Zusammenfassung
Diskursanalytische Ansätze Foucaultscher Provenienz, aber auch an Jacques Derridas Philosophie der Dekonstruktion orientierte Herangehensweisen gewannen im vergangenen Jahrzehnt in der sozialwissenschaftlichen feministischen Theorie zunehmend an Bedeutung. Denn insofern sich diskurstheoretische und dekonstruktivistische Herangehensweisen vor allem auf Sprache, Wissen, Diskurse und deren Bedeutung für die Gegenstandskonstitution konzentrieren, mithin davon ausgehen, daß alle sozialen Phänomene und Unterscheidungen hergestellt und nicht gegeben sind, sind sie besonders dazu geeignet, bestimmte Aporien zu durchdenken, welche die feministische Theorie seit ihren Anfängen begleiten. Es handelt sich hierbei um Aporien, die in doppelter Hinsicht aus dem spezifischen Verhältnis feministischer Theorie zu ihrem Gegenstand – Geschlecht bzw. dem Geschlechterverhältnis – resultieren. Erstens, Geschlecht, Geschlechterverhältnis, Geschlechterdifferenz wird in der Frauen- und Geschlechterforschung zwar als Erkenntnisgegenstand vorausgesetzt, muß aber zugleich als etwas kontinuierlich Hergestelltes, in sozialen und kulturellen Praxen Gemachtes und nicht per se Gegebenes begriffen werden. Daraus resultiert zweitens, daß Geschlecht auch im und durch feministisches Wissen in einer spezifischen Weise konstruiert wird, mithin Teil hat an der Produktion der Unterscheidung nach Geschlecht.
Für produktive und kritische Interventionen danke ich Ilona Pache.
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Hark, S. (2011). Feministische Theorie – Diskurs – Dekonstruktion. In: Keller, R., Hirseland, A., Schneider, W., Viehöver, W. (eds) Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92084-9_14
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