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Framing und Modus der Informationsverarbeitung in der soziologischen Handlungstheorie

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Kognitive Grundlagen sozialen Verhaltens
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Auszug

Die Einstellungs-Verhaltens-Modelle aus Abschnitt 2 liefern in der dreistufigen sozialtheoretischen Logik einer vollständigen soziologischen Erklärung hauptsächlich Beiträge zur Modellierung der Logik der Situation, wenn auch nur eines spezifischen Typus davon in Form der subjektiven Situationsdefinition, sowie eingeschränkt auch zur Logik der Selektion. Aus soziologischer Sicht und ganz gemäß dem ökonomischen Prinzip abnehmender Abstraktion bieten Einstellungstheorien also einfache Modelle zur Erklärung menschlichen Handelns, mit deren Hilfe die Logik der Situation und Selektion modelliert und über die zusätzliche Anwendung der Logik der Aggregation kollektive soziale Phänomene erklärt werden können. Ihre geringe theoretische Komplexität sowie ihre leichte empirische Operationalisierbarkeit sind sicherlich Gründe für den „Siegeszug“ von Einstellungsmodellen in der empirischen Sozialforschung.

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Literatur

  1. Esser (1999a: 170ff) unterscheidet insgesamt sechs Interpretationsvarianten des Thomas-Theorems, wobei je drei Varianten einen individuellen und drei einen sozialen Bezug aufweisen. Als individueller Bezug verweist das Thomas-Theorem auf die subjektive Wirklichkeit der Akteure, die „Bestimmtheit der individuellen Orientierung“ (ebd.: 171) und die „Selektion der subjektiven Wirklichkeit“ (ebd.: 173). Interpretationen mit sozialem Bezug verweisen hingegen auf den „Inhalt der Bedingungen in der Situation“ (ebd.: 171), auf die „Bestimmtheit der äußeren Bedingungen“ (ebd.: 172) der sozialen Situation sowie auf die „soziale Konstitution der Situation“ (ebd.: 173) als kollektive Definition der Situation. Das Thomas-Theorem hat demnach sowohl eine individualistische als auch eine sozial-kollektive Konnotation der Definition der Situation.

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  2. Eine Anmerkung soll auch zu Homans Verhaltenstheorie (Homans 1958) gemacht werden, welche fünf allgemeine Theoreme postuliert und zudem in ihren Grundannahmen starke Übereinstimmungen mit der RCT aufweist (z.B. die Erfolgshypothese und Entbehrungs-Sättigungs-Hypothese, vgl. Miebach 2006). Homans Verhaltenstheorie ist — anders als das RC-Forschungsprogramm im Zuge des methodologischen Individualismus — eine rein auf der Individualebene operierende psychologische Verhaltenstheorie. Das zentrale Problem an Homans Verhaltenstheorie ist nun, dass sie lerntheoretisch ausgelegt ist und menschliches Verhalten alleine aus der Verhaltensbiographie der Akteure heraus erklären kann. Homans Verhaltenstheorie fehlt damit eine zentrale notwendige Eigenschaft einer allgemeinen soziologischen Handlungstheorie: dass Handeln anhand subjektiver und sozialer sowie situativer Parameter erklärbar ist (vgl. hierzu ausführlich Esser 1999a; Miebach 2006).

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  3. Hierzu zählen auch die Eigenschaften der Vergleichbarkeit (Vergleichbarkeitsaxiom) und Transitivität (Transivitätsaxiom) der Präferenzen, die in den allermeisten RCT-Varianten unterstellt werden (z.B. Diekmann 1996; Diekmann/Voss 2004; Kunz 2004). Da diese jedoch nicht unumstritten und Anomalien dazu bekannt sind (vgl. Esser 1999a: 301ff), gehören auch diese nicht zum harten Kern des RCT-Forschungsprogramms.

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  4. Im Zuge der’ bounded rationality ‘nach Simon (1957) hat die Forschergruppe um Gigerenzer (Gigerenzer 2004; Gigerenzer/Selten 2001; Todd/Gigerenzer 2003) auch den Begriff der’ ökologischen Rationalität ‘geprägt, mit der zum Ausdruck gebracht wird, dass kognitive Leistungen besser im Vergleich mit den gegebenen situativen Umweltbedingungen („[...] putting mind and world together“ (Todd/Gigerenzer 2003: 147)) und nicht mit irgendwelchen Formen von „optimalen“ normativen Rationalitätsbedingungen analysiert werden sollten. Dies widerspricht jedoch nicht dem präsentierten Begriff von Rationalität. Im Gegenteil, bei den nachfolgend vorgestellten Framing-Modellen ist es von zentraler Bedeutung, welche spezifische Logik bzw. Form von Informationsverarbeitung bei Handlungsentscheidungen zum Tragen kommt. In diesem Sinne sind automatischspontane Prozesse ebenso’ rational ‘wie überlegt-kontrollierte.

