind.

  2. 2.

    Eder kritisiert die Undifferenziertheit von Bourdieus Konzept des symbolischen Kampfes und verweist darauf, dass das Aufbrechen symbolischer Verschleierung nicht notwendigerweise „die Freisetzung schöpferischer Kräfte implizieren würde. Das Gegenteil ist genauso möglich (der Faschismus hat ein historisches Exempel in dieser Hinsicht statuiert!)“ (1989: 10).

  3. 3.

    Das heißt nicht, dass Dominante nicht auch Erfahrung mit Rassismus sammeln. Diese zeigt sich z.B. an der zwischen den antirassistischen Gruppen und den Kontrastgruppen deutlich verschiedenen Kompetenz, Rassismen zu erkennen und mit ihnen umzugehen. Jedoch sammeln Dominante diese Erfahrung unter anderen Bedingungen: Sie können kontrollieren, in welchem Ausmaß sie sich mit Rassismus auseinander setzen, während die Dominierten zwangsläufig und anhaltend mit Rassismus konfrontiert sind.

  4. 4.

    So lässt es sich erklären, wenn schwarze Deutsche, deutsche JüdInnen oder assimilierte Kinder von MigrantInnen sensibler auf Rassismus reagieren als z.B. Menschen, die als Erwachsene migriert sind. Meist wird darauf verwiesen, dass ihnen der lebensweltliche Bezug zu einer sie stabilisierenden Community fehlt. Es sollte aber nicht unterschätzt werden, dass sie vermehrt Rassismus erleben, weil sie Situationen genauer einschätzen und so auch subtile Ungleichbehandlung als rassistisch einordnen können.

  5. 5.

    An dieser Stelle danke ich nochmals herzlich María del Mar Castro Varela (Psychologin, Pädagogin, promoviert in Politologie), die alle Gruppendiskussionstranskripte gegenlas. Gerade was die rassismusrelevante habituelle übereinstimmung der Gruppen angeht, bestätigten und erweiterten ihre Zusammenfassungen meine Analyse deutlich.

  6. 6.

    Der Begriff der sozialen Schließung verweist auf dieses Phänomen, suggeriert aber meines Erachtens noch zu viel „Aktivität“ auf Seiten der Schließenden und wäre daher zwischen der habituellen übereinstimmung und der Bildung sozialer Gruppen anzusiedeln.

  7. 7.

    In ähnlicher Weise untersucht auch die objektive Hermeneutik die „Sinnstruktur eines Textes in einer bestimmten Sprach- und Interaktionsgemeinschaft“ (Reichertz 1997: 31).

  8. 8.

    Bourdieu betont die Feldspezifik des Habitus (1992: 115). Giesen verweist darauf, dass soziale Konstruktionen in Abhängigkeit von spezifischen Kommunikationssituationen reproduziert werden. „Symbolische Kommunikationen erhalten ihre Bedeutung nicht nur aus der allgemeinen Logik der Codierung, sondern auch aus dem Bezug auf die jeweils vorhandenen lokalen Gegebenheiten, die als offensichtlich und selbstverständlich bei jeder Kommunikation vorausgesetzt werden“ (Giesen 1999: 69).

  9. 9.

    In der Trainergruppe, der linksradikalen Gruppe und der feministischen Kontrastgruppe wurden ein Setting und kaum ausformulierte Rollenbündel vorgegeben.

  10. 10.

    In der linksradikalen Gruppe und der Trainergruppe übernahmen alle eine Rolle. Zum Teil handelte es sich aber um Beobachtungsrollen.

  11. 11.

    An dieser Stelle danke ich nochmals herzlich Gregor Ohlerich, Diana Wallow und Ulrike Höppner, die unter teilweise erheblichem Zeitaufwand und mit geringfügiger Aufwandsentschädigung zum Erfolg der empirischen Erhebung beitrugen.

  12. 12.

    Ein Vergleich mit rassistisch dominierten Gruppen wäre sicherlich interessant, hätte aber den Rahmen dieses Projektes gesprengt.

  13. 13.

    Die dokumentarische Methode wurde zwar noch nicht auf das Problem des Rassismus angewandt. In jüngster Zeit mehren sich aber die Veröffentlichungen zur Migrationslagerung von Jugendlichen türkischer Herkunft vor (Bohnsack und Nohl 1998; Nohl 2001; Schittenhelm 2001, im Erscheinen) und in der Migrationsforschung existieren einige Studien, die sich auf den Bourdieu'schen Habitusbegriff beziehen (Barlösius 1998; Bröskamp 1993; Bentley 1987). Bröskamp kritisiert, dass die Migrationsforschung MigrantInnen auf ihre Migrationslagerung reduziere und dass sie Ethnisierung meist einseitig bei den MigrantInnen, also nicht bei den rassistisch Dominanten beobachte (1993: 178f).

