Zusammenfassung
Wenn die Veranstalter der XXVI. Jahrestagung des Deutsch-Franzö sischen Instituts einen Titel wählen wie: „Frankreichs gegenwärtige Geschichte – Nationale Dimension, universeller Anspruch?“, dann lesen wir Franzosen darin natürlich eine unmissverständliche Aufforderung zur gründlichen Gewissensprüfung. Weichen wir dieser Aufforderung nicht aus, denn sie bietet uns die Gelegenheit, vor der eigenen Tür zu kehren und uns auf ein kritisches Nachdenken einzulassen, das einem durchaus gerechtfertigten Anliegen entspringt. Die engsten Freunde bzw. Bündnispartner Frankreichs sind immer wieder ein wenig irritiert, ja verblüfft angesichts eines Anspruches, der zwar jahrhundertealt, deswegen aber keinesfalls weniger widersprüchlich ist: Unsere Nation hat einen unwiderstehlichen Drang, für sich gleichzeitig sowohl die berühmte exception française zu beanspruchen, als auch die weltweite Tragkraft und Gültigkeit ihrer Botschaft hervorzuheben; der Stolz, den sie aus ihrer Besonderheit bezieht, steht neben ihrer Entschlossenheit, sich für die allgemeingültige Verbreitung ihrer Ansprüche einzusetzen; sie beruft sich gerne auf die eigenen historischen Zufälligkeiten und weist diesen gleichzeitig eine weltweit gültige Vorbildfunktion zu. Wie konnte es dazu kommen, dass diese französische Nation, die doch per defi nitionem nicht mehr ist als eine Nation unter vielen anderen, zur grande nation aufsteigen konnte, zur Nation nec pluribus impar, wie es die fast anmaßende Devise von Ludwig XIV. postulierte, – und dass es ihr nie gelungen ist, weder in ihren eigenen Augen noch im Blick der anderen, dieses Selbstverständnis hinter sich zu lassen?
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© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Kriegel, B. (2011). Geschichte und Politik im französischen Staatsrecht. In: Baasner, F., et al. Frankreich Jahrbuch 2010. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92801-2_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92801-2_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17983-4
Online ISBN: 978-3-531-92801-2
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