Zusammenfassung
Der Zusammenhang zwischen Kriminalität und Migration ist nicht nur Gegenstand kriminologischer Forschung, sondern auch Thema öffentlicher sowie politischer Debatten, die insbesondere zu Wahlkampfzeiten immer wieder neu entfacht werden. Die Kombination beider Themenkomplexe polarisiert und trennt politische Lager voneinander. Die Aussicht, auf diese Weise Wählerstimmen zu gewinnen, ist nicht gerade gering, da die Einstellungen der Bevölkerung in Deutschland eine deutliche Tendenz aufweisen.1 Die Instrumentalisierung der beiden Themen zu politischen Zwecken birgt jedoch die Gefahr, dass dabei das Niveau von Vorurteilen nicht übertroffen wird. Die Rede von „den Ausländern“ und „der Ausländerkriminalität“ wird der Komplexität der Thematik nicht gerecht, sondern erzeugt ein stereotypes Bild von Migranten als eine homogene Gruppe und ignoriert dabei die Vielfalt von Migranten in Bezug auf Sozialstruktur und Migrationsbedingungen sowie die soziale und kulturelle Integration in das Aufnahmeland. Darüber hinaus verweisen derartige Begriffsbildungen nicht nur auf soziale Probleme, sondern defi nieren diese auch. Dies hat zur Folge, dass in Bezug auf bestimmte vermeintliche Problemgruppen eine Erwartungshaltung gegenüber einer (empirischen) Bestätigung des als problematisch defi nierten Sachverhalts erzeugt wird (Walter/Kubink 1993; Pilgram 1993).
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Naplava, T. (2010). Jugenddelinquenz im interethnischen Vergleich. In: Dollinger, B., Schmidt-Semisch, H. (eds) Handbuch Jugendkriminalität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92131-0_16
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