  14. 14.

    Für die von Moreno (1988) systematisch entwickelte Variante des Rollenspiels, das Psychodrama, existieren allein in Deutschland diverse konkurrierende Ausbildungsinstitute und eine Fachzeitschrift dieses Namens. Auch für antirassistische und kulturübergreifende Workshops gehören Rollenspiele (Heppekausen 1995; Mullavey- O'Byrne 1994) und andere kreative Methoden (Stepakoff 1997) zum Standard. Dass die Methode des Rollenspiels auf „spielerische“ und pädagogische Anwendungen verweist, ist jedoch für manche Zielgruppen problematisch. Zum Beispiel stieß die Methode bei der linksradikalen Gruppe auf erhebliche Vorbehalte.

  15. 15.

    Interessant, aber kaum zugänglich ist die Diplomarbeit von Rieker (1986).

  16. 16.

    Ein ausgezeichnetes Beispiel ist Spülbeck (1997) über Antisemitismus in einem ostdeutschen Dorf.

  17. 17.

    Für eine Diskussion der Gültigkeit der Daten aus teilnehmender Beobachtung siehe Zelditch in Hopf und Weingarten (1979: 119ff).

  18. 18.

    Bei Geertz ist der interessierende Gegenstand Kultur „keine Instanz, der gesellschaftliche Ereignisse, Verhaltensweisen, Institutionen oder Prozesse kausal zugeordnet werden könnten. Sie ist ein Kontext, ein Rahmen, in dem sie verständlich – nämlich dicht – beschreibbar sind“ (1987: 21). Die „dichte“ Beschreibung macht die Kultur, also den Rahmen für gesellschaftliche Ereignisse und Prozesse nachvollziehbar: „Kurz, ethnologische Schriften sind selbst Interpretationen und obendrein solche zweiter und dritter Ordnung. (…) Sie sind Fiktionen und zwar in dem Sinn, dass sie ‚etwas Gemachtes‘sind, ‚etwas Hergestelltes‘(…) nicht in dem Sinne, dass sie falsch wären, nicht den Tatsachen entsprächen oder bloße Als-ob-Gedankenexperimente wären. (…) Die Aufmerksamkeit, die eine ethnographische Erklärung beanspruchen kann, beruht nicht auf der Fähigkeit des Autors, simple Fakten an entlegenen Orten einzusammeln (…), sondern darauf, inwieweit er zu erhellen vermag, was sich an derartigen Orten ereignet, und die Rätsel zu lösen weiß (…), die befremdliche Handlungen in unbegriffenen Zusammenhängen zwangsläufig hervorrufen“ (Geertz 1987: 22f).

  19. 19.

    Bei dieser pathologisierenden Formulierung ist anscheinend auch den Autoren nicht ganz wohl, weswegen sie noch im selben Absatz den unspezifischen Appell formulieren: „Man muss diese Erfahrungen der Juden ernst nehmen.“

  20. 20.

    Bei Fokusgruppen werden z.B. etwa 20 Personen mit den interessierenden Eigenschaften eingeladen, damit eine Diskussion mit 8 TeilnehmerInnen stattfinden kann (Lamnek 1998). Dieses Erhebungsverfahren ermöglicht sehr viel kürzere Vorlaufzeiten, erzeugt aber eine künstliche Erhebungssituation, die ich vermeiden wollte. Für die dokumentarische Methode nach Bohnsack (1999) ist eine lange Feldphase notwendig. Hier werden oft Kleinstgruppen ab drei Personen untersucht.

  21. 21.

    Das multikulturelle Paradigma fokussiert das Zusammenleben unterschiedlicher ethnischer Gruppen, läuft aber Gefahr, diese zu essenzialisieren. Im antirassistischen Paradigma wird hingegen die Herrschaft von Weißen über Schwarze kritisiert. Für einen differenzierteren überblick siehe Philip Cohen (1994: 19ff).

  22. 22.

    Ein kleines „x“ verweist darauf, dass dieser Schwerpunkt weniger stark ausgeprägt ist.

  23. 23.

    Möglicherweise handelt es sich auch um die von der feministischen und der stadtpolitischen Gruppe angesprochene Solidarisierung zwischen sexistisch und rassistisch Dominierten.

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© 2013 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Weiß, A. (2013). Die interaktive Reproduktion von Rassismus. In: Rassismus wider Willen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93342-9_3

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