Das Phänomen Anomie und seine gesellschaftlichen wie politischen Folgen werden in den Sozialwissenschaften seit Ende des 19. Jahrhunderts diskutiert. Nach Durkheim kann Anomie als ein gesellschaftlicher Zustand der Desintegration oder Entfremdung verstanden werden (vgl. Durkheim 1977 [1893], 1995 [1897]). Anomie tritt auf, wenn die moralischnormative Entwicklung einer Gesellschaft mit ihrem raschen Wandel nicht Schritt halten kann. In der Folge werden Normen als nicht mehr verbindlich anerkannt und verlieren so ihre Orientierungs-und Regelungsfunktion für das individuelle Handeln. Merton definiert den Begriff Anomie etwas anders (vgl. Merton 1995 [1945]). Für ihn liegt Anomie dann vor, wenn es für bestimmte Bevölkerungsgruppen keine legitimen Mittel gibt, vorgegebene kulturelle Ziele (wie etwa Wohlstand) zu erreichen.
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Kühnel, S., Mays, A., Fernández, E.O. (2009). Beeinflusst Anomia politische Orientierungen?. In: Kühnel, S., Niedermayer, O., Westle, B. (eds) Wähler in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91661-3_3
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