Auszug
Der Neue Markt existiert nicht mehr, die Analysten schätzen seit geraumer Zeit nur noch das Tempo, mit der manche Firmen ihr Geld verbrennen. In einem kürzlich erschienenen Buch über Cyberhypes wird die Hypertextliteratur zu einem „toten Seitenstrang der medialen Evolution“ erklärt (Freyermuth 2001: 220). Die New Economy gilt den Autoren dieses Bandes ebenso als Hype von gestern (vgl. Maresch 2001: 212f.) wie die Internet-Literatur, die manchem, der uns vor ein paar Jahren noch ins wunderbare Cyberland der Zukunft verschicken wollte (vgl. Freyermuth 1996), nun als Texte mit „Bild-und-Ton-Schnickschnack“ vorkommt (Freyermuth 2001: 220). Vor ein paar Jahren noch heuerten Dot.com-Firmen sogar Autoren an, die für ihre Websites die Literatur des neuen Zeitalters schreiben sollten: Internetliteratur. Auch so sollte Content gewonnen werden, der geeignet wäre, eine gewisse Klientel an eine bestimmte Site zu binden und jene Hit Rates zu erzeugen, die sich die Dot.com-Firmen dann von der Werbeindustrie vergolden lassen wollten. Insofern die neue „digitale“ Literatur1 in einer bestimmten okonomischen Nische entstanden ist (Hayles 1997), die sie benötigt wie Fische das Wasser, könnte man mit Blick auf die neue Literatur der Netze behaupten, ihre evolutionären Voraussetzungen bestünden nicht nur in den neuen technischen Gegebenheiten auf dem Level von Hardware, Software und Vernetzung, sondern ebenso in der sogenannten New Economy. Ohne die zahlreichen Internet-Literatur-Wettbewerbe oder Plattformen, gesponsert von Firmen wie T-Online oder von Zeitungen und Verlagen, die mit aller Macht und viel Geld ins Internet strebten, hätte es viele der bekanntesten Beispiele digitaler Literatur vermutlich nie gegeben. Ob sich diese durchaus interessierte Kulturförderung lohnt, wird heute bezweifelt.
Vgl. zur Unterscheidung digitaler von digitalisierter Literatur vgl. Heibach 2000. Digitale Literatur ist Literatur, die die Möglichkeiten des Netzes so nutzt, dass sie außerhalb nicht existieren könnte. Digitalisierte Literatur wäre Literatur, die ohne weiteres in Buchform erscheinen kann oder erschienen ist und nun gescannt oder abgetippt (digitalisiert) im Netz erscheint.
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Literatur
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Werber, N. (2008). Sehnsüchtige Semantik. In: Willems, H. (eds) Weltweite Welten. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91033-8_15
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