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Medialisierung des Politischen und die politische Öffentlichkeit

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Die Kommentarlage
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Auszug

Jede politische Analyse und Strategie, die unter zeitgenössischen Bedingungen die politische Rolle der Medien ausspart, leidet unter empfindlichen Beschränkungen. Als politischer Akteur und zentrales intermediäres System zwischen politischen Eliten und Publikum spielen Medien „in politicis“ nämlich eine mittlerweile unentbehrliche Rolle.20

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Literatur

  1. Peter A. Halls Policy-Analyse zeigt bspw. die zentrale Bedeutung des medienöffentlichen Diskurses für den wirtschaftspolitischen Dominanzwechsels vom Keynesianismus zu monetaristischen Konzepten im Vorreiterland Großbritannien auf. „Economic commentators and public figures alike began to search for alternatives to the Keynesian doctrine“ (Hall 1993: 286). Er folgert daraus ein entschiedenes Votum für eine Integration von öffentlichkeitstheoretisch relevanten Perspektiven in Politikanalysen und die Entwicklung von Theorien der „State-Society-Relations“, zu denen an erster Stelle auch eine Theorie der Press-State-Relations (Bennett 1990) zu rechnen ist. „However, this case indicates that we need an even more expansive concept of state-society relations than such traditional conceptions of the political system provide. Political parties and interest intermediaries are not the only ‘transmission belts’ between state and society. There were three other mechanisms through which significant pressure from society was placed on the British government to shift modes of economic policymaking. The most obvious of these mechanisms was the media. Although we habitually acknowledge its presence, we rarely incorporate an adequate appreciation of the importance of the media in our analysis. In this case, the British press did not simply transmit the range of views to be found among economists about the direction of economic policy; it magnified the prominence given to monetarist doctrine and catapulted monetarist thinking onto the public agenda. The press is both a mirror of public opinion and a magnifying glass for the issues that it takes up“ (Hall 1993: 288).

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  2. Hodenberg stellt verschiedene „intellektuelle Konzepte von Öffentlichkeit“ (Hodenberg 2006: 31) in der frühen Bundesrepublik als einen formativen Faktor für die Entwicklung des „journalistischen Feldes“ selbst dar (ebd.: 31–86). Der „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ist nur ein besonders bekannter Beitrag aus einem ganzen Reigen einschlägiger Arbeiten aus dieser Zeit.

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  3. Saxer sieht Medien funktionalistisch als „problemlösende und-schaffende Systeme“ (Saxer 1998: 56): „Jegliche soziale Erfindung-und so auch die Medien-löst zwar Probleme; sie schafft wiederum aber auch Folgeprobleme bzw. muss als Sozialsystem auch ihre Abstimmung auf die Umwelt, die Integration ihrer Elemente, ihre Zielverwirklichung und Strukturerhaltung bewältigen. Probleme ihrerseits können als Abweichungen von Sollzuständen verstanden werden, die von irgendwelchen Instanzen definiert werden und daher keineswegs selbstverständlich sind“ (Saxer 1998: 56).

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  4. Neben feministischen Kritiken (Fraser 2001; Young 1995) folgen auch Autoren aus dem Umkreis der Kritischen Theorie unter Berufung auf Gramscis Hegemonietheorie der Auffassung von Öffentlichkeit als einer Art rationaler Gegenmacht nicht uneingeschränkt (Demirovic 1997a, 1994, 1997b). Im Kontext der Protest-und Bewegungsforschung wird wahrgenommen, dass die dominanten massenmedialen Öffentlichkeiten für Protestakteure zwar ein unverzichtbarer Mobilisierungsfaktor sind, ihnen aber nicht in jedem Fall entgegenkommen. Aus diesem Umstand kann ein Bedarf an sog. „autonome Öffentlichkeiten“ abgeleitet werden. Vgl. dazu Stamm (Stamm 1988) und Rucht (Rucht 1994c).