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  5. Dies geschieht u.a. in Anlehnung an Opp (1999), der eine enge und weite RCT-Fassung unterscheidet, an Diekmann/Voss (2004) und Goldthorpe (1998), die eine weiche und harte Variante unterscheiden, an Diekmann (1996), der zwischen dem homo oeconomicus, einer RCT im engeren Sinne und einer solchen im weiteren Sinne unterscheidet, an Lindenberg (1985, 2001a, 2001c), der das RREEMM-Modell jeweils in härterer und weicherer Ausführung diskutiert, und an Esser (1996a), der zwischen dem homo oeconomicus und dem RREEMM-Modell unterscheidet. Goldthorpe (1998) unterscheidet zudem Varianten der RCT nicht nur in der Dimension „hart-weich“, sondern auch in den Dimensionen „situativ-prozedural“ und „spezifisch-generell“.

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  6. Boudon (1998, 2003) schlägt in diesem Kontext die Öffnung der RCT-Axiomatik mit alternativen Rationalitätsbegriffen vor, die Boudon zufolge — ganz im Sinne des Prinzips abnehmender Abstraktion — je nach Bedarf Anwendung finden sollten: instrumentelle Rationalität (outcomeorientierte Nutzenmaximierung), kognitive Rationalität (z.B. outcome-orientiertes Satisficing) und axiologische Rationalität (im Sinne Max Webers nicht-outcome-orientierter Wertrationalität). Die Berücksichtigung dieser drei Rationalitätsbegriffe wird, was in den nachfolgenden Abschnitten noch gezeigt wird, mit den RC-Framing-Ansätzen eingelöst, ohne jedoch unterschiedliche Rationalitätsbegriffe zu benötigen. Denn unterschiedliche Rationalitätsbegriffe innerhalb eines RC-Modells würden zu begrifflicher und konzeptioneller Unschärfe führen, was hier vermieden werden soll.

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  7. Die wichtigsten „klassischen“ Axiome und Annahmen der Wert-Erwartungstheorie sind diejenigen der Unabhängigkeit und Geordnetheit (d.h. Vergleichbarkeit und Transitivität) von Präferenzen sowie das ökonomische Marginalprinzip (vgl. Esser 1999a; von Neumann/Morgenstern 1947; Savage 1954). Hinzu kommen die „klassischen“ Annahmen des homo oeconomicus wie z.B. vollständige Informiertheit und erschöpfende Folgenabwägung. Dass diese Annahmen nicht ohne Kritik geblieben sind, geht mit der Entwicklung der „engen“ hin zur „weiten“ RCT einher. Die Unabhängigkeitsannahme z.B. haben Kahnemann und Tversky kritisiert und mit ihrer Prospect Theory aufgehoben (vgl. Abschnitt 3.3.2.2). Und Annahmen der Transitivität und der Vergleichbarkeit sowie das Marginalprinzip werden zwar mit dem Aufzeigen von Anomalien kritisiert, gleichwohl aber nach Esser (1999a: 313ff) durch die Unterscheidung unterschiedlicher Modi der Informationsverarbeitung verstehbar und mit dem MdFS in die RCT integrierbar (vgl. Abschnitt 3.3.2).

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  8. Die Subjektivität der SEU-Hypothese lässt sich zudem in zwei Lesarten unterscheiden: zum einen bezieht sich diese auf die Abkehr von objektiven Erwartungen und damit auf die Berücksichtigung von Entscheidungen unter Unsicherheit („bounded rationality“), was oben als eine Merkmal der RCVariante „weit I“ vorgestellt wurde. Zum anderen kann die Subjektivität der Erwartungen aber auch auf die Annahme einer subjektiv gewichteten Wahrnehmung von Wahrscheinlichkeiten (mittels einer nicht-linearen Gewichtungsfunktion) nach Kahnemann/ Tversky (1979) bezogen werden (vgl. hierzu noch Abschnitt 3.3.2.2). Letztere Lesart kann als eine spezielle Form der ersteren betrachtet werden, sodass erstere einen „weiten“ Begriff von subjektiven Erwartungen verfolgt und letztere einen „engen“. Da in der RC-Literatur häufig von „SEU“ die Rede ist, auch wenn keine Gewichtungsfunktion für subjektive Wahrscheinlichkeiten angenommen wird, wird nachfolgend der „weite“ Begriff subjektiver Erwartungen verwendet, der mit allen aktuellen RC-Varianten kompatibel ist.

