Auszug
Rechtsextremismus wird in der öffentlichkeit häufig als Jugendproblem wahrgenommen. Daher standen bei der Suche nach Erklarungen für das Rechtsextremismus-Phänomen längere Zeit vor allem Faktoren im Fokus, die kennzeichnend für die jugendliche Lebenswelt sind. Insbesondere makrosoziale Ansätze mit ihrem Blick auf den Kontext gesellschaftlicher Bedingungen des Aufwachsens standen im Vordergrund der Diskussion. Welche Bedeutung hingegen elterlichen rechtsextremen Orientierungen für die entsprechenden politischen Einstellungen ihrer Kinder zukommt, gerät vermehrt in neuerer Zeit ins Blickfeld des Interesses, stellt aber ein noch eher luckenhafites Feld dar. Der vorliegende Beitrag untersucht innerfamiliale Transmissionen rechtsextremer Einstellungen anhand von Daten dreier Messzeitpunkte von 149 ost- und westdeutschen Jugendlichen und ihren Eltern, die kurz nach der deutschen Vereinigung und im jährlichen Abstand danach erhoben wurden. Es zeigt sich, dass den politischen Einstellungen der Mütter und Väter gleichermaßen und sowohl in der westlichen als auch in der östlichen Teilstichprobe eine hohe Bedeutung zukommt, die bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus nicht außer Acht gelassen werden sollte.
Die vorliegende Arbeit entstammt dem von der DFG geförderten Forschungsprojekt „Individuation und sozialer Wandel“, das an der Universität Mannheim in Kooperation mit der Universitat Leipzig durchgeführt wurde (Hofer & Noack, 1992). Das Projekt war im DFG-Schwerpunktprogramm „Kindheit und Jugend nach der Vereinigung“ angesiedelt. Teile dieses Beitrags greifen auf Ergebnisse zurück, die bereits in Oepke (2005) publiziert wurden.
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Literatur
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Oepke, M. (2008). Von Haus aus rechtsextrem? Zur Bedeutung innerfamilialer Transmissionswirkungen bei rechtsextremen Orientierungen Jugendlicher. In: Ittel, A., Stecher, L., Merkens, H., Zinnecker, J. (eds) Jahrbuch Jugendforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91087-1_17
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