Auszug
Für die vorliegende Arbeit ist der Fokus leitend, Professionalisierung im Kontext der Biographien der zu professionalisierenden Sportlehrer/innen zu verstehen. Daher wird es an dieser Stelle nicht um die grundsätzliche Aufarbeitung der Professionalisierungsdebatte um den Lehrberuf gehen, sondern um die fokussierte Darstellung der Bedeutungsentwicklung einer biographischen Perspektive auf den Bereich der Professionalisierung von Lehrer/innen7.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Similar content being viewed by others
Literatur
Zur Charakterisierung des Verhältnisses zwischen Pädagogik und Biographieforschung nutzt Schulze die der Biographie entliehene Metapher „Frühe Liebe — späte Hochzeit“ (2002, S. 22). Er spielt damit auf den Sachverhalt an, dass beide Bereiche auf ähnlichen Ausgangsannahmen und geisteswissenschaftlichen Entwicklungen gründen. Der maßgebliche Ausgangspunkt ist in dem „gemeinsamen Interesse an Aufklärung und Bildung der Menschen zu Humanität und Menschenwürde“ (ebd.) im 18. Jahrhundert zu sehen. In der neuzeitlichen Pädagogik steht daher die Auseinandersetzung mit Lebensgeschichten im Mittelpunkt, geht es doch darum, Erziehungs-und Bildungsprozesse als Selbst-und Weltverhältnisse zu konzeptualisieren. Nicht zu vernachlässigen sind aus historischer Sicht daher Rousseaus „émile“ als Pionierarbeit einer pädagogisch-biographischen Perspektive sowie später die Forschungsarbeiten Bernfelds. Insbesondere im „Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung“ (1933/1990) beschreibt er die Notwendigkeit zur Reflexion der eigenen Lern-und Lebensgeschichte für zukünftige Erzieher/ innen, um nicht ungewollt Opfer des eigenen Erzogenseins zu werden und gleichsam selbstverständlich das zu wiederholen, was man selbst an Erziehung ‚ertragen ‘musste. Schulze resümiert zum Zusammenhang zwischen einer biographischen Perspektive und der Pädagogik: „Ein biographischer Bezug ist der Pädagogik in ihrem Gegenstand vorgegeben. Erziehung ist ihrem Wesen nach Einwirkung, Anleitung, Führung, Unterstützung, Hilfe, Anregung oder auch Gegenhaltung und Hemmung in Verbindung mit der Gestaltung eines individuellen menschlichen Lebens“ (1993, S. 13). Es steht also vorrangig die Lebensgeschichte der zu Erziehenden in einem weiteren Sinne im Mittelpunkt des pädagogischen Interesses. Ergänzend bleibt m. E. jedoch hinzuzufügen, dass hiermit nicht nur Kinder und Jugendliche oder zu Erziehende gemeint sein sollten; denn auch für eine professionelle pädagogische Haltung der Initiator/innen pädagogischen Handelns ist die Bedeutung des eigenen Geworden-und Erzogenseins eine relevante Bezugsgröße. Die erste systematische Auseinandersetzung findet sich in dem Sammelband „Aus Geschichten lernen“ von Baacke & Schulze (1979/1993). Aus der Rückschau lässt sich feststellen, dass die Formel „Aus Geschichten lernen“ sich zum Programm entwickelt hat: „zum Programm einer hermeneutisch und biographisch orientierten, narrativen Pädagogik“ (Baacke & Schulze, 1993, S. 6).
Terhart zieht auch die Umkehrung einer solchen Abgleichung in Betracht (Terhart, 2001, S. 58). Dies könnte so interpretiert werden: Die empirische Konstruktion der ‚Wirklichkeit ‘ist auch an den theoretischen Implikationen von (normativen) Konzepten abzugleichen. Was dies jedoch genau für die Professionalisierungsforschung im Spannungsfeld von Theorie und Empirie bedeutet, bleibt unbestimmt.
