In einem Interview mit Angela Merkel etwa sechs Wochen vor der Wahl fragte Alice Schwarzer (2005a): „Warum sollten wir – die nicht-traditionellen CDU-Wählerinnen – Sie wählen, Frau Merkel?“ Dazu verwies Merkel sowohl auf ihre politischen Positionen als auch auf ihr Geschlecht: „Wenn Sie mich wählen, sollten Sie mich natürlich auch wegen meiner Überzeugung und Konzepte wählen und nicht nur wegen meines Geschlechts. Doch ist die Tatsache, dass eine Frau zur Wahl steht, natürlich auch die Frage wert: Was bedeutet das für andere Frauen? Allen voran für die, die seit Jahren in der Frauenpolitik engagiert sind. Und da meine ich, dass die Tatsache, dass ich als Frau an dieser Stelle stehe, auch eine gute Botschaft für andere Frauen sein könnte.“ Dies ersparte ihr aber nicht den Vorwurf einer starken Zurückhaltung in frauenpolitischen Themen durch Schwarzer: „Gerade den bewussten Frauen ist aber nicht verborgen geblieben, dass Sie, seit Sie Parteivorsitzende sind, das Thema Frauen meiden wie der Teufel das Weihwasser.“ Weder der Verweis Merkels auf frühere Leistungen als Frauenministerin (1991-1994) kann überzeugen (eine arbeitspolitische Maßnahme und der Einsatz für einen Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze) noch ihre Reaktion auf den Vorwurf der Abstinenz von Frauenthemen im CDU-Regierungsprogramm, auf den sie lediglich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten anführt.
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Literatur
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Westle, B. (2009). Warum sollen wir Sie wählen, Frau Merkel? Analyse zum „feministischen Wahldilemma“. In: Kühnel, S., Niedermayer, O., Westle, B. (eds) Wähler in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91661-3_8
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