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Einleitung

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Zusammenfassung

Der 3. Oktober 1999 markierte in der Entwicklung des österreichischen Parteiensystems einen Wendepunkt. Am Abend des Tages der österreichischen Nationalratswahl stand fest, dass die FPÖ unter ihrem Spitzenkandidaten Jörg Haider mit 26,9 % der abgegebenen gültigen Stimmen die christlich-konservative ÖVP in der Wählergunst knapp überrundet hatte und – nur noch einige Prozentpunkte hinter der sozialdemokratischen SPÖ – zweitstärkste Partei geworden war. Dieser Wahlsieg bildete den Schlussstein in einer Reihe von Erfolgen, die die in den 1970er Jahren noch als liberal geltende Fünf-Prozent-Partei FPÖ seit der Übernahme des Vorsitzes durch Haider 1986 zu einer der stimmstärksten rechtspopulistischen Formationen in Westeuropa gemacht hatten. Die Diskussion über die unmittelbaren Ursachen des Erfolgs – die langjährige „Große Koalition“ zwischen SPÖ und ÖVP, das starre „Proporzsystem“ in Österreich, die erfolgreiche Mobilisierung der FPÖ gegen Einwanderung und EU-Integration (Pelinka 2002: 282ff) – verdeckte schnell eine fundamentale strukturelle Veränderung in der österreichischen Wählerschaft (Luther 2000: 430ff): Das einst kleinbürgerlich geprägte Elektorat der FPÖ hatte sich grundlegend gewandelt. Die Stimmanteile der Partei in der Arbeiterschaft waren sukzessive von 10 % im Jahr 1986 auf 47 % gestiegen (Plasser/Ulram 2000: 232). In diesem Wählersegment hatte die rechtspopulistische Partei der SPÖ deutlich den Rang als stärkste Partei abgelaufen. Es waren weniger die älteren, zumal gewerkschaftsgebundenen Arbeiter mit Anbindung an das traditionelle Milieu, sondern die jungen, männlichen, bisher ungebundenen blue collar workers ohne Gewerkschaftsmitgliedschaft, die Haider maßgeblich zu diesem Sieg verhalfen (Pelinka 2002: 285f). Der spätere SPÖ-Vorsitzende und Kanzler Alfred Gusenbauer versuchte die Hinwendung dieser Bevölkerungsteile zu Haider und der FPÖ in einem Interview mit der Wochenzeitung „Freitag“ wie folgt zu klären: „Es gibt bei bestimmten Arbeitnehmergruppen eine tiefe Verunsicherung wegen der Globalisierung – und schließlich das Gefühl, die klassische Sozialpolitik deckt nicht die ganze, neu entstehende Realität ab. Viele Arbeiter sehen ein Gerechtigkeitsloch“ (zitiert in Mappes-Niediek 2000). Weshalb die jüngeren Arbeitermilieus angesichts modernisierungsinduzierter sozialer Probleme bei der Nationalratswahl eine aggressiv-fremdenfeindliche Partei wählten, vermochte Gusenbauer in diesem Interview nicht zu erklären.

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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH

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Spier, T. (2010). Einleitung. In: Modernisierungsverlierer?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92496-0_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92496-0_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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