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Erkenntnis-und wissenschaftstheoretische Dimensionen

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Auszug

Wie bereits einleitend ausgeführt (siehe I/2.1), zeichnen sich Erkenntnis-und wissenschaftstheoretische Analysen postmodernen Zuschnitts vor allem durch ihr konstruktivistisches Wirklichkeitsverständnis aus, das insbesondere aus der Reflexion psychischer und sozialer Kognitionsbzw. Beobachtungsprozesse resultiert. Aber nicht nur die postmodernen, sondern Erkenntnis-und Wissenschaftstheorien schlechthin können mit Niklas Luhmann (1990a, S. 469ff.) als „Reflexionstheorien“ des Funktionssystems Wissenschaft, der Wissenschaft der Gesellschaft bezeichnet werden. Derartige Theorien übernehmen die Aufgabe, die Wissenschaft im wissenschaftlichen System zu beobachten, d.h. das System im System zu beschreiben, zu erklären und zu bewerten. Dies kann, wie hier konkretisiert werden soll, in unterschiedlicher Art und Weise geschehen: nämlich deskriptiv/explikativ (1.1), präskriptiv (normativ) (1.2) und dekonstruktiv (1.3).26

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Literatur

  1. Mit diesen reflexionstheoretischen Strategien ist die wissenschaftliche Beobachtung der Wissenschaft noch keineswegs vollständig umschrieben. So könnten sozialarbeitswissenschaftliche Reflexionstheorien beispielsweise auch komparativ ansetzen (vgl. Mühlum 1996a, S. 235.). Und gerade die Komparatistik, die vergleichende Analyse von unterschiedlichen Theorien und Methoden ist das zentrale Thema der für den sozialarbeitswissenschaftlichen Diskurs ausgesprochen wichtigen Arbeiten von Lukas (1979), Marburger (1979), Engelke (1992; 1998) und Mühlum (1996a). In dieser Arbeit wollen wir uns auf die drei genannten Perspektiven, wobei der dekonstruktiven Perspektive der höchste Stellenwert zukommt, beschränken.

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  2. Siehe zur systemtheoretischen Kommunikationstheorie und damit zur strukturellen Kopplung von psychischen und sozialen Systemen vor allem Luhmann 1984, S. 191ff.; 1986b; 1987b; 1992c oder auch Fuchs 1993 und im Kontext Sozialer Arbeit bereits Kleve 1996a, S. 73ff.

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  3. Siehe dazu weiterführend Eberhard 1987, S. 124ff., nach dem speziell die regelgerechte Anwendung abduktionslogischer Postulate —etwa Berücksichtigung möglichst vieler Beobachtungen (auch von unterschiedlichen Beobachtern); Formulierung möglichst vieler Klassen bzw. Hypothesen, in die künftige Beobachtungen eingeordnet und durch die sie erklärt werden könnten; Verwendung einer differenzierten Sprache, mit der viele beobachtbare Unterscheidungen heterogen bezeichnet werden können etc. —eine erkenntnistheoretisch sensible Sozialarbeit auszeichnet (vgl. auch Eberhard/Eberhard 1994).

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  4. Vgl. hierzu etwa die zusammenfassenden Theoriedarstellungen bei Lukas 1979, S. 181 ff.; Marburger 1979. S. 111ff.; Engelke 1992, S. 229; 1998 oder Mühlum 1996a, S. 168ff.

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  5. Siehe zu Derridas ‚Philosophie der Differenz ‘und zum ‚Dekonstruktionismus ‘bzw. ‚Dekon-struktivismus ‘auch die zusammenfassenden Darstellungen von Kimmerle 1988, Welsch 1987, S. 143ff.; 1996b, S. 245ff., Engelmann 1990, S. 18ff. oder Zima 1994; siehe ferner die Ausführungen zum differenzialistischen Denken Derridas in Bezug zu anderen, etwa systemtheoretischen Differenzkonzepten vor allem Luhmann 1990a, S. 93ff.; 1993b; 1995a, S. 159ff.; Nassehi 1995; Schwanitz 1995; Marius/Jahraus 1997; Weisenbacher 1997.

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  6. Vgl. dazu auch Luhmann 1990a, S. 93f.: „Dank der Arbeiten von Jacques Derrida kann man wissen, daß jede Unterscheidung (und damit: der Kontext jeder Bezeichnung) dekonstruierbar ist. Man kann wissen, daß jede Unterscheidung ein Implikations verhältnis im Unterschiedenen postulieren —und dies zugleich negieren muß, wenn sie von der Unterscheidung zur Placierung einer Bezeichnung Gebrauch macht“.

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  7. Die differenztheoretisch, an Spencer-Brown (1969) ausgerichtete funktional-strukturelle Systemtheorie, welche sozusagen zwischen Dekonstruktion und Konstruktivismus operiert (vgl. de Berg/Prangel 1995), bringt indes auch noch die Möglichkeit des Dekonstruierens der Dekonstruktion in den Blick, indem sie nämlich verständlich macht, daß jede differenzgeleitete Beobachtung, selbstverständlich auch diejenige, die ‚blinde Flecken ‘aufdeckt, also die Dekonstruktion, selbst wiederum ‚blinde Hecken ‘erzeugt und somit daraufhin beobachtbar, d. h. dekonstruierbar ist (vgl. Luhmann 1993b; 1995a, S. 159ff.).

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  8. Pluralität ist offensichtlich das erste, was konstatiert werden kann, sobald man einen Blick auf die Theorienlandschaft innerhalb der Sozialen Arbeit wirft (siehe etwa Lukas 1979; Marburger 1979; Engelke 1992; 1998; Mühlum 1996a). So kann denn auch Engelke (1992, S. 93) formulieren: „Das von der Sozialen Arbeit als Wissenschaft hervorgebrachte Theorie-Ensemble ist bunt, vielgestaltig und mehrschichtig wie das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit selbst. [...] So existieren viele eigenwillige Wissenschaftsauffassungen ohne eine angemessene Rückbindung in die Wissenschaftsgeschichte und ohne plausible wissenschaftstheoretische Aufbereitung“.

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  9. Vgl. grundlegend dazu Welsch 1987, S. 54ff., dessen Ausführungen verdeutlichen, daß wir es hierbei mit einer prinzipiellen Ambivalenz innerhalb des Diskurses über den sozialen und wissenschaftlichen Umgang mit der pluralen postmodernen Situation der ‚neuen Unübersicht-lichkeit ‘(Jürgen Habermas) zu tun haben. Denn auf der einen Seite wird —etwa in Anlehnung an Klassiker wie Hegel oder Marx, durch Denker des New-Age (z.B. Capra, Ferguson) oder auch teilweise durch die ‚Kritische Theorie ‘und ihre Nachfolger (z.B. Habermas ‘Theorie des kommunikativen Handelns) —Integration bzw. Ganzheitlichkeit gefordert —im Sinne der Überwindung der bis ins extremste gesteigerten Differenzierungen sozialer Wirklichkeiten oder wissenschaftlicher Konzepte. Auf der anderen Seite wird —vor allem durch französische Philosophen (z. B. Pascal, Valéry, Lyotard oder Derrida), aber auch, wie ich ergänzen möchte (vgl. dazu bereits Kleve 1997a; 1997b), durch soziologische System-und Differenztheoretiker (Luhmann u.a.) —(zumindest implizit) die Anerkennung von Desintegration und Differenz gefordert.