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  9. Die Erwartungs-(d.h. Wahrscheinlichkeits-) Komponente kann zudem modelliert werden als das Zusammenspiel aus der Kontrolle ci über eine Mittel-Ressource i und der Effizienz eij der Mittel-Ressource zur Erreichung der Ziel-Ressource j: pij = ci × eij (vgl. Esser 1999a: 43). Daher kann die SEU-Hypothese auch wie folgt umgeschrieben werden: SEU(HA i ) = ∑(c i × e ij ) × U j . Interessanterweise entspricht die Komponente ci der Kontrolle über die Handlungsalternative letztlich genau der vorgestellten Erweiterung der TRA hin zur TPB über die Hinzunahme von Kontrollüberzeugungen (vgl. Abschnitt 2.1.4). Werden die Komponenten ci und eij also als subjektive Komponenten modelliert, so kann die RCT über diese Komponenten ihren Geltungsbereich erweitern auf Handlungssituationen, in denen Handlungsalternativen nicht unter vollkommen willentlicher Kontrolle des Akteurs stehen (genauso wie dies auf die TPB als Erweiterung der TRA zutrifft). Und wie für die TPB gilt dennoch nach wie vor, dass rein automatisches und habituelles Verhalten damit noch nicht erklärt ist. Hierzu bedarf es der Einbeziehung des Modus der Informationsverarbeitung in die Modellierung.

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  10. Zur SEU-Notation muss noch hinzugefügt werden, dass U für subjektive und V für objektive Bewertungen stehen, während mit p entweder subjektive oder objektive Erwartungen gemeint sein können, je nachdem, ob vor dem Gleichheitszeichen von SE oder E die Rede ist. Alternativ kann zur deutlicheren Kennzeichnung auch p als objektive Erwartung verstanden werden, die um den Faktor w subjektiv gewichtet wird, sodass die subjektive Erwartung als subjektiv gewichtete objektive Erwartung „w(p)“ zu bezeichnet werden kann (vgl. Esser 1999a: 344).

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  11. Die paradigmatisch geführte Kritik von Sozialwissenschaftlern am RCT-Forschungsprogramm wird hier nicht behandelt, da diese schnell uferlos wird und ohnehin zu keinem Schlusspunkt führt angesichts der nach Kuhn (1976) letztlich in vielen Punkten inkommensurablen paradigmatischen Positionen (z.B. verstehende versus erklärende Soziologie, kollektivistische Soziologie versus methodologischer Individualismus etc.). Zu anderen handlungstheoretischen Forschungsprogrammen neben der RCT wurde bereits oben Stellung bezogen.

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  12. Die Debatte der Messung von Nutzen ist in der Ökonomie über hundert Jahre alt und bis heute nicht gänzlich beendet (zusammenfassend z.B. Schwarze 1996). Dies betrifft sowohl die Ordinal-Kardinal-Debatte, als auch die Frage, ob Nutzen einen Nullpunkt hat, damit überhaupt Ratioskalenniveau annehmen kann oder nicht — was wiederum mit der Debatte zu tun hat, ob von „negativem Nutzen“ gesprochen wird oder Nutzen und Kosten getrennt werden. Weitestgehend durchgesetzt hat sich mit der SEU-Theorie mittlerweile auch in der Ökonomie, dass man bei „Bewertungen“ bzw. „Nutzen“ zumindest von einem Intervallskalenniveau ausgeht. Auch die konzeptionelle Frage, ob eine Ober-und Untergrenze des Wertebereichs von Uj angenommen wird, ist nicht unstrittig (Schwarze 1996). In RC-Anwendungen finden sich demnach auch gänzlich unterschiedliche Nutzenskalen (z.B. 0-100; minus bis plus unendlich;-1 bis +1; 0 bis 1; 1 bis 5; Zeit-oder Geldeinheiten; etc.). Alleine die Notwendigkeit einer Intervallskala sowie der Normierung der Nutzenskala innerhalb einer Anwendung scheint demnach der kleinste gemeinsame Nenner in der RCT zu sein.

