Zusammenfassung
Objektivität ist das Ziel aller unserer Erkenntnisbemühungen. Was als objektiv gelten kann, ist unumstößlich und fordert Anerkennung. Im Alltag unserer Erfahrung brauchen wir dieses Attribut vielleicht gar nicht. Eine Wand ist eine Wand; und wer mit dem Kopf durch die Wand will, will Unmögliches. Aber nicht alles, was für uns unumstößlich ist, hat die materielle Qualität einer Wand. Wir wissen aus der Geschichte der Wissenschaften, besonders der Philosophie, dass es so einfach nicht ist festzustellen, wann etwas dieses Attribut beanspruchen kann. In den modernen Wissenschaften hat man dieses allgemeine Attribut durch ein spezifisches ersetzt: Als objektiv gilt, was empirisch erwiesen ist. Man hat die entsprechenden Verfahren auch in den Sozialwissenschaften angewandt, aber ist dabei, wie ich meine, einer sprachlich bedingten Täuschung erlegen. Man nennt die empirischen Wissenschaften auch Erfahrungswissenschaften – eine wörtliche Übersetzung. In den modernen Wissenschaften gilt aber nun keineswegs als empirisch dasjenige, was der Erfahrung im allgemeinsten Sinn entspricht. Empirisch heißt hier: Experimente zu machen und diese Experimente zu beobachten, die dann als gültig angesehen werden, wenn sie sichtbar gemacht werden können. Man muss die Ergebnisse sehen können, entweder optisch – in Umrissen, Schwingungen, Kurven – oder dann in den niedergeschriebenen Zahlen und Zahlenverhältnissen. In Kurzform tun dies auch die Interviews der empirischen Soziologie. Sie machen etwas lesbar und sichtbar. Empirie in diesem Sinn ist also durch zwei Bedingungen gegeben, einmal das Experiment (im weiteren Sinne), und zum anderen das Auge.
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Literatur
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Korte, N. (2011). Die unsichtbare Objektivität der Grenze. In: Korte, N. (eds) Grenzgänger und Grenzgänge. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92868-5_12
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