Zusammenfassung
In Ländern, in denen sich politische Parteien auf mehreren Ebenen eines föderalen oder dezentralen politischen Systems eigenständig konstituieren, beeinflussen Wahlen, aber auch sach- und personalpolitische Entscheidungen einzelner Parteien auf der einen Ebene regelmäßig die Entwicklung der Partei oder des gesamten Parteienwettbewerbs auf anderen Ebenen. Das Parteiensystem der Bundesrepublik mit ihren vielfältigen Verschränkungen von Bundesparteien und Landesverbänden bietet hierfür zahlreiche Beispiele. So war die Karriere von Gerhard Schröder maßgeblich mit der parteiinternen Bewertung von den Wahlausgängen in zwei Bundesländern verknüpft. In Niedersachsen entschied sich in Folge des dortigen Landtagswahlergebnisses im Frühjahr 1998, dass der amtierende niedersächsische Ministerpräsident Schröder und nicht sein saarländischer Amtskollege und Parteivorsitzender Oskar Lafontaine Kanzlerkandidat der SPD wurde. Nicht zuletzt aufgrund der von Gerhard Schröder behaupteten Verknüpfung zwischen dem Wahlergebnis seiner Partei und seinem Anspruch auf die Kanzlerkandidatur konnte die SPD ihren Stimmenanteil in Niedersachsen von 44,3 % bei der Wahl 1994 auf 47,9 % steigern und damit die absolute Mehrheit der Sitze im Hannoveraner Landtag deutlich ausbauen (Thaysen 2004: 288). Schröders selbstgesteckte Hürde zur Aufrechterhaltung seiner parteiinternen Kandidatur – nicht mehr als zwei Prozentpunkte gegenüber der Wahl vier Jahre zuvor zu verlieren – wurde damit bei weitem übertroffen. Dies leitete den Entfremdungsprozess zwischen Oskar Lafontaine und der SPD der „neuen Mitte“ Gerhard Schröders ein, die dann in der Gründung einer neuen Linkspartei im Jahr 2005 bzw. 2007 resultierte. Das Ende der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder ist wiederum mit dem Ausgang einer Landtagswahl verknüpft. Am Abend der Niederlage der SPD bei der Landtagswahl 2005 in Nordrhein-Westfalen, nach Herbert Wehner die „Herzkammer“ der Sozialdemokraten (Andersen und Bovermann 2004: 312 f.; Hille 2007), kündigte Bundeskanzler Schröder an, eine vorzeitige Neuwahl des Bundestages anzustreben, die dann schließlich zur Niederlage von SPD und Grünen auf der Bundesebene führten.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Rights and permissions
Copyright information
© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Bräuninger, T., Debus, M. (2012). Parteienwettbewerb in Mehrebenensystemen. In: Parteienwettbewerb in den deutschen Bundesländern. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93226-2_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93226-2_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-18101-1
Online ISBN: 978-3-531-93226-2
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)