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  13. Der Ökonom Friedman (1953) vertritt die Sichtweise der „einfachen“ und „eleganten“ Modellierung von Erklärungen mit wissentlich empirisch falschen Annahmen (z.B. Stichwort homo oeconomicus), was so lange zu rechtfertigen sei, wie die Vorhersagen korrekt seien (Friedman-Argument). Diese Sichtweise entspricht wissenschaftstheoretisch derjenigen des Instrumentalismus und kann sehr schnell zu einem Modellplatonismus werden. Auch bei Essers und Lindenbergs Argumentationen kann Kunz (1997) andeutungsweise diese Position ausmachen. Oben wurde bereits vor Problemen gewarnt, die mit der Modellierung einer wissentlich „falschen“ (d.h. hier: unrealistischen) Axiomatik verbunden sind. Auch wenn es im Sinne des Prinzips abnehmender Abstraktion heißt, nur so realistisch wie nötig zu modellieren, so heißt dies dennoch, dass ein ausreichender Realismus angezeigt ist. Von ganz zentraler Bedeutung ist bei der analytischen Bestimmung von Brückenannahmen, dass diese stets empirisch überprüfbar sind sowie sich idealiter bereits empirisch bewährt haben — und nicht zuletzt, dass sie eine deduktive Argumentationslogik aufweisen. Dass jedoch häufig stark vereinfachende und empirisch falsche Annahmen verwendet werden, hat zur Folge, dass eine Erklärung damit im streng deduktiven Sinne ebenfalls nicht mehr möglich ist, da die Konklusionen aus falschen Annahmen richtig oder falsch sein können — während Konklusionen aus richtigen Annahmen nicht falsch sein können. Damit zusammenhängend geht man das Risiko einer Falsifikation bei einer subjektiven direkten Messung deutlich stärker ein als bei einer analytischen Modellierung, die gewisse Immunisierungstendenzen gegenüber empirischer Falsifikation aufweist, insbesondere bei post-hoc-Erklärungen (vgl. hierzu Kunz 1997).

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  14. Verfechter der „engen“ Version kritisieren an der „weiten“ u.a., dass diese analytisch wahr sei, da sie „leer“ sei und je nach Erklärungsmodell um alle denkbaren Prädiktoren erweitert werden könne (vgl. Opp 1999). Diekmann (1996: 96) nennt dieses Problem das „Problem von ex post-Anwendungen“ und begrenzt diese Kritik damit immerhin alleine auf Erklärungen, sodass Vorhersagen unberührt bleiben. Wie Opp (1999) jedoch treffend zeigt, sind auch Erklärungen der weiten RCT empirisch überprüfbar und nicht analytisch wahr, sondern im Gegenteil: Auch wenn Hypothesen der weiten RCT mehr wenn-Bedingungen formulieren und damit weniger informativ sind, so sind diese allgemeiner als diejenigen der engen Fassung. Und nicht zuletzt erwiesen sich Annahmen und Ableitungen der engen Fassung bislang empirisch häufiger als falsch (Opp 1999).

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  15. Lüdemann/ Rothgang (1996: 285) kritisieren an der Verwendung des Frame-Begriffs von Esser und Lindenberg, dass diese damit gleichermaßen die Interpretation sozialer Phänomene als auch die Dominanz bestimmter Handlungsziele meinen, und plädieren dafür, diese Elemente in insgesamt drei aufeinander folgende Schritte zu zerlegen: 1) Definition der Situation, 2) Wahl des Handlungsziels, 3) Wahl der Handlungsalternative. Dies widerspricht jedoch keineswegs der Modellierung nach Esser, der zufolge die soziale und subjektive Vorgeschichte der Situation sowie die Kognition zwei „Selektionsschritte“ darstellen, die dem ersten Schritt von Lüdemann/Rothgang gut entsprechen. Und für die beiden Schritte 2) und 3) nach Lüdemann/Rothgang sieht Esser ja (im Unterschied zu Lindenberg) ebenfalls die Unterscheidung der Selektion des Situationsframes sowie des Handlungsskripts vor.

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  16. Unter ambiguitätsbasierten Framing-Effekten werden Effekte des Informationsmangels bzw. der Informationspräsentation und daraus resultierender subjektiver Erwartungen der Akteure verstanden (in der Surveyforschung z.B. als Wording-Effekte bekannt). Heuristikbasierte Framing-Effekte beziehen sich auf die Anwendung einfacher Daumenregeln, abhängig von der prozessierten Route der Informationsverarbeitung (vgl. z.B. das oben vorgestellte HSM). Schemabasierte Framing-Effekte schließlich meinen die Aktivierung stark verankerten Hintergrundwissens. Hierzu zählt Stocké (2002a) z.B. das MODE-Modell und das nachfolgend vorgestellte Diskriminationsmodell (Lindenberg) sowie Essers Modell der Frame-Selektion (MdFS).