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  10. Vgl. auch Müller 1993, S. 15, der unter seinem Konzept der ‚multiperspektivischen Fallarbeit ‘eine Betrachtungsweise versteht, „wonach sozialpädagogisches Handeln bewußte Perspektivenwechsel zwischen unterschiedlichen Bezugsrahmen erfordert. Multiperspektivisches Vorgehen heißt z.B., die leistungs-und verfahrensrechtlichen, die pädagogischen, die therapeutischen und die fiskalischen Bezugsrahmen eines Jugendhilfe-Falles nicht miteinander zu vermengen, aber dennoch sie als wechselseitig füreinander relevante Größen zu behandeln“ (ebd.; Hervorhebung im Original).

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  11. Siehe exemplarisch Obrecht 1996 oder Mühlum 1997, S. 127; beide Autoren fordern besonders vehement eine integrative Funktion der Sozialarbeitswissenschaft zur Überwindung des bezugswissenschaftlichen ‚Fächersalats‘. Indem allerdings Mühlum (1996b, S. 38; vgl. auch Mühlum/Bartholomeyczik/Göpel 1997, S. 251) an anderer Stelle die Möglichkeit der Integrationsfunktion der Sozialarbeitswissenschaft relativiert, wenn er ausführt, daß es diesbezüglich nicht um eine „Super-Integrations-Wissenschaft“ gehen könne, verdeutlichen seine Ausführungen die ambivalente Widersprüchlichkeit der sozialarbeiterischen Debatte, die zwischen wissenschaftlicher Bescheidenheit und Omnipotenz zu pendeln scheint. Siehe dazu auch Kopperschmidt 1996, der dem Konzept einer sozialarbeiterischen Integrations Wissenschaft besonders kritisch bis ablehnend gegenübersteht.

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  12. Siehe zur Kritik derartiger Ansätze auch Staub-Bernasconi 1993b, S. 123ff., die in fünf Punkten —1. der Thematisierung sozialer Probleme; 2. der Ursachen sozialer Probleme; 3. der sozialarbeiterischen Handlungsziele; 4. der auftraggebenden Instanz Sozialer Arbeit sowie 5. der Handlungstheorie einer Sozialarbeit —herausarbeitet, mit welchen Vorstellungen ganzheitliche (holistische) Sozialarbeitstheorien einhergehen. Allerdings scheinen mir die Ausführungen von Staub-Bernasconi bezüglich des systemtheoretischen Holismus eher undifferenziert und unterkomplex, da die Autorin die Unterschiede des strukturell-funktionalen und des funktional-strukturellen Ansatzes nicht belichtet, sondern vielmehr beide Systemtheorien unter ein und dasselbe holistische Paradigma subsumiert. Luhmann (1967) hat sich allerdings bereits Ende der 1960er Jahre mit seinem Konzept der ‚funktional-strukturellen Systemtheorie ‘von dem Holismus des Strukturfunktionalismus abgegrenzt (siehe dazu eingehender II./2.2.2). 38 Siehe hierzu vor allem die Arbeiten von Thiersch 1986; 1992; 1993 oder den Sammelband von Rauschenbach/Ortmann/Karsten 1993; zusammenfassend und kritisch siehe auch Hollstein-Brinkmann 1993, S. 70ff.

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  13. Der Begriff ‚Lebenswelt‘, der sich auf „die alltägliche Wirklichkeitserfahrung eines verlaßlichen, soziale Sicherheit und Erwartbarkeit bietenden primären Handlungszusammenhanges (Familie, Nachbarschaft, Gemeinwesen, bestimmte Gruppen, soziokulturelle Milieus usw.)“ (Frank 1993, S. 614) bezieht, geht zurück auf die phänomenologische Philosophie Edmund Husserls, an der sich Alfred Schütz orientierte, der den Lebenswelt-Begriff in die Sozialwis-senschaften einführte (vgl. Morel u.a. 1997, S. 67ff.). Jürgen Habermas (1981) hat den Begriff in der Theorie des kommunikativen Handelns in eine gesellschaftskritische Argumentation aufgenommen und bezeichnet mit ihm den Bereich der Gesellschaft, in dem die verständigungs-orientierte kommunikative Rationalität —im Unterschied zur systemischen, durch die Medien Geld und Macht geprägten Rationalität der gesellschaftlichen Subsysteme —vorherrscht bzw. vorherrschen sollte. Aus systemtheoretischer Perspektive ist ein solcher Lebensweltbegriff allerdings nur bedingt brauchbar; denn es erscheint —insbesondere aus der Sicht der Theorie funktionaler Differenzierung (vgl. III/1.1) —unterkomplex, sich die Gesellschaft als (nur) in zwei Bereiche, in denen entweder ‚lebensweltliche ‘oder systemische Eigenlogiken prozessieren, vorzustellen; vielmehr ‚zerschneidet’ sich die Gesellschaft interaktioneil, organisatorisch und funktionssystemisch durch die unterschiedlichsten wirtschaftlichen, familiär-intimen, politischen, wissenschaftlichen, pädagogischen, juristischen, künstlerischen, religiösen, sozialar-beiterischen etc. sozialen (kontextural ausdifferenzierten) Eigenlogiken; siehe dazu auch Fuchs 1992a, S. 123: „Lebenswelt koppelt nicht ab von sozialer Systemik. Vielmehr ist sie [...] unter modernen Bedingungen nur als polykontexturale beschreibbar“.

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  14. Diese Intention entspricht auch einer postmodern aufgeklärten Praxis der Sozialarbeit, in der die Diffusion von Konformität und Devianz nicht mehr ausgeblendet werden kann und die Sozialarbeit nicht sozialintegrative Normalisierung anstrebt, sondern (nur noch) Hilfe (vgl. III./3.; IV./1. und ansatzweise bereits Kleve 1997b). 41 Daß Sozialarbeit zu einer von außen oktroyierten und entsprachlichten Verrechtlichung und Ökonomisierung ‚lebensweltlicher‘, d.h. verständigungsorientierter sprachlicher Interaktions-formen, zu einer „Kolonialisierung der Lebenswelt“ führen könne, ist die These von Habermas (1981, S. 522ff.). Siehe dazu weiterführend auch Müller/Otto 1984; Schmitz 1984; und Hollstein-Brinkmann 1993, S. 162ff.

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  15. Siehe hierzu auch Göppner 1997, insb. S. 36f, der anführt, daß die Sozialarbeit(swissenschaf t) kaum mit einer „Berufung auf Alltagsorientierung und Ganzheitlichkeit des Ansatzes [h.]“ (ebd., S. 36) dem Problem „der disziplinären Kolonialisierung von menschlichen Problemla-gen“ (ebd.) entgeht. Vielmehr sei „eine im Ganzheitswahn verlorene Sozialarbeitswissenschaft [h.] nicht mehr in der Lage, ihre blinden Hecken zu sondieren, diese Soziale Arbeit vereinnahmt ihr[e] Klientel genauso zwangsläufig wie jede andere disziplinäre Intervention“ (ebd.).

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  16. Allerdings wird in theoretischen oder methodischen Sozialarbeitskonzepten, die sich auf die Systemtheorie(n) beziehen, teilweise auf Capras populärwissenschaftliche Arbeiten verwiesen; siehe dazu etwa Lüssi 1992, S. 64; Hollstein-Brinkmann 1993, S. 26/34. Auch die in der Sozialarbeit sich rasant verbreitende Methode der systemischen Familientherapie/-beratung wird nicht selten in das von Capra postulierte ganzheitlich-ökologische Paradigma eingeordnet; siehe dazu etwa Guntern 1980; von Schlippe 1987, S. 20f.

