Zusammenfassung
Armut wurde nicht schon immer als ein zu bewältigendes Problem angesehen. In spezifischen, meist religiösen Kontexten wurde Armut sogar gelegentlich ein positiver moralischer Wert zugeschrieben. Eine lange Tradition hat auch das ethische Gebot der Barmherzigkeit mit den Armen. Diese Barmherzigkeit wurde nicht ausschließlich den Armen zuliebe gepflegt, sondern damit die Hoffnung verbunden, dass sie sich auch auf das eigene Heil auswirken und soziales Ansehen bringen würde. Gelegentlich werden auch heute noch positive Bewertungen dieser Art gepflegt. In Lateinamerika wurden nach den 1960er Jahren die kirchlichen Basisgemeinden und die Sozialen Bewegungen durch Intellektuelle aus den Mittelschichten der Gesellschaft unterstützt. Die theoretische Aufarbeitung dieser Erfahrungen als Theologie der Befreiung und als Theorie über Soziale Bewegungen hat den Armen bzw. der Armut oft einen fast mythischen ethischen Wert zugeschrieben. In den Protestbewegungen werden die Armen und die Armut gelegentlich auch in der Gegenwart in romantischer Perspektive gesehen, auch in den reichen Ländern. Geremek (1991: 14) spricht von einer „exotische(n) Attraktivität“, die aber „von untergeordneter Bedeutung“ sei, denn „im modernen gesellschaftlichen Bewusstsein wird die Armut eindeutig negativ bewertet“. Auf Grund dieser negativen Bewertung und einer weitgehend als ethisches Gebot angesehenen Solidarität wird in modernen Gesellschaften versucht, den Armen zu helfen, die Armut zu überwinden.
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Sobottka, E.A. (2009). Armut und Armutsfolgen in Ländern der periphären Moderne. In: Wagner, L., Lutz, R. (eds) Internationale Perspektiven Sozialer Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91760-3_8
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