Die Macht der Judikative steht heute als zentraler Faktor des politischen Prozesses außer Frage.1 Aber dies muss nicht unbedingt so sein. Denn in der Geschichte der Demokratie ist die aus der Gewaltenteilung hervorgehende Macht der Judikative zunächst kein politischer Faktor, sondern die unabhängig von der Politik angesiedelte Lösung für Gefahren, die von einer übermächtigen Legislative und Exekutive drohen.2 Sie kontrolliert zwar, dass auch die politischen Institutionen bei ihrer Machtausübung an die von ihnen erlassenen und ausgeführten Gesetze gebunden sind. Solange jedoch in der Demokratie die politischen Institutionen bei der Gesetzgebung nur prozedural, aber nicht materiell eingeschränkt sind, können sie diese Bindungen selbst jederzeit so ändern, dass ihnen von der Judikative keine Einschränkungen drohen.3 Damit die Macht der Judikative als zentraler Faktor des politischen Prozesses wirken kann, muss die Verfassung also die Gesetzgebung der demokratischen Institutionen auch materiell binden. Deshalb wird die Macht der Judikative erst zum zentralen politischen Faktor, wenn sich Demokratien eine über die Regulierung ihrer demokratischen Prozeduren hinausgehende Verfassung geben, an deren Änderbarkeit hohe Anforderungen gesetzt sind, deren Geltung der einfachen Gesetzgebung voran geht und von einem Verfassungsgericht kontrolliert wird: „that is how courts enter the political space.“4
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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH
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Brodocz, A. (2009). Einleitung: Die Macht der Judikative als politischer Faktor. In: Die Macht der Judikative. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91656-9_1
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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