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  17. Auch wenn der Konstruktivismus die Notwendigkeit hervorhebt, bei jedem Erkennen bzw. Beobachten zu unterscheiden, können auch seine Annahmen letztlich als reflektiert holistisch interpretiert werden; denn sie verdeutlichen die artifizielle Konstrukthaftigkeit der dualistischen Unterscheidungen (vgl. etwa Watzlawick 1981) und heben hervor, „daß wir nicht in der Welt leben, die wir als Medium von unserem Körper unterscheiden, sondern mit dieser Welt, zu der unser Körper und unser Selbst gehören“ (Schmidt 1987b, S. 42; Hervorhebung im Original; H.K.).

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  18. Mit Eberhard (1987, S. 22ff.) könnte man durchaus von der Möglichkeit eines mystisch-magischen Erkenntnisweges sprechen, der in der Sozialarbeit etwa damit einhergehen würde, als Helfer/in erstens seine Distanz zu den Klientinnen und Klienten aufzugeben und zweitens deren „Auswirkungen auf das eigene Wesen durch Innenschau“ (ebd., S. 27) zu erfühlen. Der zweite Schritt dieses Erkenntnisweges wird ja letztlich bereits in jeder sozial-beruflichen Selbstreflexion (z.B. durch Supervision oder Selbstevaluation) praktiziert; die Fähigkeit der reflektierten ‚Innenschau’ scheint sogar ein wesentliches Kriterium der Professionalität von Sozialarbeitern zu sein.

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  19. Siehe dazu etwa Müller/ Halder 1958, S. 73f./42f., die Hegels Dialektik als die Philosophie des Absoluten schlechthin (in dem alle Widersprüche aufgehoben sind) interpretieren. Denn nach Hegel setze sich das Absolute gewissermaßen ‚wie von selbst ‘durch. „Alle Verwirklichung des Absoluten, als Natur wie als Geist, und damit alle Geschichte dieser Verwirklichung geschieht aber dialektisch: Jedes gesetzte Stadium (Thesis) treibt seinen Gegensatz (Antithesis) hervor, beide sind in der folgenden Synthesis ‚aufgehoben‘, d. h. verneint, bewahrt und erhöht zugleich-so, wie jeder Begriff aus sich den Gegenbegriff erzeugt und beide im Überbegriff aufgehoben sind“ (ebd., S. 73f.).

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  20. Die Begriffe ‚Zwischensystem ‘und ‚zwischensystemisch ‘entwickelte R. Wolff in einer Seminardiskussion im Wintersemester 1997/98 im Promotionskolloquium „Theorie und Praxis sozialer Hilfesysteme“ der Freien Universität Berlin bezüglich der intermediären Aufgaben Sozialer Arbeit; siehe dazu auch Beck 1993, S. 189, der „zwischensystemische Vermittlungsinstitutionen“ geradezu als Paradebeispiel für den Umgang mit Ambivalenzen, mit widersprüchlichen und gegensätzlichen Systemerwartungen innerhalb der reflexiven Moderne versteht.

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  21. Der Begriff ‚moderat’ soll auf die Unterscheidung von ‚radikal ‘verweisen; radikal-postmodern wäre Lyotards Position zu nennen, da Ganzheitlichkeit nicht differenziert, sondern vielmehr generell abgelehnt wird. Demgegenüber vertritt Welsch (z.B. 1987; 1996b), an den wir uns anlehnen, einen moderaten postmodernen Ansatz, der Ganzheitlichkeit nicht schlechthin verdammt, sondern ihre auf Einheit, Totalität und Absolutheit hinauslaufenden Implikationen dekonstruiert.

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  22. Vgl. zur Unterscheidung präziser/diffuser Postmodernismus Welsch 1987, S. 2/41. Während ein diffuser Postmodernismus in feuilletonistischer Manier soziale, kulturelle oder ethische Beliebigkeit konstatiert oder postuliert, verwischt er einen päzisen Postmodernismus, der für Differenz, radikale Pluralität sowie reflektierten Relativismus steht und das gleichberechtigte Nebeneinander widerstreitender Positionen postuliert —ohne dem Idealbild eines totalitärganzheitlichen Konsenses (siehe dazu auch Lyotard 1983).

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  23. Siehe dazu auch Göppner 1997, S. 36, der betont, daß sich eine von fremddisziplinären Kolonialisierungszugriffen befreiende Sozialarbeitswissenschaft davor hüten müsse, „daß irgendeine Teilrationalität [z. B. der Lebensweltansatz; vgl. ebd., S. 38f. oder der personorientierte Ansatz; vgl. 39f.; H.K.] ‚Ganzheitlichkeit ‘für sich reklamiert“.

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  24. Siehe dazu Welsch 1996b, S. 946f., der darauf hinweist, daß insbesondere Transdisziplinarität dazu beitragen könnte, die „Verbindungslinien“ zwischen unterschiedlichen Wissenschaften herauszuarbeiten; denn sie verdeutlicht, daß „Disziplinen [...] in Wahrheit nicht durch einen ‚Kern ‘konstituiert, sondern durch netzartige Knoten organisiert [sind]“ (ebd., S. 957). „Die Folgen eines solchen Übergangs zu Transdisziplinarität wären weitreichend. Forschungs-institutionen und Universitäten hätten das Feld des Wissens nicht mehr nach territorialen Herrschaftsbereichen, Dominien, Disziplinen, Fächern zu gliedern, sondern hätten Transdisziplinarität zum Strukturprinzip zu erheben. Die faktische transdisziplinäre Verfassung der disziplinären Gehalte wäre von Anfang zur Geltung zu bringen“ (ebd., S. 947). Es dürfte evident sein, daß besonders die Sozialarbeitswissenschaft mit ihren vielfältigen Bezügen zu anderen Human-, Geistes-und Sozialwissenschaften kaum invisibilisieren kann, daß man sie „veritabel nicht anders als transdisziplinäre betreiben“ (ebd.) kann.

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  25. Siehe zum Paradigmawechsel in der Systemtheorie (vgl. Luhmann 1984, S. 15ff.) auch Bardmann 1997d, der im Zusammenhang mit Veränderungen in Konzepten systemisch orientierter Sozialer Gruppenarbeit drei Paradigmen in der Entwicklung der soziologischen Systemtheorie expliziert: das Teil/Ganzes-, das System/Umwelt-und das Selbstreferenz/Fremdreferenz-Paradigma.

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  26. Siehe dazu insbesondere sämtliche Arbeiten von Luhmann, in denen spätestens seit der Veröffentlichung seines theoretischen Hauptwerkes Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie (1984) die kommunikationstheoretische Basis der Theorie sozialer Systeme an vielen Stellen immer wieder diskutiert und plausibilisiert wird; siehe weiterhin auch Willke 1993, 1994, 1995; Fuchs 1992a, 1993, 1995; Fuchs/Göbel 1994; Bardmann 1994. Diese Autoren greifen bezüglich unterschiedlicher sozialwissenschaftlicher Fragestellungen das Luhmannsche Systemparadigma auf und diskutieren es bezüglich seiner innovativen Erträge. Siehe zur Einführung in dieses Paradigma vor allem Fuchs 1992b, der das, was im Zentrum der Systemtheorie Luhmanns steht, nämlich Kommunikation, „in einer Art Simulation von Kommunikation [...] als Konstruktion von Kommunikation über Systemtheorie“ (ebd., S. 8) durchspielt.