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  5. Die Literatur zu Public Relations und strategischer Kommunikation füllt mittlerweile Bibliotheken. Die Herausgeber eines Bandes zur Strategiefähigkeit politischer Parteien, Nullmeier und Saretzki, haben einige Statements zu diesem Themengebiet unter dem bezeichnenden Stichwort der „Öffentlichkeitssteuerung“ versammelt (Kuhn 2002; Schmidt-Deguelle 2002; Schmitt-Beck 2002). Ohne an dieser Stelle die in Politikwissenschaft und Soziologie nicht zuletzt mit Scharpf (Scharpf 1989) und Luhmann (Luhmann 1989) verbundene Diskussion um die Möglichkeiten und strukturellen Grenzen politischer Steuerung aufgreifen zu wollen (vgl. auch Mayntz 2004, 2005, 1996), dürfte unbestreitbar sein, dass die Frage der „Öffentlichkeitssteuerung“ im Sinne der Intervention in Prozesse der öffentliche Meinungsbildung wie auch der „Media-Governance“ im Sinne einer politischen Regulierung des Medienmarktes für ein steuerungstheoretisch ambitioniertes Politikkonzept auch jenseits jeder Instrumentalisierung von herausgehobener Bedeutung ist (vgl. dazu Manheim 1997).

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  6. In der stark auch auf kommunikative Politikdimensionen ausgerichteten politikwissenschaftlichen Debatte zum Strategiebegriff wird dem Konzept des „kommunikativen Handelns“ attestiert, dass es Strategiewissen als normative Negativfolie weniger analytisch klärt als diskreditiert (Raschke und Tils 2007: 20).

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  7. Anschließend an Wolfsfeld (Wolfsfeld 1999) lässt sich also die normative Frage der Beteiligung mit Kriesi für die Bedingungen der Mediengesellschaft analytisch reformulieren: „Herausforderer, die es schaffen, Ereignisse zu produzieren, welche in der professionellen und politischen Kultur von wichtigen Nachrichtenmedien Resonanz erzielen, können mit mächtigeren Gegner konkurrieren“ (Kriesi 2001: 24). Kriesi ergänzt allerdings gegen deliberative Diskurstheorien das gängige Argument, dass gerade die Argumentationen bzw. Beiträge solcher Akteure kaum den Anforderungen der normativen Theorien entsprechen. Die Akteurskategorie der „Herausforderer“ von Seiten der Peripherie hat im Übrigen in der Protestforschung auch in Hinsicht auf ihre Ziele längst nicht nur da ihre Unschuld verloren, wo Gewalttaten der extremen Rechten zu verzeichnen sind (Koopmans und Olzak 2004), sondern auch da, wo sie sich wie im Fall der sog. „Neuen Rechten“ enorm argumentationshaltiger und „salonfähiger“ „Öffentlichkeitsstrategien“ bedient (Benthin 2004).

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  8. Bernhard Peters, dessen Arbeiten eine gewisse Nähe und produktive Spannung zum deliberativen Öffentlichkeitsmodell aufweisen und dessen Kernideen auch in Habermas modifiziertes Öffentlichkeitsmodell eingegangen sind (Habermas 1998: 399–467), hat Vorschläge zu den Kontroversen der öffentlichkeitssoziologischen Forschung in Hinblick auf normative Gehalte und auch einen Vorbehalt gegenüber den empirisch argumentierenden Kritikern des deliberativ-diskursiven Modells formuliert (Gerhards et al. 1998): „Ihre Untersuchung findet eine deutlich höhere ‚Realitätsnähe’ des ‚liberalen’ Modells. Das ist nun insofern nicht arg überraschend, als sich die Merkmalsdimensionen der beiden Modelle-in der Art eine Gutmann-Skala verhalten-das heißt, das ‚diskursive’ Modell umfasst neben den Merkmalen des ‚liberalen’ noch weitere, in gewissem Sinn anspruchsvollere. Wenn wir davon ausgehen, dass öffentliche Deliberation per se ein anspruchsvolles Segment öffentlicher Kommunikation darstellt, also umgeben ist von einer Menge weniger voraussetzungsreicher Kommunikationsformen, darf es nicht überraschen, wenn das schwächere Modell eine größere Menge realer Kommunikationen abdeckt als das stärkere“ (Peters 2002: 25). Eine alternative empirische Forschungsstrategie würde für Peters demgegenüber in der Analyse der „variablen empirischen Bedingungen [liegen], welche für die Öffnung oder Schließung von Diskursmöglichkeiten in heutigen Öffentlichkeiten und für Variationen des Rationalitätsniveaus und der Leistungsfähigkeit öffentlicher Diskurse verantwortlich sind“ (Peters 2001: 664). Vgl. mit ähnlichen Vorbehalten bezüglich der kategorialen Präjudizierung der empirischen Ergebnisse von Gerhards (Gerhards 1994) auch Eder (Eder 2003: 85) und Habermas, der argumentiert, dass Gerhards, Neidhardt und Rucht “offer a misleading description of the deliberative model of public opinion formation; they fail to specify the functional contribution of the public sphere to deliberative politics at large“ (Habermas 2006b: 9).

