Auszug
Die Debatte um den demographischen Wandel ist hier zu Lande durch eine eigentümliche Schieflage gekennzeichnet. So gilt — vor dem Hintergrund überproportional rückläufiger Geburtenquoten bei gut ausgebildeten jungen Frauen und Männern — das öffentliche Interesse inzwischen vornehmlich der Frage, welche Bedingungen die (künftigen) Leistungsträgerinnen und Leistungsträger brauchen, um ihre Kinderwünsche realisieren zu können. Lokale Bündnisse für Familien, die inzwischen überall in Deutschland entstehen, entwickeln im Zusammenschluss von Kommunalpolitik, Wirtschaft und Wissenschaft vielfältige und kreative Ideen, um die Rahmenbedingungen für Akademikerinnen und Akademiker von flexibler Kinderbetreuung bis hin zur „Dual Career“-Planung endlich an internationale Standards anzupassen. So erfreulich und notwendig solche Initiativen auch sind, bleibt völlig unbefriedigend, dass den über 2,5 Millionen minderjährigen Kindern unter 18 Jahren, die heute in Armutslagen bzw. in prekärem Wohlstand aufwachsen, keineswegs eine vergleichbar hohe öffentliche Aufmerksamkeit und Förderung zuteil wird. So wurden 2006 in der Hansestadt Bremen 772 von 1000 Babys in Familien hineingeboren, in denen die Eltern fast ausschließlich von staatlichen Transferleistungen leben (müssen). Weitere 151 Neugeborene kommen in Herkunftsmilieus von Geringverdienern zur Welt. Folglich sind die Lebensverhältnisse von 92,3 Prozent des gesamten Nachwuchses der Hansestadt alles andere als günstig (Heinsohn 2008).
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Literatur
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Meier-Gräwe, U. (2008). Jedes Kind zählt — Armutsprävention als strategisch unterschätzte Zukunftsaufgabe in Deutschland. In: Herz, B., Becher, U., Kurz, I., Mettlau, C., Treeß, H., Werdermann, M. (eds) Kinderarmut und Bildung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91215-8_6
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