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  27. Siehe dazu bereits Lukas 1979, S. 100ff./204ff., der die funktionale Analyse im Zusammenhang mit einer systemfunktional orientierten Sozialarbeitswissenschaft diskutiert.

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  28. Siehe dazu Fuchs 1994, für den Beratung schlechthin in erster Linie ein kommunikatives, sozialstrukturelles und kein psychologisches Phänomen ist oder auch Dewe/Ferchhoff/Scherr/ Stüwe 1995, S. 120, die eingehend betonen, daß sich sozialarbeiterische Beratung von individualspezifischer Therapie „im Sinne einer erst durch Restrukturierungen individueller Identität zu erlangender Handlungsfähigkeit“ gerade dadurch unterscheidet, daß nicht die individuellpsychische, sondern „die soziale und strukturelle Seite des je thematischen Problems expliziter Gegenstand der Beratungskommunikation ist“.

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  29. Siehe exemplarisch vor allem die jüngste Literatur zum Themenfeld der Sozialarbeitswissenschaft, in der die Auseinandersetzung über das Verhältnis von sozialarbeiterischer Theorie und Praxis ein zentraler Aspekt ist: Engelke 1992; 1998; Wendt 1994; Merten/Sommerfeld/Koditek 1996; Puhl 1996; Mühlum/Bartholomeyczik/Göpel 1997; des weiteren die bereits zum Klassiker der Sozialarbeitswissenschaft avancierte Studie von Lukas 1979 sowie ferner die von kritisch-rationalistischen Positionen ausgehenden Braunschweiger Studien zur Erziehungs-und Sozialarbeitswissenschaft: etwa Alisch/Rössner 1980; Rössner 1982; Rössner 1989; darüber hinaus siehe insbesondere auch die jüngsten Analysen von Salustowicz 1995; Staub-Bernasconi 1995b; Dewe/Otto 1996; Baecker 1997a; Merten 1997a und schließlich die Methodendebatten in den Bänden von Groddeck/Schumann 1994; Heiner/Meinhold/von Spiegel/Staub-Bernasconi 1994; Dewe/Ferchhoff/Scherr/Stüwe 1995.

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  30. Siehe dazu auch Kopperschmidt 1996, S. 391, der sich äußerst skeptisch fragt, wie „angesichts zunehmender Subsubdifferenzierungstendenzen des gesellschaftlich bereits ausdifferenzierten funktionalen Subsystem Wissenschaft noch eine Wissenschaft möglich sein [könnte], deren Zuständigkeitsbereich ko-extensional wäre mit dem heutigen Berufsfeld von Sozialarbeit, also allumfassend“. Allerdings kann sogleich angemerkt werden, daß Soziale Arbeit zwar bei einem eher oberflächlichen Blick als „allumfassend“ bzw. „allzuständig“ gelten kann, aber dies heißt nur, daß sie sich „in völlig heterogenen Arbeitsfeldern bewegt“ (Merten 1997a, S.152), für die sie „jedoch spezifische Wissensbestände entwickelt hat“ (ebd.; Hervorhebung im Original). Soziale Arbeit als Wissenschaft ist also nicht „allzuständig“, sondern eingegrenzt auf die Reflexion von professioneller Hilfe bei sozialen Problemen.

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  31. Vgl. dazu bereits Luhmann 1969, S. 253, der ausführt, daß die „Arbeit an Theorien ein Handeln ist wie jedes andere Handeln auch“, also eine „Praxis“. Damit wird bereits angedeutet, daß es nicht nur eine Grenze zwischen Theorie und Praxis zu geben scheint und daß Theorie und Praxis nicht lediglich komplementäre Begriffe sind, sondern sozialstrukturelle Kommunikationspraxen, die sich gegenseitig in vielfältigster Weise aufeinander beziehen und gegeneinander abgrenzen (lassen).

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  32. Daß neben reflexiv angewendeten Theorien speziell Supervisionen diesen Zweck erfüllen, zeigen Kersting (1992) und insbesondere Rappe/Rappe-Giesecke (1997). Speziell in der Supervision ist es möglich, training cum research im Sinne Michael Balints zu praktizieren (vgl. Rappe/Rappe-Giesecke 1997, S. 676ff.). Supervision eignet sich also dazu, Selbsterfahrung sowie das Erlernen und Reflektieren von Methoden zu verbinden mit der Erforschung sowohl der je individuellen psychischen Wirklichkeiten der Supervisanden als auch der sozialen (interaktioneilen und organisatorischen) Realitäten der spezifischen Arbeitsfelder.

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  33. Siehe dazu etwa den klassischen Text von Kant aus dem Jahre 1793 mit dem Titel „Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“; vgl. zur Diskussion der Aussagen von Kant —insbesondere bezüglich erziehungswissenschaftlicher Theorie-Praxis und Praxis-Theorie —etwa Rössner 1989, S. 18ff.

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  34. Vgl. zur Explizierung des Theorie-Praxis-Bezugs aus system-und diffenztheoretischer bzw. konstruktivistischer Sicht auch Bardmann 1997b; 1997c, für den das „Faszinierende“ an der Differenztheorie, „an einer Theorie, die hinter der Aufforderung ‚Unterscheide!’ steckt“ (Bardmann 1997b, S. 19), speziell in der Möglichkeit besteht, den Theorie-Praxis-Bezug so zu fassen, daß „Theorie und Praxis als auch nur eine Unterscheidung“ kenntlich gemacht werden können und damit so eng aufeinander bezogen werden, „daß spürbar wird, daß beides untrennbar zusammengehört: Mit den Unterscheidungen, die wir setzen, schaffen wir Wirklichkeiten!“.

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  35. Siehe dazu auch Dewe/ Ferchhoff/ Scherr/ Stüwe 1996, S. 121, die bezüglich der Notwendigkeit hermeneutischer Falldeutungskompetenz in der Sozialen Arbeit darauf hinweisen, daß Sozialpädagoginnen bzw. Sozialarbeiter „Wissenschaftler und Praktiker zugleich“ sein müssen, „denn sozialwissenschaftlich inspirierte Fallanalyse und konkretes pädagogisches Handeln sind —idealiter —gleichberechtigte Bestandteile“ der Berufspraxis.

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  36. Vgl. hierzu auch Rössner 1989, S. 21, der betont, daß schon Kant lehrte, „daß mit keiner Theorie alle Elemente einer (praktischen) Situation erfaßt werden können, daß mit dem System der Theorie (als Relationsgefüge) keine Situation (als kognitiv repräsentiertes Relationsgefüge einer Realität bzw. eines Realitätsausschnittes) vollständig abgebildet werden kann“. 64 Auf den Aspekt der Nicht-Beliebigkeit komme ich im nächsten Kapitel ausführlich zurück (siehe II./4.2.1).

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  37. Es dürfte evident sein, daß sich soziale Probleme als die ‚Gegenstände’ sozialer Arbeit zwar kommunikativ repräsentieren (vgl. Kleve 1997a, S. 49ff.), aber zugleich auch biologische und psychische Auswirkungen haben können. Siehe zur Wechselwirkung zwischen kommunikativen, psychischen und biologischen Strukturen, deren Kopplung sowie zu systemtheoretisch orientierten Interventionen in diese Strukturen aus systemtherapeutischer Sicht insbesondere Simon 1995b und aus soziologischer Sicht Willke 1994.