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  9. Deren Wirksamkeit zeigt sich etwa in der Sanktionierung und Skandalisierung „abweichenden“ Kommunikationsverhaltens oder Ansätzen zur Selbstregulierung des Journalismus. Zu „impliziten Öffentlichkeitsmodellen“ von Journalisten auch (Gerhards et al. 1998).

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  10. Im Kontext der vergleichenden Analyse von Mediensystemen kommen auch Hallin und Mancini zu ähnlichen Schlüssen. „We are interested here not in measuring media systems against a normative ideal, but in analyzing their historical development as institutions within particular social settings. We want to understand why they developed in the particular ways they did; what roles they actually play in political, social, and economic life; and what patterns of relationship they have with other social institutions. Our models of journalism are intended as empirical, not normative models“ (Hallin und Mancini 2004: 14).

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  11. Einen wissenschaftshistorisch fundierten Überblick über Theorien mittlerer Reichweite und soziale Mechanismen gibt Mackert (Mackert 2006: 61 ff.).

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  12. Für eine umfassende Diskussion des Zusammenhanges der Rolle der Medien und verschiedener Demokratietypen auch jenseits eines demokratietheoretischen Minimalismus vgl. Baker (Baker 2002: 129–153). Angesichts verbreiteter (und selbst für Autoren mit anderen Einschätzungen oft impulsgebenden) Diagnosen einer politischen Medien-Malaise soll nicht unterschlagen werden, dass auch Annahmen über eine politische Beteiligung fördernde und stützende Rolle der medialen politischen Kommunikation auf breiter empirischer Basis formuliert werden können. Vgl. für einen derartigen Ansatz zum amerikanischen Kontext die These eines „virtuous circle“-einer wechselseitigen Verstärkung von politischer Beteiligung und Medienrezeption-bei Norris (Norris 2000) und für Europa auch Newton (Newton 1999).

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  13. Es kann nicht verwundern, dass die politikwissenschaftliche und soziologische Analyse sich in weiten Teilen an Problemwahrnehmungen entzündet. Gegenüber einem primär auf „Pathologien“ orientierten Blick kann jedoch auch unterstrichen werden, dass sich einige dieser Herausforderungen der Demokratie auch als Resultate und Nebeneffekte von sozialen Wandlungsprozessen ergeben, die sich stringent als positive Einlösungen von grundlegenden Versprechungen der politischen Moderne verstehen lassen. Stichworte wie Bildungsexpansion, „partizipatorische Revolution“, soziale Mobilität und Wohlstandsgewinne sowie Tendenzen des Wertewandels-um nur einige besonders einschlägige Aspekte zu nennen-lassen sich ihrer Grundrichtung nach einem konventionellen Verständnis von politischer Modernisierung und Staatsbürgerschaft zuordnen und können den jeweils institutionalisierten demokratischen Verfahren und politischen Akteure dennoch gewichtige Probleme bereiten. Insbesondere gewisse Unzufriedenheiten der Bürger, etwa mit den politischen Parteien, lassen sich also auch auf gewachsene bzw. veränderte Ansprüche und Kompetenzen zurückführen. Zu Modernisierungstheorien heute vgl. Zapf (Zapf 1991).

