Zusammenfassung
Der Aufstieg der totalitären Parteien ist Gegenstand zahlreicher soziologischer Untersuchungen. Einige stellen die ökonomischen Klassenverhältnisse in den Vordergrund und schreiben die totalitären Bewegungen entweder einer Gruppe verzweifelter Kapitalisten oder dem Kleinbürgertum zu. Diese Interpretationen sind unzureichend, weil sie den politischen Rahmen unberücksichtigt lassen, in dem erst ökonomische Konflikte ihre revolutionäre Kraft entfalten. Unter den politischen Gruppierungen, die einen maßgeblichen Anteil an der Zerstörung von Rechtsstaatlichkeit hatten, spielte das Militär eine beträchtliche Rolle – in den einzelnen totalitären Staaten auf jeweils unterschiedliche Weise. In Spanien war die Armee die zentrale Kraft, um die Gegner einer fortschrittlichen Demokratie zu organisieren und sie zu einer revolutionären faschistischen Bewegung zusammenzuführen. In Frankreich waren es Gruppierungen unter den Berufssoldaten, insbesondere die Offiziere des aktiven Heeres, die zunächst eine Intervention in Spanien und schließlich die Verteidigung Frankreichs selbst sabotierten; die moralische Gesinnung in den obersten Rängen, der lauwarme Patriotismus, den man hier einer fortschrittlichen, sozialen Demokratie entgegenbrachte, haben ohne Zweifel zur Niederlage beigetragen. Diese Gruppierungen, zu einem großen Teil von feudaler Herkunft und royalistischem Geist, hatten ihre Abneigung gegen die Einrichtungen der Demokratie in einen faschistischen Hass gegen alle für Reform und Fortschritt eintretenden Parteien verwandelt. Zwar gaben sie Frankreich gegenüber Hitler den Vorzug – aber Hitler gegenüber Léon Blum Diese politische Opposition überschattete ihr Standesbewusstsein und ihre Berufsehre. 1 In Deutschland hat das Militär, teils im Geheimen und teils offen, alle nationalistischen und republikfeindlichen Bewegungen unterstützt, die einen militärischen Aufstand gegen den Vertrag von Versailles befürworteten.
Albert Salomon, „The Spirit of the Soldier and Nazi Militarism“. In: Social Research 9, 1942,S. 82-103. Übersetzt von Peter Gostmann und Dorte Huneke.
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Gostmann, P., Härpfer, C. (2010). Soldatischer Geist und Nazi-Militarismus. In: Gostmann, P., Härpfer, C. (eds) Albert Salomon Werke 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92596-7_1
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