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  17. Die nachfolgenden Ausführungen basieren auf folgenden Publikationen: Esser 1990, 1996b, 1999a, 1999b, 1999c, 2000a, 2000b, 2001, 2002a, 2002b, 2003a, 2003b, 2004, 2005, 2006.

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  18. Im Folgenden wird die Schreibweise „der Match“ und „der Frame“ von Esser (2001, 2003a) und Kroneberg (2005a) übernommen. Die Abkürzung „MdFS“ wird von Esser (2003a) übernommen, auch wenn im Zusammenhang des Modells manchmal auch von „MFS“ oder „FST“ die Rede ist. zu Kronebergs Modifikationen des MdFS).

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  19. Nach Esser (2001: 273) ist ein überlegtes Prozessieren unausweichlich mit „Such-und Reflexionskosten“ verbunden: „Die kalkulierende Reflexion ist stets aufwendig. Und nicht immer lohnt sich der Preis.“

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  20. Die Salienz wird im MdFS als „[...] Abstand der aktuellen Anreize zur jeweils aktuellen übergangsschwelle“ (Esser 2001: 282; Hervorhebungen im Original) bezüglich der Modell-Selektion umgesetzt, was bei der Skript-Selektion der Differenz von (mki m Ui) und (1 — mki) m Ui entspricht.

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  21. Dass Normen und Einstellungen z.B. in dieser Hinsicht als gleich behandelt werden, zeigt sicherlich, dass die Oberkategorie eines „Frames“ auch eine konzeptionelle Unschärfe mit sich bringt: Während Einstellungen im Sinne der Einstellungsforschung individuelle Bewertungen von Objekten sind, sind subjektiv wahrgenommene Normen Ansichten (oder „Modelle“) darüber, wie Handlungen des Akteurs wohl von Dritten wahrgenommen und bewertet werden. Die TPB oder Fazios Modell spontanen Prozessierens haben nun gerade gelehrt, dass Normen und Einstellungen nicht immer kongruent sind, sondern im Gegenteil eigenständige Erklärungskraft aufweisen, und beide zur subjektiven Definition des Ereignisses (Fazio 1986) beitragen.

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  22. Die nachfolgenden Ausführungen zu Kritikpunkten richten sich entlang den wichtigsten Diskussionen bei Albert 2005; Egger/de Campo 1997; Enste 1998; Etzrodt 2000; Greve 2003; Kron 2004; Kroneberg 2005a; Lüdemann/Rothgang 1996; Opp 2004; Rohwer 2003; Schnabel 2005; Schräpler 2001; Stachura 2006; Weihreich 2002.

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  23. Hinzu kommt, dass skript-basiertes Handeln nicht immer rein automatisch ablaufen muss. So ist beispielsweise im Restaurant-Skript mit der konkreten Menü-bzw. Speisewahl ein expliziter Platz des überlegens vorgesehen (vgl. Abelson 1981: 723).

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  24. Die Anschlussfähigkeit des MdFS an das Konzept sozialer Produktionsfunktionen ist demnach in dieser Hinsicht eingeschränkt, wenn angenommen wird, dass Bewertungen durch soziale Produktionsfunktionen bestimmt werden, die jedoch negative Werte explizit gestatten (Esser 1999a: 75 ff). Die Nutzenwerte des Framing stammen dann nicht direkt aus den sozialen Produktionsfunktionen, sondern werden von diesen in der Intensität ihrer positiven Ausprägung beeinflusst.

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  25. In späteren Arbeiten wurde die PT weiterentwickelt zur kumulativen Prospect Theory (Tversky/ Kahnemann 1992), was für die Modellierung von Framing-Effekten jedoch keine inhaltliche Relevanz besitzt (vgl. auch Stocké 2002a: 87). Eine der wichtigsten Änderungen betrifft dabei die Einbindung der Rangplatzabhängigkeit der Realisierungswahrscheinlichkeiten bei mehr als zwei Konsequenzen (vgl. hierzu auch ausführlich Pfister/Kohnerding 1996; Slaby/Urban 2002; Stocké 2002a).

