Zusammenfassung
Immer wenn Globalisierung zum Gegenstand in pädagogischen Zusammenhängen gemacht wird, finden Repräsentationen der Weltverhältnisse und der Beziehungen darin statt. Pädagogisch Handelnde besitzen in diesen Prozessen eine spezifische Repräsentationsmacht, weil sie es in der Hand haben, das Material auszuwählen, anhand dessen die an Bildungsprozessen Beteiligten die Globalisierung betrachten werden. Auswahlverfahren und Zugänglichkeit dieses Materials spiegeln selbst die globalisierten Machtverhältnisse wider. Was nahe liegt und erreichbar ist, wird meistens das sein, das auf dem Markt gut verfügbar geworden ist, also eine Vermarktung erfahren hat, die es sichtbar und erwerbbar macht. Schon dadurch ist pädagogische Arbeit in den Markt involviert, und auch globalisierungskritische Bildungsansätze können ihren Gegenstand nicht von außen kritisieren. Sie sind in global-kapitalistische Verhältnisse integriert, aus denen auch eine noch so radikal-kritische Bildungsarbeit nicht heraus führt. Sichtbar zu machen, wie eigene Verstrickungen in Strukturen aussehen, die für ungerecht gehalten werden, wirkt sich aus auf die Beziehungen von Lehrenden und Lernenden. Lehrende können nicht aus einer überlegenen, aufgeklärten Position heraus sprechen, sondern stoßen selbst auf die strukturellen gesellschaftlichen Grenzen, die sie zu reflektieren beanspruchen. Es handelt sich um Grenzen, die damit zu tun haben, dass die Beteiligten in Bildungsprozessen selbst von den bestehenden Verhältnissen relativ profitieren oder unter diesen Verhältnissen Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren. Geht es um Sichtweise auf globale Zusammenhänge, taucht neben dem Repräsentationsproblem die Frage nach den eigenen Weltbildern auf. Mit dem Begriff der Projektion soll auf eine Praxis der Verlagerung eigener Sehnsüchte und Ängste auf eine Gruppe von Anderen, Fremden und/oder territorial Entfernten aufmerksam gemacht werden. Projektionen dienen der eigenen Entlastung durch eine eindeutige Identifizierung Anderer. Beide Problemdimensionen verschränken sich, wenn Globalisierung zu einem Gegenstand von Bildung wird.
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Messerschmidt, A. (2011). Beziehungen in geteilten Welten – Bildungsprozesse in der Reflexion globalisierter Projektionen und Repräsentationen. In: Bilstein, J., Ecarius, J., Keiner, E. (eds) Kulturelle Differenzen und Globalisierung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92859-3_12
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