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Auszug

Die Verwendung des aus der Medizin entliehenen Begriffs der klinische Blick könnte den Verdacht nähren, dass sich die Soziale Arbeit an der Medizin orientiert in der Hoffnung, das Erfolgsmodell der Professionalisierung des 19. Jahrhunderts zu wiederholen. Die Ausrichtung auf den klinischen Blick verwundert, da die Distanzierung der Sozialen Arbeit von der Medizin von Beginn an systematisch vollzogen wurde (vgl. Nohl 1965a). Der Blick zur Seite diente vornehmlich dem Interesse, einerseits von Anregungen profitieren zu können, andererseits durch die Gegenüberstellung systematisch Differenzen aufbauen und sich im Hilfesystem profilieren zu können. Hervorgehoben wurde bei dieser Differenzierung von Anbeginn folgendes:

  1. 1.

    Der klinische Blick in der Sozialen Arbeit geht von Gesundheit, und nicht -wie vielleicht erwartet —, von Krankheit aus (vgl. Wendt 2000: 4). „Der Konflikt zwischen Medizin und Pädagogik entflammt sich am Sinnüberschuss der Modelle gesunden Lebens“ (Sting 2000: 56). Seit dem 19. Jahrhundert ging es im Kontext der Hygiene zum einen darum, Reinlichkeit in naturwissenschaftlich-technische Wissensformen der wissenschaftlichen Hygiene und Bakteriologie in den Kontext der Medizin zu überführen, sich dadurch von der Moralität zu lösen und Anspruch auf Wissenschaftlichkeit einfordern zu können. Im Vordergrund stand dabei die Krankheitsbekämpfung (Labisch 1989). Der Pädagogik hingegen ging es um Gesundheitserziehung, die auf Sittlichkeitserziehung basierte. Es sollten bürgerliche Tugenden aufgebaut werden, die ein selbständiges Leben in der bürgerlichen Gesellschaft ermöglichten. Reinlichkeit sollte den Aufstieg in der Gesell- schaft eröffnen.

  2. 2.

    Die Soziale Arbeit scheint im Gegensatz zur Medizin keinen systematischen Ort der Vermittlung von Theorie und Praxis wie die Klinik zu haben. Vielmehr wurden Modelle zum Theorie-Praxis-Verhältnis entwickelt, die versuchten, das Vermittlungsproblem dadurch zu lösen, dass sie die pädagogische bzw. sozialarbeiterische Verantwortung des Professionellen forderten. Die stellvertretende Deutung des Sozialpädagogen/-arbeiters für den Klienten, und die paradoxe Aufforderung an den Sozialpädagogen/-arbeiter (Rauschenbach/ Ortmann/Karsten 1993: 9), zur Autonomie des Kindes bzw. des Adressaten beizutragen (Dewe 2002a; Dörr 2002; Haupert 2002; Oevermann 1997; Kraimer 2002; Crefeld 2002)2, sollte das funktionale Äquivalent zu der alten Form der Professionalisierung in der Medizin sein.

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© 2009 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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(2009). Einleitung. In: Der klinische Blick in der Sozialen Arbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91316-2_1

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-91316-2_1

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-16322-2

  • Online ISBN: 978-3-531-91316-2

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