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  26. Schunk/ Betsch (2006) zeigen empirisch, dass der Verlauf der Nutzenfunktion vom Entscheidungsmodus abhängt, was die theoretische wie empirische Nützlichkeit der Unterscheidung zweier Modi auch innerhalb der PT unterstreicht: Die Nutzenfunktion ist annähernd linear bei überlegtem Prozessieren und nichtlinear im spontanen Modus. Kogler/Kühberger (2007) zeigen zudem empirisch in Bezug auf Kahnemanns duales Modell, dass selbst wenn beide kognitiven Systeme gleichzeitig aktiviert werden, „[...] finally one overrules the other.“ (Kogler/Kühberger 2007: 151). In ihrer Konsequenz operieren beide Modi demzufolge nicht gleichzeitig — was in Einklang mit der trade-off-Annahme des ELM und des generischen „dualen“ Prozessmodells zu sehen ist, derzufolge nicht beide Modi unabhängig voneinander Einfluss auf die Informationsverarbeitung nehmen können.

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  27. Kahnemann (2003: 717) unterscheidet deskriptiv fünf Wege, wie ein Urteil bzw. eine Entscheidung gefällt werden kann: erstens rein intuitiv ohne Einflussnahme des überlegten Modus, zweitens intuitiv initiiert mit leichter Justierung durch den überlegten Modus, drittens intuitiv initiiert und überlegt korrigiert, viertens intuitiv initiiert und überlegt komplett unterbrochen, und fünftens rein überlegt ohne spontane Initiierung eines Urteils. Diese fünf Wege der Urteilsbildung können im Sinne des generischen dualen Prozessmodells aus Abschnitt 2.2.4 so reinterpretiert werden, dass der erste Fall dem Pol reinen automatisch-spontanen Prozessierens entspricht, und der vierte und fünfte Fall jeweils in ihrer Konsequenz dem Pol überlegten Prozessierens ohne spontane Einflussnahme entsprechen. Die Fälle 2 und 3 hingegen können zwischen beiden Polen auf dem Elaborationskontinuum angeordnet werden, d.h. mit zunehmender Elaboration nimmt die Stärke der Einflussnahme des überlegten Modus zu. Auf diese Art und Weise lässt sich Kahnemanns Modell problemlos in das generische duale Prozessmodell der Einstellungs-Verhaltens-Beziehung integrieren und vor diesem Hintergrund auch um eine explizit quantitative Dimension erweitern.

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  28. Im Unterschied zur Konzeption der Zugänglichkeit von Einstellungen in der Einstellungs-Verhaltens-Forschung sowie von Frames in Essers MdFS verwendet Kahnemann (2003) die Zugänglichkeit in Bezug auf alle möglichen Gedanken, so auch in Bezug auf die Zugänglichkeit von Faktoren, die korrektive Operationen des überlegten Modus auslösen. Diese Form von Zugänglichkeit kann nachfolgend im Kontext der Zugänglichkeit von Einstellungen bzw. von Frames vernachlässigt werden. Dieser Faktor kann jedoch als zusätzlich motivationaler themenspezifischer Aspekt für oder gegen die Aktivierung des überlegten Modus gelesen werden und ist in dieser Hinsicht kompatibel mit dem in Abschnitt 2.2.4 aufgestellten generischen Prozessmodell.

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  29. Die Formalisierung von gi ist bei Lindenberg (1989b) leicht misszuverstehen, letztlich aber eindeutig als SEU-Modell zu interpretieren: „[...] gi = the sum of utilities of outcomes of the ith alternative, each weighted by the appropriate event probability [...]“ (Lindenberg 1989b: 189; Hervorhebungen im Original) (vgl. ebenso Kunz 1997: 274). In dieser Hinsicht stimmt Lüdemanns Interpretation des Diskriminationsmodells nicht mit dem Original überein, da Lüdemann (1998) gi nicht als Summe von Wert-Erwartungs-Produkten modelliert.

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  30. Eine geringfügige Unstimmigkeit besteht bei Kronebergs formalen Ausführungen darin, dass die Selektionsgewichte der Skripte und Handlungsalternativen im überlegten Modus einmal mit „SEU(Sj|Fi)“ bzw. „SEU(Ak|Sj)“ (Kroneberg 2005a: 354) dargestellt werden, und an anderer Stelle mit „SEU(Sj)“ bzw. „SEU(Ak)“ (Kroneberg 2005a: 357). Nachfolgend wird die erstere Variante verwendet, da diese die Selektionsergebnisse der jeweils vorhergehenden Selektionsebene (Frames bzw. Skripte) berücksichtigt.

