Auszug
In diesem Kapitel steht die Auseinandersetzung mit grundlegenden Aspekten der Struktur von Schule aus organisationstheoretischer Perspektive im Mittelpunkt. Dabei werden das Konzept der Organisationsentwicklung (OE) und sein Verhältnis zur Entwicklung von Einzelschulen diskutiert. OE und der mit ihr verbundene Begriff der „lernenden Organisation“ stellen im Bereich der Schulentwicklung eine häufig genutztes Bild dar, mit der auf die (angenommene) autopoetische Innovationsfähigkeit von Einzelschulen rekurriert wird. Das dem Wirtschaftssektor entstammende Konzept der OE wird erläutert und zentrale Annahmen der OE und ihre Relevanz für die Organisation Schule werden thematisiert: Worin bestehen die Spezifika von Schule als offenes soziales System? Auf welchen Grundannahmen basiert OE und wie verhält sie sich zum Konzept der lernenden Organisation? Wo liegen Grenzen der OE und worin bestehen die Problembereiche beim Transfer auf Organisationen des Bildungswesens? Zum besseren Verständnis erscheint es zunächst angebracht, die Ausführungen dieses Kapitels in den Zusammenhang um neue Steuerungsmodelle im Schulsystem und die damit verbundenen Widersprüche und Problembereiche einzurücken (Kap. 2.1). Wie gezeigt werden wird, haben sich bisherige, einseitig auf Input- oder Outputsteuerung ausgerichtete Szenarien nur als bedingt geeignet erwiesen, um die Entwicklung von Schule im Kontext des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses nachhaltig zu fördern. Kapitel 2.2 ist der Entfaltung des Verständnisses von Schule als lernender Organisation und der Erörterung zentraler Begriffe und Konzepte gewidmet.
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Literatur
Mit Bezug auf die professionelle Handlungskompetenz von Lehrkräften stellen Baumert und Kunter (2006) Oevermanns (1996) bzw. Helspers (1996) Ansatz eines sich an der Struktur psychotherapeutischer Beziehungen orientierenden und mit unauflösbaren Widersprüchen verbundenen Lehrerhandelns eine andere Argumentationslinie gegenüber: die der pragmatischen Orientierung an abprüfbaren professionellen Standards und theoretisch verankerten Kompetenzmodellen in der Lehrerausbildung. Das von Helsper et al. (2003) definierte Ungewissheitspostulat und die daraus abgeleiteten (problematischen) Folgen für das Lehrerhandeln werden hierdurch einer umfassenden Kritik unterzogen, da dieser strukturtheoretisch orientierte Ansatz zur Beantwortung der Grundfrage professionellen Lehrerhandelns, „wie Unterricht möglich ist und auf Dauer gestellt werden kann“ (Baumert/ Kunter 2006, 472), kein konzeptionelles Wissen beitragen könne. Für den hier zu diskutierenden Bereich der schulischen Steuerung besitzt der von Helsper et al. (2003) vertretene Ansatz, die Entwicklungen im Schulbereich gewissermaßen als Teilelement des u.a. auf Kontrolle und Rationalität basierenden gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses zu betrachten, jedoch einige Plausibilität und heuristische Erklärungskraft.
Beim bundesländerübergreifenden Kooperationsprojekt „Vergleichsarbeiten in der Grundschule“ (VERA) wird eine Kombination interner und externer Evaluation realisiert. Als positiv ist dabei zu beurteilen, dass den Lehrkräften bei der Verarbeitung der Ergebnisse Interpretationshilfen und Elemente eines Unterstützungssystems an die Hand gegeben werden (vgl. Thürmann 2007).
Einen Überblick unterschiedlicher Sichtweisen auf Schule als Organisation bieten z.B. Jäger (2004) und Türk (1989).
Ausdruck dieses Facettenreichtums ist u.a. die terminologische Vielfalt im Gegenstandsbereich des organisationalen Lernens. Nach Bormann (2002) werden für den Begriff u.a. die Synonyme „organisatorisches Lernen“, „Organisationslernen“ und „lernende Organisation“ verwendet.
Zur Kritik am Konzept der lernende Organisation vgl. Tacke (2005). Die Autorin untersucht die Semantik der lernenden Organisation und ihr problematisches Potential für eine Deprofessionalisierung der Lehrerschaft aus systemtheoretischer Perspektive. Bei der lernenden Organisation handele es sich um ein „Oxymoron“, welches aufgrund der Analogie zum Erziehungssystem („Lernen“) zwar eine hohe Attraktivität für die Lehrkräfte und das Bildungssystem besitze, jedoch gleichzeitig die strukturell bedeutsame Unterscheidung von Erziehung bzw. Professionalität und Organisation bzw. Management verwische. Die operative Geschlossenheit der Systeme Organisation und Profession schränke die Möglichkeiten des organisationalen Lernens stark ein bzw. mache sie unmöglich.
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(2009). Organisationstheoretische Überlegungen zur Struktur von Schule als „lernende Organisation“. In: Kooperation in der Schulentwicklung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91315-5_2
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