Zusammenfassung
Meist wird in der Fachliteratur zwischen der schlechten Ideologie und der guten Utopie unterschieden. So wirkt sich nach Karl Mannheim die Utopie auf die Gesellschaft transformierend aus, während die Ideologie die bestehende soziale Ordnung zementieren würde. Ideologie und Utopie lassen sich nach Mannheim vor allem durch das Kriterium der Umsetzung unterscheiden: Während mittels der Ideologie eine interessengeleitete Verzerrung oder falsche Widerspiegelung der Realität vermittelt wird, die soziale Widersprüche verschleiert und eine ungerechte politische Ordnung legitimiert, können nach Mannheim Utopien verwirklicht werden und haben dadurch eine verändernde Wirkung. Diese These erscheint auf den ersten Blick als gewagt, zumal die meisten Utopien als Erzählungen von „Nirgendwo“ in der Praxis keine Entsprechungen gefunden haben. Sie wird jedoch angesichts Mannheims Definition der „relativen Utopie“ verständlich. „Ideen“, stellt er fest, „von denen es sich nachträglich herausstellte, dass sie über einer gewesenen oder aufstrebenden Lebensordnung nur als verdeckende Vorstellungen schwebten, waren Ideologien; was von ihnen in der nächsten gewordenen Lebensordnung adäquat verwirklichbar wurde, war relative Utopie […]“. Die „relative Utopie“ besteht aus einem Komplex von Vorstellungen, der zum politischen Handeln und zur Transformation der Gesellschaft animiert. Es wird hier deutlich, dass Mannheims Unterscheidung zwischen Utopie und Ideologie letzten Endes durch seine politische Gesinnung erklären lässt: Vorstellungskomplexe sind nur Utopien, wenn sie nach Meinung des Beobachters eine gesellschaftlich progressive Rolle erfüllen.
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© 2009 VS Verlag för Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Bizeul, Y. (2009). Die Utopie. In: Glaube und Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91681-1_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91681-1_7
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-16864-7
Online ISBN: 978-3-531-91681-1
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