Auszug
In den letzten Jahren sind eine Reihe von Studien zu LehrerInnenbiografien erschienen, die sich vor allem in methodischer Hinsicht von der langen Tradition autobiografischer Selbstthematisierungen ehemaliger LehrerInnen und der bislang dominierenden Forschu ngslinie zu Berufsverläufen sowie zu Phasen innerhalb der Berufsbiografie absetzen. Sie rücken die beruflichen Verläufe in den lebensgeschichtlichen Gesamtzusammenhang ein, folgen einer qualitativen Logik der Rekonstruktion von Einzelfällen und kommen über Fallkontrastierungen zu begrü ndeten Typenbildungen und Theoretisierungen.1 Auffällig sind bei diesen qualitativ-rekonstruktiven Biografiestudien insbesondere zwei Aspekte: Zum ein en untersuchen eine Reihe dieser Forschungsarbeiten LehrerInnenbiografien im Kontext der Transformation des ostdeutschen Schulsystems.2 Dies hängt wohl damit zusammen, dass sich aufgrund der Dynamik der strukturellen und soziokulturellen Veränderungen in Ostdeutschl and die für die Gegenwart spätmoderner Gesellschaften kennzeichnenden Risiken, Probleme, Herausforderungen und Erfahrungen hier besonders gut erforschen lassen. Zum anderen zeigt sich, dass viele dieser Studien an de n Professionalisierungsdiskurs anknüpfen, bei dem seit Mitte der 1980er Jahre die theoretische Präzisierung und die empirische Fundierung der Logiken, Strukturprobleme und Paradoxien professionellen Handelns im Vordergrund stehen. Dabei gehen insbesondere von der Diskussion um pädagogische Professionalität (vgl. Combe/Helsper 1996; Schütze 1996; Oevermann 1996; Helsper/Krüger/Rabe-Kleberg 2000; Helsper 2002) wichtige Impulse für die Bestimmung von professionellem Handeln als prekäre Vermittlungsleistung aus, die nicht technologisierbar, standardisierbar oder wissenschaftlich ableitbar ist, sondern eine immer wieder neu auszugestaltende und zu begründende Praxisform darstellt.
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Fabel-Lamla, M. (2006). Biografische Professionsforschung im Kontext der Schule. In: Cloos, P., Thole, W. (eds) Ethnografische Zugänge. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90369-9_4
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