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  14. Einige Jahre nach der Ära der sozialdemokratischen Politiker vom Schlage Clinton, Blair und Schröder und quer zu der italienischen Sondersituation verkörpert der französische Präsident Sarkozy eine neue, mediengestützte Regierungstechnik in nahezu perfekter Ausprägung. Einen Überblick über die amerikanische Diskussion geben Bennett und Entmann (Bennett und Entman 2001). Zum Phänomen der Medialisierung liegen mittlerweile einige Studien vor (Altheide und Snow 1988; Bennett und Entman 2001; Dörner 2001; Herbst 2003; Imhof 2006; Jachtenfuchs 1995; Jarren 1996; Jarren 1998, 2001; Kaase 1998; Maresch 1995; Mazzoleni und Schulz 1999; Meyer 2002, 2001; Sarcinelli 1998, 1997; Schulz 2004; Weisbrod 2003b; Zolo 1997).

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  15. Eine demokratietheoretisch reflektierte Analyse dieser Prozesse liefert Bernard Manin. Während die Prinzipien der Repräsentation (Wahl, Unabhängigkeit der Abgeordneten, Freiheit der öffentlichen Meinung, Prüfung durch Diskussion) auf den liberalen Parlamentarismus zurückgehen, seien mit dem Wandel zur Parteiendemokratie gewisse, tief greifende Umstellungen zu verzeichnen gewesen, die die Grundprinzipien der Repräsentation aber nicht angetastet haben. Mit dem Wandel zur „Publikumsdemokratie“ bahnt sich für Manin nun erneut eine Metamorphose repräsentativen Regierens an (Manin 2007, 1997). Vgl. dazu auch Lüter (Lüter 2007).

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  16. Die demokratischen Institutionen werden im Prozess des sozialen Wandels jedoch nicht nur herausgefordert. Sie selbst können auch für die Bürger eine Herausforderung besonderer Art darstellen. Zehren sie doch-wie man in Anlehnung an die Böckenförde-Formel formulieren kann-auch von deren nicht einfach vorauszusetzender politischen Kompetenz, Partizipation und Bürgertugend. Die medienöffentlichen Diskurse lassen sich auch vor dem Hintergrund dieser Herausforderung plausibel daraufhin befragen, inwiefern sie die „deliberative Kompetenz“ der Bürger, von der gerade anspruchsvolle Öffentlichkeitstheorien ausgehen, befördern und unterstützen. Die meinungsbildenden Kommentatoren der überregionalen Presse sind auch unter dieser Perspektive eine in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Sprechergruppe. Allgemein zu derartigen Fragen der Präferenzbildung und des Präferenzwandels der Bürger und deren institutionellen Stützung vgl. Offe (Offe 2003c).

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  17. Trotz verschiedener Anläufe schon bei Weber, Tönnies, Park, Lasswell, Lippmann, Lazarsfeld bis hin zu und nicht endend bei Innis oder McLuhan sieht Wenzel in der immer noch dramatisch hinter deren sozialen Stellenwert zurückbleibenden Integration der Medien in die Kernbereiche der Sozialtheorie sogar einen „ausgewachsenen Skandal“ (Wenzel 2001a: 26). Zu einer Einschätzung des im Folgenden maßgebenden Arena-Modells der politischen Öffentlichkeit aus medientheoretischer Perspektive vgl. auch Wenzel (Wenzel 2001b: 141). Eine Zusammenstellung wichtiger „klassischer“ Texte zu einer Soziologie der Medien und der politischen Öffentlichkeit bietet Pöttker (Pöttker 2001).

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(2008). Medialisierung des Politischen und die politische Öffentlichkeit. In: Die Kommentarlage. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91082-6_2

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