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Verschiebungen — Neuvermessungen — (Wieder)Entdeckungen

Feministische Diskurse zum Verhältnis von Öffentlichkeit/Privatheit als zentralen Kategorien politischer Kommunikation

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Medien — Politik — Geschlecht

Auszug

Im Mittelpunkt dieses Beitrags steht die geänderte Handlungs- und Darstellungslogik politischer Kommunikation1 in Mediengesellschaften mit ihren Auswirkungen auf das Verhältnis von Öffentlichkeit und Privatheit. Personalisierung, Emotionalisierung und Intimisierung gewinnen auch in der Informationsvermittlung immer mehr an Bedeutung. Politik und Unterhaltung gelten nicht länger als getrennte Bereiche, sondern nähern sich in ihren Vermittlungs- und Darstellungsweisen einander an (vgl. Saxer 2007; Klaus in diesem Band). Die Anpassung politischen Handelns und Verhaltens an die Medienlogik wird als Übergang von einer parlamentarisch-repräsentativen zu einer medial-repräsentativen Demokratie interpretiert (vgl. Geissler/Sarcinelli 2002) und häufig negativ bewertet. So warnt z. B. Thomas Meyer vor der Gefahr einer „Mediokratie“ als Folge der Medialisierung2 von Politik (vgl. Meyer 2001). Einer solchen kulturpessimistischen Sicht liegt jedoch — so meine Kritik — ein zu „enges“ Verständnis der Basiskategorie Öffentlichkeit zu Grunde, dessen blinde Flecken und Leerstellen, wie in diesem Beitrag gezeigt wird, vor allem feministische SozialwissenschaftlerInnen längst aufgedeckt haben. Ihre Kritik am Begriff der bürgerlichen Öffentlichkeit3 sowie die zahlreichen Versuche, Gegenmodelle zu entwickeln, blieben nicht ohne Auswirkungen auf eine Neuvermessung des Politischen, die nicht nur neue Räume, sondern auch alternative Praxen politischen Handelns erschließt.

Erklärt wird der Wandel politischer Kommunikation u. a. mit Ökonomisierungstendenzen im Mediensystem nach Einführung des dualen Rundfunksystems, gesellschaftlichen Individualisierungsprozessen sowie der Erosion tradierter Politikstrukturen — z. B. Auflösung der traditionellen politischen Lager in Österreich und Deutschland (vgl. Plasser 2004).

Der Begriff Medialisierung (synonym Mediatisierung) bezeichnet die zunehmende Interpretation des politischen Geschehens durch die Medien, die wachsende Bedeutung der Medien bei der Konstruktion sozialer und politischer Wirklichkeit sowie die immer stärker werdende Anpassung politischen Handelns an die Medienlogik (vgl. Sarcinelli 2002: 678).

Zu Begriff und Geschichte der bürgerlichen Öffentlichkeit vgl. Habermas 1983 [1962].

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Köpl, R. (2008). Verschiebungen — Neuvermessungen — (Wieder)Entdeckungen. In: Dorer, J., Geiger, B., Köpl, R. (eds) Medien — Politik — Geschlecht. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91096-3_3

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