Aufgabenbezogene Ansätze zeichnen sich in ihren aktuellen schulbezogenen Varianten auffällig durch eine Sichtweise aus, in der widersprüchliche und belastende institutionelle und situative Anforderungen an berufliches Handeln thematisiert werden (vgl. Helsper, 2002). Deren Bewältigung verweist in jüngeren Publikationen zur Lehrerbildung auf den Erwerb eines spezifischen beruflichen Habitus, dessen Aneignung Ausbildungsformen begünstigt, die die Arbeit mit und an Fällen in ihr methodisches Zentrum rücken (vgl. Combe & Kolbe, 2004).
Einen vertiefenden überblick geben Combe & Kolbe (2004).
Dies dokumentiert sich in der Gründung einer entsprechenden Arbeitsgruppe der DGfE (1978).
Eine ausführlichere Kritik am Modell der „Konstanzer Wanne“ legt Gehrmann (2003, S. 153ff.) dar.
Die genaue Fragestellung lautet: „Wenn Sie an das Ende Ihres Berufslebens denken: Welche Möglichkeiten können Sie sich — aus heutiger Sicht — am ehesten vorstellen?“ (vgl. Terhart, 1997, S. 9).
Einige Arbeiten zu Religionslehrer/innen (z. B. Geschwentner-Blachnik, 1996; Lehmann, 1999) sind hinsichtlich der Datenbasis und auch der daraus gezogenen Schlussfolgerungen eher problematisch. Kunze und Stelmaszyk (2004, S. 804) sprechen diesen Arbeiten sogar „impressionistische Züge“ zu. Die Arbeit von Fehlhaber und Garz (1999), die sich allerdings auf die Darstellung eines einzigen Falles stützt, ist wohl die differenzierteste zur fachbezogenen Biographieforschung von Religionslehrer/innen.
Zur antinomischen Struktur pädagogischer Handlungssituationen vgl. auch Schierz & Thiele (2002).
vgl. zu dieser Kritik auch Kunze & Stelmaszyk, 2004, S. 804.
Diese Folgerungen werden hier nur exemplarisch an einem für das Interesse des vorliegenden Beitrags orientierten Beispiel erläutert. Zur deutlich differenzierteren Ausarbeitung Baurs vgl. ders. S. 238–250.
Die Tendenz des Zurückfallens in konservative Einstellungen zu Schule und Unterricht bei Eintritt in die Berufstätigkeit hat insbesondere durch das empirisch belegte Modell der „Konstanzer Wanne“ Eingang in den wissenschaftlichen Diskurs gefunden (vgl. Kap. 2.1.1). Eine Relativierung dieser stark polarisierenden Dateninterpretation sowie eine differenzierte Darstellung der damals entfachten Debatte zu diesem Modell findet sich bei Gehrmann (2003, S. 153–157).
Klinge führte qualitative, leitfadenorientierte Interviews mit insgesamt 12 Studierenden. In die hier vorgestellten Ergebnisse sind die Analysen von sieben dieser Interviews eingeflossen. Es handelt sich also um einen Werkstattbericht. Ihr Interesse hat sich auf die Entwicklung des „fachspezifischen Habitus“ (Huber, Liebau, Portele & Schütte, 1983) bei Sportstudierenden gerichtet.
Vgl. hierzu Miethling (2002, S. 52)
„Für Havighurst sind Entwicklungsaufgaben Aufgaben, die sich aus der Tatsache biologischer Entwicklung innerhalb einer sozialen Umwelt und aus eigenen Zielen ergeben und die zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben der Individuen auftreten und bearbeitet werden müssen“ (Trautmann, 2004, S. 11)
Rights and permissions
Copyright information
© 2008 Deutscher Universitäts-Verlag und VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
(2008). Biographische Perspektiven auf (Sport)Lehrer/innen: Zum Stand der Forschung. In: Biographisches Wissen von Lehrerinnen und Lehrern. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90892-2_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90892-2_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8350-7031-8
Online ISBN: 978-3-531-90892-2
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)