Zusammenfassung
Parlamentsbauten sind, wie jede Herrschaftsarchitektur, herausgehobene Raumsymbole (Rehberg 2001). Ihre Baugestalt und Ausstattung verweisen nicht nur auf die Bedeutung der Gesetzgebung und Regierungskontrolle in einem politischen System, sondern oft auch auf die (zumeist konfliktreiche) Genese parlamentarischer Entscheidungsmacht. In der Herausbildung der Nationalstaaten, vor allem während des 19. Jahrhunderts, gab es zudem funktionale und ästhetische Äquivalenzen, die viele dieser Gebäude – unabhängig von ihrer konkreten Verschiedenartigkeit – visuell einander annähern. Das gilt besonders für die Sitzungssäle der Abgeordneten. Zumeist weisen sie das aus der Französischen Revolution entlehnte Halbrund auf, von dessen Positionierung der Parteien gegenüber dem Präsidium und der Regierung die politische Semantik von „links“ und „rechts“ abgeleitet wurde; seltener ist das englische Muster einer räumlichen Konfrontation von Mehrheit und Minderheit. Immer sind mit der Räumlichkeit und ihrer Ausstattung auch institutionelle Geltungsansprüche verbunden. Gerade bei Parlamenten gibt es ein besonderes Spannungsverhältnis zwischen dem (oft noch durch eine Bannmeile) geschützten Innenraum, der die kontroverse politische Debatte von äußeren Einflüssen frei halten soll, und dem Anspruch der Öffentlichkeit, die Repräsentanten des Volkes bei ihrer Arbeit zu kontrollieren, zumindest beobachten zu können.
Für Anregungen und Unterstützung bei der Fertigstellung des Manuskripts danke ich herzlich Tim Deubel, Rose-Marie Schulz-Rehberg, Paul Kaiser, Tino Heim, Lena Respondek und Dorothea Möwitz.
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Rehberg, KS. (2010). Parlament und Kunst – Bernhard Heisig in der Volkskammer und im Deutschen Bundestag. In: Schrenk, K.H., Soldner, M. (eds) Analyse demokratischer Regierungssysteme. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91955-3_17
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