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  31. In Kronebergs Modellierung erscheinen die Komponenten ai, aj, vi, ak|i nur schwer empirisch umsetzbar. Dass ai und vi einerseits und aj und ak|i andererseits kaum voneinander getrennt gemessen werden können, weil sie sich auch konzeptionell überschneiden, wurde oben bereits angesprochen. Hier wären weitere Überlegungen zur empirischen Umsetzung hilfreich. Für die Aufwandskosten C nimmt Kroneberg (2005a: 358, FN 11) an, dass diese i.d.R. interindividuell konstant sind. Dies muss jedoch keineswegs der Fall sein, wenn Personen z.B. unterschiedliche Ressourcenzugänge oder unterschiedlich hohes Wissen zum Thema besitzen. Für die Operationalisierung der mentalen Verankerung schlägt Kroneberg (ebd.) Reaktionszeitmessungen vor. In empirischen Anwendungen untersuchen Kroneberg et al. (2006) die aus dem MdFS abgeleitete Hypothese, dass der Effekt rational-kalkulierter Anreize für ein bestimmtes Verhalten abnimmt, je stärker ein korrespondierender Frame oder korrespondierendes Skript internalisiert sind. Grundlage hierfür ist die Umstellung der Reflexionsschwelle, dergemäß es dann zu einem spontanen Prozessieren kommt, wenn gilt: mi > 1-C/(p(Uük+Cf)). Auf Skript-Ebene wäre mi durch G(Sj|Fi) zu ersetzen. Bei ihren empirischen Untersuchungen gehen nun Kroneberg et al. (2006) so vor, dass sie den kompletten rechten Term der Ungleichung für interindividuell konstant annehmen, sodass alleine die Internalisierung (d.h. der Match) entscheidend ist dafür, ob z.B. Normen spontan prozessiert werden oder nicht. Interessanterweise werden damit der Match und der Modus der Informationsverarbeitung modelllogisch gleichgesetzt. Den Match operationalisieren Kroneberg et al. (2006) nun z.B. über die Messung normativer Orientierungen, d.h. die Ausprägung der Norm wird als ihr Match interpretiert, was weitere Schwierigkeiten mit sich bringt, da nun die Bewertung des Frames und ihr Match bzw. ihre Internalisierung gleichgesetzt werden. Empirisch zeigt sich: Je stärker die normative Orientierung, desto schwächer wird der Effekt von rationalen Anreizen (Interaktion).

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  32. Etzrodt (2007: 375f) kritisiert hingegen an Kronebergs Modell, dass Akteure überhaupt einen Modus wählen müssten, und bevorzugt Schütz’ Modell, bei der Akteure „[...] keine Kalkulation durchführen, solange nur ein Frame wahrgenommen wird“ (Etzrodt 2007: 375). Etzrodts Position ist also noch „unbedingter“ und „automatischer“ als diejenige von Esser und Kroneberg. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch ein anderer Weg auf Basis des generischen „dualen“ Prozessmodells eingeschlagen: Akteure haben stets eine Exit-Option aus dem spontanen Verhalten, wenn die Motivation und Möglichkeit dazu hoch genug sind (vgl. den nachfolgenden Abschnitt 3.3.2.4).

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  33. Etzrodt (2007) kritisiert an Kronebergs Modell, dass dieses nur ein beschreibendes, aber kein „wahres“ Erklärungsmodell sei. Dies macht er unter anderem an folgenden Punkten aus: erstens, dass alternative Erklärungsmodelle mit anderen Annahmen vorlägen, die dasselbe erklärten (genauer: Etzrodts Rekonstruktion von Schütz’ Theorie), und zweitens, dass es kaum empirisch falsifizierbar sei, Immunisierungstendenzen aufweise und keine verbotenen Phänomene bekannt seien, die die Theorie falsifizieren könnten. Dass es alternative Erklärungen für dieselben Phänomene gibt, ist Alltag und Motor in allen Wissenschaften. Daher, so die hier vertretene Meinung, ist es nicht gerechtfertigt, Kronebergs Modell aus diesem Grund Erklärungscharakter abzusprechen und es als rein deskriptiv zu bezeichnen. Und dass einige Annahmen von Kronebergs MdFS empirisch getestet werden können, wird in Kapitel 4 gezeigt. Hierzu zählt die Modellierung des Einflusses des Match erstens bei der Modus-Selektion sowie zweitens bei der Frame-Selektion im spontanen versus überlegten Modus. Dabei zeigt sich empirisch, dass einige Annahmen Kronebergs MdFS einem empirischen Test nicht standhalten und die im nachfolgenden Abschnitt vorgestellte MdFS-Variante empirisch zu bevorzugen ist. Von einer Immunisierung oder Unmöglichkeit der empirischen Falsifikation des MdFS kann also keine Rede sein.