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  38. Siehe dazu etwa diverse Aufsätze zur programmatischen Bestimmung der Sozialarbeitswissen-schaft, in denen die Praxisorientierung auch als Anwendungsorientierung bezeichnet und diskutiert wird: z. B. Wendt 1994b, S. 25ff.; Mühlum 1994, S. 54; 1996b, S. 30; Müller/Gehrmann 1996; Erath/Göppner 1996, S. 200f.; Obrecht 1996.

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  39. Siehe zum Phänomen der (epistemologischen) Ästhetisierung der Wirklichkeit Welsch 1989a; 1989b; 1993; 1996a: „Wir sehen keine festen oder letzten Fundamente mehr, sondern Wirklichkeit nimmt für uns eine Verfassung an, wie wir sie bislang nur von der Kunst kannten —eine Verfassung des Produziertseins, der Veränderbarkeit, der Unverbindlichkeit, des Schwebens usw.“ (Welsch 1993, S. 21).

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  40. Diesen und andere praktische Aspekte konstruktivistischen Denkens haben beispielsweise auch Watzlawick (1981) oder von Foerster (1993) gerade im Hinblick auf ethische Fragestellungen immer wieder herausgestrichen. Ebenfalls für Maturana und Varela (1987) folgen aus ihren kognitionstheoretischen Forschungen und Theorien praktisch relevante Dimensionen. So verpflichte ihre erkenntnistheoretische Reflexion, ihr Erkennen des Erkennens, „zu einer Haltung ständiger Wachsamkeit gegenüber der Versuchung der Gewißheit“ (ebd., 263), d. h. zu der Einsicht, „daß unsere Gewißheiten keine Beweise sind, daß die Welt, die jedermann sieht, nicht die Welt ist, sondern eine Welt, die wir mit anderen hervorbringen“ (Hervorhebung im Original). Überdies hat vor allem Varela in Zusammenarbeit mit anderen Kognitionswissenschaftlern in Anlehnung an buddhistische Achtsamkeit/Gewahrseins-Traditionen (z.B. der Meditationspraxis des Zen) versucht, eine Brücke zwischen wissenschaftlicher Theorie und menschlicher Erfahrung zu schlagen (vgl. Varela/Thompson/Rosch 1991). Angesichts des Gespenstes der Bodenlosigkeit, das aus konstruktivistischen und postmodernen Reflexionen aufsteigt, wird von Varela und seinen Kollegen ein mittlerer Weg der Erkenntnis zwischen Subjektivismus und Objektivismus vorgeschlagen, der vielfältige ethische Implikationen für die tägliche Lebenspraxis mit sich bringt (vgl. dazu bereits ansatzweise Maturana/Varela 1984; siehe dazu auch Vogd 1996). Eine praktische und zugleich sehr spannende sowie äußerst provokante Anwendung finden konstruktivistische Annahmen beispielsweise auch bei der sogenannten Story Dealer AG, einem Verein zur Inszenierung von Realitäten (vgl. Geißlinger 1992). Wer den Heidelberger Kongressen ‚Das Ende der großen Entwürfe ‘(im Jahre 1992) oder ‚Science Fiction ‘(im Jahre 1996) beigewohnt hat, konnte selbst erfahren, was es heißen kann, wenn der Wirklichkeitssinn verschwimmt, weil plötzlich etwas möglich wird, was man nicht für möglich hielt. Interessant erscheint mir schließlich, daß trotz der sprachlichen Abstraktionen vor allem systemtheoretischer Konstruktivismen neurophysiologischer oder soziologischer Prägung die Thesen und Anschauungen, die mit diesen Theorien einhergehen, nicht nur vielfältige wissen-schaftlich-disziplinäre Anschlüsse finden, sondern zugleich auch in vielen Professionen rezipiert werden: z. B. in der Psychobzw. Familientherapie (siehe exemplarisch etwa de Shazer 1988; 1991; Simon 1993; 1995a; 1995b), der Beratung und Supervision (siehe z.B. Kersting 1992 und die weiteren Arbeiten des Instituts für Beratung und Supervision Aachen) oder der Organisationsentwicklung (siehe etwa Vogel/Bürger/Nebel/Kersting 1994). Wenn man dieses Phänomen betrachtet, könnte man mit Baecker (1994b, S. 13) resümieren, daß „paradoxerweise gerade die hochgetriebenen Abstraktionen der Theorien, die hier im Spiel sind, als erstaunlich praxisnah erscheinen“.

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  41. An diesem Punkt gerät bereits die Methodik als „die Lehre vom richtigen Weg“ (Mühlum/ Bartholomeyczik/ Göpel 1997, S. 132ff.) in den Blick, die allerdings erst im nächsten Kapitel the-matisiert wird, weil sie sich besonders offensichtlich in der Ambivalenz zwischen Beliebigkeit und Fundamentalismus befindet.

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  42. Vielleicht erscheint es diesbezüglich sogar passend, dem (esoterischen) Psychologen Dethlefsen (1979, 81) zuzustimmen, der formuliert, daß die „sogenannte Umwelt [h.] ein Spiegel [ist], in dem jeder Mensch lediglich sich selbst erlebt“. Deshalb sei „die Beobachtung der eigenen Umwelt und der Ereignisse, mit denen man konfrontiert wird, eine der besten Methoden zur Selbsterkenntnis“ (ebd., 83).

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  43. Daß anderes Wahrnehmen bzw. anderes Deuten von Situationen, Ereignisssen usw. als bisher anderes Handeln als bisher ermöglicht, ist eine Grundannahme der eminent konstruktivistischen Methode des Umdeutens bzw. des Reframings; siehe dazu vor allem die Literatur zur Praxis systemisch-konstruktivistischer Therapie und Beratung —z.B. Watzlawick 1977; de Shazer 1988; 1991 —und zum Neurolinguistischen Programmieren —z.B. Bandler/Grinder 1979; 1982; Dilts/Bandler/Grinder 1980.

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  44. Siehe zum Überblick sozialarbeiterischer Theorien etwa die Studien von Lukas 1979 und Marburger 1979 und die jüngsten Darstellungen von Engelke 1992; 1998 oder Mühlum 1996a; zum aktuellen Methodendiskurs in der Sozialarbeit siehe exemplarisch Geißler/Hege 1988; Groddeck/Schumann 1994; Heiner/Meinhold/von Spiegel/Staub-Bernasconi 1994; Dewe/ Ferchhoff/Scherr/Stüwe 1995 und ferner den Überblick zur Methodengeschichte der Sozialarbeit von Müller 1988; 1997 sowie die Diskussion zur sozialarbeiterischen Methodik bei Lüssi 1992.

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  45. Siehe dazu auch Engelke 1992, S. 129, der betont, daß die verschiedenen wissenschaftlichen und methodischen Schulen der Sozialen Arbeit neben der Vorliebe, Wertfragen direkt oder indirekt an erster Stelle zu behandeln, eine weitere Vorliebe hätten, nämlich sich gegenseitig „geradezu vernichtend“ zu kritisieren. „Kritisieren scheint allenthalben attraktiver zu sein als die Last anstrengenden Denkens und fundierten Auseinandersetzens“ (ebd.). Siehe dazu auch Merten 1997b, S. 296, der bezüglich der kontroversen Debatte um Sozialarbeitswissenschaft glaubt, Ideologieproduktion bei denjenigen Vertretern des Diskurses zu beobachten, die den „aktuellen Charakter der akademischen Sozialen Arbeit als Wissenschaft [dementieren], nur um ihr je eigenes Projekt wie Phönix aus der Asche emporsteigen zu lassen“.

