Auszug
Gemeinhin wird unter dem Thema „Drogenkonsum und soziale Ungleichheit“ die immer wiederkehrende Darstellung erwartet, nach welcher der Konsum psychoaktiver Substanzen Armut, Verelendung und Chancenlosigkeit auslöse bzw. andersherum, dass den von Armut und Chancenlosigkeit Betroffenen kaum eine andere Perspektive bliebe, als ihre Sorgen und Nöte in heftigem Drogenkonsum zu „ertränken“. Am Zustandekommen solcher Vereinfachungen und Reduktionismen ist zweifellos vor allem die dramatisierende Inszenierung des Drogenthemas beteiligt: Die allgegenwärtige, abschreckende Darstellung, nach welcher der Konsum von Drogen über kurz oder lang in soziales Elend sowie physischen und psychischen Verfall führe, soll den Umgang mit diesen Substanzen verhindern. Es sind aber keineswegs nur Laien, die auf solche einfachen Kausalmuster zurückgreifen, sondern oft genug auch die für Drogenprobleme zuständigen Experten. Danach werden aus empirisch durchaus auffindbaren Befunden, nach denen im Drogenhilfesystem mehrheitlich Drogenkonsumenten zu finden sind, die aus unterprivilegierten Schichten mit zusätzlich gebündelten Benachteiligungen kommen, unvermittelt Ursache-Wirkungs-Zusamenhänge konstruiert, ohne deren Gültigkeit differenziert auszuloten. Das dabei dominierende medizinische Gesundheitswissen tut sich zudem schwer, Drogenkonsum als ein vor allem sozial geprägtes Verhalten zu sehen und zu verstehen. Vordringlich als Gesundheitsrisiko ausgelegt, wird Drogenkonsum in seinen Formen, Funktionen und Risiken selten sorgfältig unterschieden.
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Literatur
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Barsch, G. (2007). Drogenkonsum und soziale Ungleichheit: Verschränkungen zwischen sozialer Lage und Geschlecht in den Blick nehmen. In: Dollinger, B., Schmidt-Semisch, H. (eds) Sozialwissenschaftliche Suchtforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90528-0_11
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