Auszug
Meinen Ausführungen möchte ich einige grundlegende Vorbemerkungen voranstellen: Für das Verständnis meiner Einschätzung der Thematik ist erstens bedeutsam, dass ich das Paradigma des Ostens, des Orients, als Einheits-Paradigma von dem des Westens, des Okzidents, als Differenzoder Pluralismus-Paradigma abhebe. Erinnert sei vor allem daran, dass die paradigmatischen politischen Begriffe der Identität und der Differenz dialektische Begriffe sind. Die Identität ist in sich differenziert und bestimmt sich zudem in Differenz zu Anderem, wobei die Differenz wiederum als Abgrenzung gegen andere nach außen verstanden werden kann. Besonders relevant sind auch das Verhältnis und die Unterscheidung von Selbstzuschreibung und Anerkennung für die eigene Identität. Identität und Differenz sind jedoch in politisch-kulturellen Kontexten nicht immer klar umschreibbar. Stellt man z. B. die Frage, ob das Österreichische zur deutschen (Kultur-)Identität gehört, so kann es sicher argumentativ differierende Antworten auf diese Frage geben. Es ließen sich zahlreiche weitere Beispiele dafür anführen, dass eine klare Definition des politischen Begriffes ‚Identität‘ kaum möglich ist, wie etwa das Phänomen der ‚gebrochenen Identität‘ zeigt. Philosophisch von Pythagoras, Heraklit und Platon herkommend, wird von mir zweitens Identität als Harmonie, d. h. als Einheit der Gegensätze verstanden. Drittens lässt sich kaum mit Bestimmtheit sagen, was europäische Identität heute ist, zukünftig sein soll oder sein wird.
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Hahn, K. (2006). Orthodoxie und europäische Identität. In: Behr, H. (eds) Politik und Religion in der Europäischen Union. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90517-4_5
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