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  46. Die explizit intendierte ‚Handlungsorientierung ‘—im Sinne eines Veränderung intendierenden Handelns in der sozialen Praxis —ist zugleich der wesentliche Unterschied von Methoden in der professionellen Sozialarbeit und Methoden im wissenschaftlichen Bereich (z.B. den Methoden empirischer Sozialforschung), diese orientieren sich an dem Kriterium (bzw. dem Kommunikationsmedium) der ‚Wahrheit‘(sfähigkeit) (vgl. Luhmann 1990a), jene gehen mit Aspekten wie ‚Wirksamkeit‘, ‚Brauchbarkeit‘, ‚Passung ‘und ‚Angemessenheit ‘einher (vgl. auch Merten 1997a, S. 113). Diese Dichotomie von ‚Wahrheit ‘und ‚Brauchbarkeit ‘wird allerdings von einigen Methoden empirischer Sozialforschung als unbrauchbar abgelehnt, z.B. von der Aktionsforschung (vgl. Eberhard 1987, S. 51 und im expliziten Zusammenhang mit Sozialarbeit etwa Kersting 1979; 1980) oder der Supervision, verstanden als integrative Form von kommunikativer Sozialforschung und Selbsterfahrung (vgl. Rappe/Rappe-Giesecke 1997). Denn diese Methoden, die wegen ihres eher qualitativ ausgerichteten Forschungsdesigns und ihres ‚de-objektivierenden ‘Handlungsbezugs besonders für die Praxisforschung der Sozialen Arbeit passend sind (vgl. etwa Fuchs, D. 1996), gehen davon aus und intendieren sogar, daß die Forscher während des Forschens zugleich verändernd auf den Forschungsgegenstand einwirken. Siehe zur Frage, welche empirische Forschungsmethodik —insbesondere bezüglich der sozialarbeitswissenschaftlichen Rekonstruktion von Interaktions-und Organisationspraxen-die Sozialarbeit benötigt, ausführlich: z. B. Haupert 1994; Kraimer 1994; Schütze 1994 oder Gehrmann 1996.

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  47. Siehe zur Erweiterung dieses klassischen Methodenspektrums Sozialer Arbeit etwa Beiträge zu den Sozialarbeitsmethoden Supervision (z.B. Leffers 1994), Evaluation (z.B. Heiner 1994b), Sozialmanagement (z.B. Müller-Schöll/Priepke 1991) und Organisationsentwicklung (z.B. Vogel/Bürger/Nebel/Kersting 1994).

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  48. Trotz des Anführens dieses der Praxiserfahrung äußerst plausiblen Sprichwortes ist auch für Heiner/ Meinhold/ von Spiegel/ Staub-Bernasconi (1994, S. 291) Planung, neben Umsetzung, Auswertung und Reflexion eine primäre unhintergehbare Dimension des methodischen Handelns.

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  49. Siehe zur Spezifität von Interaktionssystemen und ihrer Unterscheidung von Organisations-und Gesellschaftssystemen Luhmann 1975, S. 8ff.; 1984, S. 560ff; 1997, S. 813ff./826ff. Das Spezifische an Interaktionssystemen ist, daß sie „dadurch zustande kommen, daß Anwesende sich wechselseitig wahrnehmen. Das schließt Wahrnehmung des Sich-Wahrnehmens ein. Ihr Selektionsprinzip und zugleich ihr Grenzbildungsprinzip ist die Anwesenheit. Wer nicht anwesend ist, gehört nicht zum System —wie eng immer im übrigen seine Beziehungen zu den Teilnehmern sein mögen“ (Luhmann 1975, S. 10; Hervorhebung im Original). Die pragmatische Kommunikationstheorie von Watzlawick/Beavin/Jackson (1969) beschreibt die Dynamik in Interaktionssystemen, in denen gilt, daß nicht nicht kommuniziert werden kann.

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  50. Für diese Formulierung danke ich der Sozialarbeiterin Gabi Schäfer, die Lüssis Buch Systemische Sozialarbeit so nennt, weil sie den Eindruck habe, daß es in vielen Ausbildungskontexten-von den Methodenveranstaltungen der (Fach-)Hochschulen bis hin zu den Fortbildungskursen systemisch-familientherapeutisch orientierter Ausbildungsinstitute —mittlerweile als wichtiges, wenn nicht sogar als das wichtigste Standardwerk zur Methodik Sozialer Arbeit präsentiert werde. Trotz der sehr präskriptiven, ja zum Teil fundamentalistischen Ausrichtung dieses Buches kann es m.E. durchaus eine produktive Lektüre bieten; denn Lüssi setzt sich detailliert mit den unterschiedlichen methodischen Handlungsformen der Sozialarbeit und ihrer theoretischen Fundierungen auseinander und bringt auch deren Reduktionismen und Vereinseitigungen in den Blick (siehe dazu Lüssi 1992, S. 23ff.); schade nur, daß er seine Sozialarbeitslehre letztlich ähnlich anlegt wie die von ihm kritisierten Methoden: als eine die Praxis belehrende Methodentheorie, die darüber hinaus ein Systembzw. Ganzheitskonzept der strukturfunktionalistischen Art postuliert. Vgl. dazu den Autor selbst, der von der Überzeugung ausgeht, „Sozialarbeitslehre belehrt notwendigerweise [...], indem sie berufliche Standards, Normen, Grenzen errichtet und Handlungsanweisungen gibt“ (ebd., S. 43). Die Frage, die sich dabei stellt, ist jedoch: Läßt sich die Praxis, lassen sich agierende Sozialarbeiterinnen von äußerst präskriptiv angelegten Methodenkonzepten belehren? Dies darf bezweifelt werden. Vgl. dazu auch den systemischen Sozialarbeitswissenschaftler und ausgewiesenen Praktiker Pfeifer-Schaupp 1995, S. 20, Fn. 6, für den Lüssis Buch „über weite Strecken eher ermüdend, teilweise trivial und insgesamt enttäuschend [war], gemessen an dem, was Titel und Programmatik versprechen“. Zur Auseinandersetzung mit Lüssis Professionskonzept der Sozialarbeit siehe ausführlich ebenfalls Germershausen/Wehrmann 1997, S. 39ff.

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  51. Siehe als Beispiele für —aus meiner Sicht —zukunftsweisende Konzepte sozialarbeiterischer Methodik, die offen und plural angelegt und in ihrem Anspruch nach bescheiden sind, etwa den multiperspektivischen Case-Management-Ansatz von Müller 1993, die systemisch-konstruk-tivistische Methodenschau von Pfeifer-Schaupp 1995, den Empowerment-Ansatz von Stark 1996, die Ansätze einer systemisch-konstruktivistisch orientierten sozialen Gruppenarbeit, die Nebel/Woltmann-Zingsheim 1997 zusammentrugen oder das sozialpsychiatrische Methoden-und Evaluationskonzept von Armbruster 1998.

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  52. Siehe zu einer ähnlichen, aber anders akzentuierten Unterscheidung, die ebenfalls die jeweiligen ‚blinden Hecken ‘aufdecken soll, Göppner 1997, der zwischen dem Lebensweltansatz (vgl. ebd., S. 38f.) als einer eher sozialökologischen Orientierung und dem personenbezogenen Ansatz (vgl. ebd., S. 39f.) unterscheidet; während jenes Konzept Personen und personenbezogene Hilfe ausblende, invisibilisiere dieses die Lebensweltbelastung. Siehe dazu weiterhin Mühlum/Bartholomeyczik/Göpel 1997, S. 192ff., die als eine Ambivalenz der Sozialarbeit die Frage nach „Verhaltensänderung oder Verhältnisänderung“ aufführen und damit ebenfalls eine mit der hier gewählten Differenz verwandte Unterscheidung in den Blick bringen.