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  34. Das Konzept „Need for Cognition“ (z.B. Cacioppo/ Petty 1982; Petty/Cacioppo, 1984; Cacioppo et al. 1996; Petty et al. 1981) entspricht der Vorstellung von Uintr und ist in der sozialpsychologischen Prozesstheorie zudem eines der am häufigsten angewendeten intrinsisch-motivationalen Konstrukte.

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  35. Bei Essers MdFS-Endversion (Esser 2003a) wurde bei der Modus-Selektion der Match m durch die Salienz s ersetzt. Der Match ist dabei jedoch weiterhin wesentlicher und bestimmender Bestandteil der Salienz (vgl. Abschnitt 3.3.2.1). Da die Salienz im Unterschied zum Match nicht mehr als Wahrscheinlichkeit interpretiert werden kann und dadurch keine formale SEU-Formalisierung mehr vorliegen würde, und da durch die MdFSE-Formalisierung von SEU(ük) und der übernahme Kronebergs Modellierung der Modus-Selektion „vor“ der Frame-Selektion das Salienz-Konzept als Bestandteil der Selektionslogik nicht mehr notwendig ist (wie dies noch bei Esser 2003a der Fall war), wird nachfolgend das MdFSE nicht mit der Salienz, sondern direkt mit dem Match modelliert.

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  36. In Anlehnung an Essers Skript-Modus-Formalisierung (Esser 2001: 291ff) kann auf Skript-und Handlungsalternativen-Ebene auch mit „Zusatznutzen“, aufbauend auf dem Nutzen Ui des selektierten (!) Frames, gearbeitet werden, was inhaltlich letztlich keinen Unterschied macht. Dann gilt: (a) Frame-Ebene: „Uük = Uj“ mit Uj: Nutzen eines beliebigen Alternativ-Frames (vgl. MdFS nach Esser); (b) Skript-Ebene: „Uük = Ui + Ui+“ mit Ui: Nutzen des bei der Frame-Selektion gewählten Frames; Ui+: „Zusatznutzen“ eines Alternativ-Skripts gegenüber dem Ausgangs-Skript; (c) Handlungsalternativen-Ebene: „Uük = Ui + Ui+ + Ui++“ mit Ui++: „Zusatznutzen“ einer Handlungsalternative gegenüber der skriptgemäßen Ausgangs-Handlungsalternative (so es diese gibt und keine Leerstelle im Skript vorliegt).

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  37. Die Forderung nach einem geringen absoluten Alternativnutzen bei Niedrigkostensituationen ist nicht unstrittig (vgl. Quandt/ Ohr 2004), zumal dadurch auch Ui niedrig sein muss bei gleichzeitiger Forderung nach einer geringen Nutzendifferenz. Wird das Beispiel daher z.B. mit den Werten Ui = 0,8 und Uük = 0,7 durchgeführt, so zeigt sich weiterhin, dass sich die Modus-Varianten hauptsächlich in ihrer geforderten Höhe des Match für ein spontanes Prozessieren unterscheiden. Nur insgesamt liegt dann bei allen Varianten die Match-Schwelle höher als bei niedrigen Nutzenwerten, d.h. bei hohen Nutzenwerten wird bei geringen m-Werten eher überlegt als bei niedrigen Nutzenwerten.

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  38. Bei den Varianten von Esser (1996b, 2001, 2003a) ist in der Reflexionsschwelle der Term rechts vom Ungleichheitszeichen stets mit „C/p“ ausgewiesen, sodass bei p = 0 mathematische Probleme auftraten. Dieses Problem kann jedoch leicht umgangen werden, wenn in diesen Fällen die Ungleichung mit p multipliziert wird. Inhaltlich ergeben sich bei einer derartigen Umstellung keine anderen Modus-Prognosen bei nachfolgenden Simulationen.

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(2009). Framing und Modus der Informationsverarbeitung in der soziologischen Handlungstheorie. In: Kognitive Grundlagen sozialen Verhaltens. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91368-1_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91368-1_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-16162-4

  • Online ISBN: 978-3-531-91368-1

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

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