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  53. Die psychoanalytische These, daß Menschen, daß Helfer(innen) und Klient(inn)en in sozialen Beziehungen, von (Gegen-)Übertragungen und Widerständen tangiert werden, die ihre je aktuellen Beziehungen und ihre diesbezüglichen Erfahrungen in einen historischen Kontext bereits erlebter, früherer (familiärer) Beziehungen stellen, in die sie zeitlebens mehr oder weniger verstrickt bleiben, hat Devereux (1967) auf die gesamte Erkenntnispraxis der Sozialwissenschaften ausgedehnt. Demnach geht jede sozialwissenschaftliche Forschung mit affektiven Verstrickungen des Forsches mit jenen Phänomenen einher, die er erforscht, ja diese Verstrickungen, diese ‚Gegenübertragungen’ sind die eigentlichen sozialwissenschaftlichen Erkenntnisquellen (vgl. ebd., S. 17). Die Gegenübertragungen, also die Reaktionen des Forschers auf seinen Erkenntnisgegenstand sind, konstruktivistisch formuliert, Beobachtungen (Unterscheidungen und Bezeichnungen), die selbst wiederum der expliziten Beobachtung, der Beobachtung zweiter Ordnung ausgesetzt werden können. Genau diese Beobachtung zweiter Ordnung ist es, die erst das sozialwissenschaftliche ‚Verstehen ‘erlaubt und die verdeutlicht, „daß wir Ereignisse nur ‚am ‘Beobachter beobachten können —d. h., daß wir lediglich wissen, was an dem experimentellen Apparat, dessen wichtigste Komponente der Beobachter ist, und mit ihm, geschieht“ (ebd.). Wenn wir dies auf die sozialarbeiterische Praxis übertragen, können wir postulieren, daß Sozialarbeiter(innen) in der Praxis ihre Gedanken, Assoziationen, Gefühle und Affekte differenziert wahrnehmen und verstehen müssen, wollen sie die Dynamik der helfenden Beziehung verstehen (vgl. ausführlicher dazu etwa Müller 1995, S. 57ff.)

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  54. Da Sozialarbeiter(innen) aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Arbeitskontexte keine Psychoanalytiker sein können, da sie mithin das vielbändige psychoanalytische Werk lediglich in einer verkürzten, abgeänderten „Taschenbuchausgabe“ (Halmos) kennenlernen können, geht die Anwendung der Psychoanalyse in der Sozialarbeit generell mit Anwendungsproblemen einher (siehe ausführlich dazu Müller 1991a; 1995, insb. S. 33ff., der sich bemüht, die Gefahren und die Chancen psychoanalytischer Sozialarbeitspraxis differenziert darzustellen).

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  55. So hat Freud vor einer Gruppe von Therapeut(inn)en geäußert: „Analytiker [...] können ihre Herkunft aus der exakten Naturwissenschaft und ihre Gemeinschaft mit deren Repräsentanten nicht verleugnen [...] Analytiker sind im Grunde unbelehrbare Mechanisten und Materialisten“ (zit. nach Capra 1982, S. 194).

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  56. Vgl. dazu auch Lüssi 1992, S. 34, der der Ansicht ist, daß individualorientierte Casework-Konzepte „zwar auf ‚Person ‘(Klient) und ‚Umwelt ‘bzw. ‚Situation ‘(des Klienten), auf ihre gegenseitige ‚Anpassung ‘nämlich, ausgerichtet [sind], aber angesichts der therapeutischen Casework-Methodik darf man dieses Postulat nicht zum Nennwert nehmen“; es sei vielmehr ein „Lippenbekenntnis“, denn tatsächlich werde „in der Casework-Theorie so gut wie alles Augenmerk den inneren psychischen Problemen des Klienten und der methodischen Frage geschenkt, wie dem Klienten zu einem Persönlichkeitswandel in Richtung ‚Wachstum‘, ‚Ich-Stärke‘, ‚Selbstbestimmung ‘verholfen werden kann“ (Hervorhebung im Original).

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  57. Siehe als methodische Arbeiten zur Sozialarbeit aus dem Feld der Familientherapie etwa Oswald 1988; Goldbrunner 1989 oder Berg 1991; siehe weiterhin zu einer ebenfalls sozial-strukturell, mithin sozialsystemisch ausgerichteten Konzeptualisierung von Familienberatung den hermeneutischen Ansatz von Dewe/Ferchhoff/Scherr/Stüwe 1995, S. 115ff und allgemein zur Beratung als kommunikatives, sozialstrukturelles Phänomen Fuchs 1994.

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  58. Daß Freuds Ausführungen auf die Identifizierung (Verwechslung) und nicht auf die Differenzierung von Individual-und Sozialpsychologie hinauslaufen und damit die Differenz zwischen Psychischem und Sozialem eher verwischen als kenntlich machen, sollte allerdings beachtet werden. Denn das Soziale erschließt sich aus der individualorientierten Blickrichtung von Freud (1921, S. 9) durch die Betrachtung des „Seelenleben[s] des Einzelnen“, in dem „ganz regelmäßig der Andere als Vorbild, als Objekt, als Helfer und als Gegner in Betracht [kommt]“. In dem sozialsystemischen Verständnis dieser Arbeit wird das Soziale demgegenüber als radikal, besser: als operational unterschieden vom Psychischen gedeutet, so daß es sich in seiner Eigenlogik psychisch oder seelisch nicht oder nur verkürzt repräsentiert. Demnach läßt sich das Soziale in seiner spezifischen Komplexität nicht verstehen, wenn man lediglich das „Seelenleben des Einzelnen“ betrachtet, sondern erst dann, wenn man die Interaktionen, die kommunikativen Akte versucht zu beobachten, die sich in Differenz setzen zum Gedachten, Gefühlten, kurz: zum ‚Seelischen‘. Siehe zu einer grundlegenden systemtheoretischen Betrachtung der Freudschen Psychoanalyse, den Konvergenzen und Differenzen von psychoanalytischer Theorie und sozialwissenschaftlicher Systemtheorie Fuchs 1998.

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  59. Beachtenswert scheint mir, daß gerade in einer Zeit, nämlich in den 1970er Jahren, in der vor allem Konzepte aus den sogenannten humanistischen Therapierichtungen (Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie, Psychodrama oder Bioenergetik) die sozialarbeiterische Methodik prägten, neben der klassischen marxistischen, revolutionäre Gesellschaftsveränderung intendierenden Sozialsystemorientierung bereits ein Trend in Richtung systemtheoretisch-konstruktivistischer Unterfütterung sozialarbeiterischer Methodik zu beobachten war; siehe dazu beispielhaft Kersting 1975, der gegen den damaligen Trend schwamm und die (Gruppen-Supervision als sozialarbeiterische Reflexionsmethode zur Professionalisierung der Praxis (vgl. dazu auch Belardi 1994; Leffers 1994) explizit sozialsystemisch bzw. kommunikationstheoretisch konzipierte (vgl. ausführlicher dazu Kleve 1997d).

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  60. Im Gegensatz zur Kybernetik zweiter Ordnung (vgl. von Foerster 1993; 1993a; siehe auch II./1.1), die sich mittlerweile als selbstreflexive wissenschaftstheoretische Grundlage eines reflektierten Konstruktivismus bezeichnen läßt (vgl. Kleve 1997b, S. 221f.), ist die Kybernetik erster Ordnung konzipiert als Beschreibungsversuch von rückgekoppelten Systemen, die mittels universeller Steuerungstechniken kontrollierbar seien. Während die Kybernetik zweiter Ordnung in radikaler Weise Schluß macht mit dem Glauben, die Welt sei zielgerichtet veränderbar, wenn nur genügend Informationen gesammelt werden, die kybernetisch verarbeitbar sind, war die Kybernetik erster Ordnung offenbar ein letzter Wasserschwall auf die Mühlräder des Mach-und Steuerbarkeitsmythos.

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  61. Siehe zur Kritik eines derartigen Umgangs mit Methoden auch Lüssi 1992, z.B. S. 208, der bemängelt, daß der Methodenpluralismus und-eklektizismus „dem Sozialarbeiter keine eigen-ständige, umfassende, kohärente, exakt berufsadäquate Methode der Sozialarbeit verschafft“. Lüssi kommt zu der Schlußfolgerung: „Solange sich der Sozialarbeiter nicht bewusst und sicher sein kann, dass es diese Methode gibt, dass er seine Methode, nämlich die Methode der Sozialarbeit hat, solange gelangt er nicht zu beruflicher Selbstgewissenheit und Identität“ (ebd.; Hervorhebung im Original). Dem wird in dieser Arbeit widersprochen mit der These der postmodernen Identität der Identitätslosigkeit der strukturell ambivalenten Sozialarbeit, die sich offenbar nur dermaßen paradox identifizieren kann und braucht bzw. ihre Interaktion und Organisation ausgesprochen ambivalenzgeladen prozessiert (siehe IV.).

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  62. Vgl. dazu in Anlehnung an neurophysiologische und soziologische Konzepte und ihre Diskussion bezüglich sozialarbeiterischer Fragestellungen ausführlich bereits Kleve 1996a. Siehe auch Göppner 1997, S. 39, der das Konzept, die „Person als strukturdeterminiertes System“, ebenfalls der Sozialarbeitswissenschaft vorschlägt, weil sie damit dem unübersichtlichen „Gestrüpp der Überkomplexität psychologischer Theorien“ entkommen könnte und dennoch eine Ausgangsbasis für die Einbeziehung der psychologischen Referenzebenen hätte, die die kognitive, die emotional-organismische und die Verhaltensebene zu betrachten erlaube.

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  63. Siehe einen derartigen Pluralismus besonders radikal befürwortend Feyerabend 1980, S. 9: „Kluge Menschen halten sich nicht an Maßstäbe, Regeln, Methoden, auch nicht an ‚rationale ‘Methoden, sie sind Opportunisten, das heißt, sie verwenden jene geistigen und materiellen Hilfsmittel, die in einer bestimmten Situation am ehesten zum Ziele zu führen scheinen“.

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  64. Siehe zur Beliebigkeits-Kritik auch Welsch 1992, S. 46, der bemerkt, daß es überlegenswert sei, „warum eigentlich ‚Beliebigkeit ‘—dies Wort mit seinem lieblichen Kern —in aller Selbst-verständlichkeit so übel beleumundet ist. Steckt dahinter etwa eine habituelle Neigung zur Identifikation mit dem Gegner, mit dem, was uns kaputtmacht?“.

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  65. Vgl. hierzu ausführlicher die Diskussion bei Mitterer 1992, der die klassischen, dualisierenden Paradogmen der Philosophie, die auf Dichotomien wie Sprache und Wirklichkeit, Sprache und Welt, Beschreibung und Objekt oder Aussage und Gegenstand beruhen, im Rahmen einer nicht-dualisierenden Argumentationsweise zu dekonstruieren versucht.

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  66. Insbesondere konstruktivistische Positionen, die sich als ‚radikal ‘bezeichnen und unmittelbar mit den neurophysiologischen Arbeiten von Maturana und Varela (z.B. 1984) in Verbindung stehen (vgl. Schmidtl987a; 1992), diese, so hat es für mich zumindest den Anschein, in subjek-tivistisch (reduktiver) Form auf sozialwissenschaftliche Fragestellungen anwenden (siehe dazu etwa Hejl 1985; 1992; 1994), können hier als Beispiel gelten. Damit laufen soziologische Positionen radikal-konstruktivistischer Prägung dem Durkheim’schen Postulat, daß Soziales aus Sozialem zu erklären sei, entgegen und leiten Soziales aus Biologischem bzw. Psychischem ab.

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  67. Diese Ethik scheint beispielsweise in der folgenden Formulierung von Schmidt (1987b, S. 38) hervor: „Wenn Wahrheit und Wirklichkeit als absolute und letztverbindende Berufungsin-stanzen ausscheiden, weil sie prinzipiell von keinem Menschen erkennbar oder besitzbar sind, dann müssen wir für unsere Handlungen und Kognitionen die Verantwortung übernehmen, müssen in eigener Person für unser Verhalten und unsere Wirklichkeitskonstruktionen einste-hen“. Siehe dazu auch Glasersfeld 1981, S. 16f.; Watzlawick 1981, S. 311f.; von Foerster 1993; 1993a; Kersting 1996b, zusammenfassend auch Kleve 1996a, S. 64ff.

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  68. Siehe dazu auch Göppner 1997, S. 38, der bezüglich sogenannter ‚alltagsorientierter ‘Ansätze betont, daß es sich eine „Sozialarbeitswissenschaft [...] nicht leisten [kann], fachliche Argumentationen auszuschließen und sich statt dessen mit Alltagswissen zu begnügen, eine Sozialarbeitspraxis, die fachlichen Ansprüchen genügen will, kann es sich nicht leisten, nur mit Handlungsmodellen alltäglicher Plausibilitätsgeltung zu operieren“.

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  69. Siehe dazu Welsch 1992, S. 46: „Zur postmodernen Identität gehört die Fähigkeit, unterschiedliche Sinnsysteme und Realitätskonstellationen wahrnehmen und zwischen ihnen übergehen zu können. Pluralität und Transversalität werden zentral“ (Hervorhebung von mir; H.K.). Vgl. dazu auch Welsch 1990b und besonders ausführlich Welsch 1996b. Siehe ferner auch Zima 1997, der sich ebenfalls mit der postmodernen Problematik der Pluralität und deren Verwechslung mit Beliebigkeit auseinandersetzt und diesbezüglich eine ‚dialogische Theorie ‘(vgl. ebd., S. 367ff.) vorschlägt, die zwar die Kontingenz von jeweiligen (‚lebensweltlichen‘, ethischen, ästhetischen, theoretischen etc.) Diskursen hervorhebt, ohne aber daraus Indifferenz zu schluß-folgern; vielmehr gehe es darum, die verschiedensten Diskurse, mit ihren „Wertsetzungen und theoretischen Prämissen“ (ebd., S. 373) in einen selbstkritischen und selbstreflexiven Dialog zu bringen, damit sie sich „von Zeit zur Zeit ironisch [...] relativieren“ (ebd., S. 373) können. Denn erst im Dialog mit anderen Positionen läßt sich die jeweilige Partikularität und Begrenztheit der je eigenen Position erkennen.

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(2007). Erkenntnis-und wissenschaftstheoretische Dimensionen. In: Postmoderne Sozialarbeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90570-9_3

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